Suche nach Hundehasser:Mit Benji auf der Spur der tödlichen Köder

Seit Monaten tauchen Fleischbällchen mit Schneckenkorn oder Rasierklingen in Germering und dem Würmtal auf. Drei Hunde starben. Eine Spezialeinheit der Fürstenfeldbrucker Polizei sucht den oder die Täter.

Stefan Salger

Benji ist der Beste. Aber selbst er beißt sich die Zähne aus. Noch. Ginge es um Drogen, so wie bei dem Pfund Marihuana letztens in Eichenau, dann würde es schneller gehen. Oder um einen flüchtigen Handtaschendieb. So einen schnappte Benji vor ein paar Tagen in Germering - gemeinsam mit Erwin Ostermeier. Der acht Jahre alte belgische Schäferhund und der 52 Jahre alte Fürstenfeldbrucker Oberkommissar sind ein eingespieltes Team.

Polizeihund

Polizeihundeführer Erwin Ostermeier mit Diensthund Benji auf der Suche nach Giftködern.

(Foto: Günther Reger)

Bei ihrem Job haben beide schon bewiesen, dass sie einen guten Riecher haben und sich bestens ergänzen. Doch diesmal geht es um die buchstäbliche Nadel im Heuhaufen. Es geht um - vermutlich mehrere - Hundehasser, die in den vergangenen Monaten mindestens 24 mit Gift oder Rasierklingen präparierte Fleischköder ausgelegt haben. Mindestens drei Hunde verendeten, andere konnten von Tierärzten gerettet werden, litten aber tagelang.

Tote Hunde. Dem Gesetz nach ist so etwas Sachbeschädigung oder bestenfalls ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Klingt harmlos. Aber Ostermeier weiß es besser. Vor ein paar Jahren ist auch sein eigener Hund elendiglich an einem Giftköder zugrunde gegangen. Der Polizist weiß deshalb, wie die Familien, die eigentlichen Opfer solcher feiger Taten, leiden. Und deshalb setzt Ostermeier alles daran, den oder die Hersteller der Giftköder zur Strecke zu bringen.

Das freilich ist ein schwieriges Unterfangen. Bislang fehlt es an einer heißen Spur. Die Untersuchung der ausgelegten Köder, die bislang sichergestellt werden konnten, hat kaum verwertbare Spuren gebracht. Nur in winzigen Schritten zieht die Polizei die Schlinge um den oder die unbekannten Täter enger. Vieles deutet darauf hin, dass mindestens ein Trittbrettfahrer dem Beispiel des ursprünglichen Täters gefolgt ist.

Alle Spuren würden genau ausgewertet betont Hauptkommissar Jörg Wuttke, bei dem die Fäden der Ermittlungsarbeit zusammenlaufen. Und auch wenn es sich hier nicht um ein Kapitalverbrechen handelt, komme das ganze Spektrum der Ermittlungsmethoden zum Einsatz - chemische Analyse und gentechnische Untersuchung inklusive. Selbst wenn ein genetischer Fingerabdruck etwa an einer Rasierklinge festgestellt werden könnte, bliebe freilich das Problem des Abgleichs. Fraglich, ob der Täter bereits in der Datei ist. So etwas würde also wohl nur helfen, einen bereits Verdächtigen zu überführen.

Die schärfsten Waffen in solchen Fällen sind andere. Und deshalb machen sich Ostermeier und Benji am Donnerstagnachmittag mal wieder auf den Weg, so wie sie und viele Kollegen es in den vergangenen Wochen rund um die bekannten Fundorte in Germering, dem Würmtal und am Starnberger See regelmäßig getan haben. Ostermeier ist am Schriftzug "Polizei" auf seinem dunkelgrünen T-Shirt zu erkennen. Ihm geht es an diesem Tag vor allem um Prävention, auch um Abschreckung.

An anderen Tagen und anderen Orten durchstreifen Kollegen in Zivil, mit oder ohne Hund, Wiesen und Wälder, die in Betracht kommen. Auch mal frühmorgens oder nachts. Und genau in der Zeit, als Ostermeier und Benji unterwegs sind, werden andernorts zwei Verdächtige observiert. Details nennt die Polizei nicht, aber es gab offenbar Hinweise. Vermutlich handle es sich bei den Verdächtigen nicht um die gesuchten Hundehasser, hatte Wuttke auf der Dienststelle noch gesagt. Aber die Fahnder wollen auf Nummer sicher gehen.

Dass der an der Leine geführte belgische Schäferhund einen der mit Schneckenkorn versetzten Köder aufspürt, wäre ein großer Zufall. Der eigentliche Sinn ist es, den Tätern zu zeigen, dass die Polizei am Ball bleibt - vor allem aber, Kontakt zu anderen Hundebesitzern und Spaziergängern aufzunehmen. "In so einem Fall sind wir in hohem Maße auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen", sagt Ostermeier. Drei Stunden durchstreift er an diesem sonnigen Nachmittag ein Waldgebiet bei Germering.

Hundebesitzer trifft er diesmal nur wenige, die sind eher am Morgen oder Abend unterwegs. Immerhin kommt er ins Gespräch mit ein paar Joggern und Reitern. Von einer Frau aus Forstenried erfährt Ostermeier, dass es nun offenbar auch Fälle von Giftködern im Forstenrieder Bereich geben soll. Ostermeier wird der Sache nachgehen. Alle Hinweise sind wichtig, sie werden gesammelt wie Puzzleteile, die sich irgendwann zu einem Gesamtbild fügen werden. Wenn ein Spaziergänger frühmorgens eine Person dabei beobachtet, wie diese etwas an den Wegesrand legt, muss das nichts bedeuten. Aber vielleicht ist es eben auch die heiße Spur.

Die Köder werden offenbar meist in den Morgenstunden an Wochenenden ausgelegt. Und seit sie nicht mehr nur mit Gift, sondern auch mit Rasierklingen präpariert wurden, gab es keine Fälle mehr in Starnberg und Gauting. Seit zwei Wochen ist die Serie - zumindest vorerst - abgerissen. Irgendwann, da sind sich die Beamten sicher, werden die Täter entweder ihr tierquälerisches Handwerk sein lassen, weil ihnen die Sache zu gefährlich wird. Oder sie werden überführt. Bis dahin bleibt die Suche nach ihnen ein grausames Geduldsspiel.

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