Süddeutsche Zeitung

Konzert:Kichern, lachen und ein bisschen Brecht

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Beim Auftritt der Band "Der chöne Pernhard" im Alten Schlachthof in Fürstenfeldbruck offenbart das Quartett um Joe Kellerer neben viel Witz eine eindrucksvolle musikalische Bandbreite.

Von Konstantin Hadzi-Vukovic, Fürstenfeldbruck

"Es ist schön, dass hier wieder etwas los ist in der Subkultur", sagt eine Besucherin. Es sei echt Zeit gewesen. Nach der Winterpause hat die Brucker Subkultur nun für eine Reihe von Frühjahrskonzerten wieder die Pforten geöffnet. Etwa 120 Menschen aller Altersklassen sind zum zweiten Frühjahrsevent im Alten Schlachthof auf der Lände erschienen. Zu Gast waren die Münchner Band "Nilo Crow" und die Brucker Band "Der chöne Pernhard".

Es herrscht ein familiäres Klima an dem Abend. Viele Leute kennen und begrüßen sich mit Umarmungen. "Meine Frau ist mit dem Kind für das Wochenende verreist. Deswegen habe ich die Chance genutzt, heute herzukommen", sagt ein etwa Mitte-30-jähriger Besucher. Die Events der Subkultur seien wie ein Klassentreffen für ihn. "Hier trifft man immer wieder Leute, die man kennt und lange nicht gesehen hat", sagt er. Außerdem kenne er in der Gegend keinen anderen Ort, der alternativer Musik eine Bühne biete, wie es die Subkultur tut.

Den musikalischen Auftakt macht die Band "Nilo Crow". Die Band aus München spielt eine Mischung aus düsterem Indie-Rock mit poetischen Texten auf Englisch. "Too fragile to be broken, too empty to be lost" singt der Musiker mit einer tiefen, whiskey-rauen Stimme, die an Sänger wie Nick Cave erinnert. Die Bassistin unterstützt mit melodischen Basslinien die dramatisch klingenden Akkorde der beiden Gitarristen. Die Musik der Münchner stößt auf positive Resonanz beim Brucker Publikum. Der Schlachthof füllt sich immer mehr an diesem Abend, bis schließlich zum Auftritt des "Pernhard", wie ihn die Mitglieder liebevoll nennen, der Konzertraum fast komplett voll ist. Die vier "Rocker in Bettlaken" nehmen sich selbst nicht so ernst. Mit Trauben in der Hand heißt der Sänger das Publikum willkommen. "Wir sind der chöne Pernhard aus Rom", brüllt er ins Mikrofon. Vor allem durch Mundpropaganda hat die Band um Joe Kellerer auf sich aufmerksam gemacht. "Ich habe von Freunden gehört, dass sie sehr witzig sind, deshalb bin ich gekommen", sagt eine Besucherin. Mit dem Song "Biezi" eröffnet die Band ihren Auftritt. In weiße Togen gekleidet leuchten die vier Mitglieder förmlich im Kontrast zu dem dunklen Raum. Harte, verzerrte Gitarren dröhnen von der Bühne. Der Sänger brüllt ab und zu ins Mikrofon, kichert und lacht. Zwischen den Songs unterhält sich die Band untereinander und macht Witze. Das Konzept um den Monty Python Film "Das Leben des Brian", das mit dem Bandnamen begonnen hat, der aus dem Film stammt, wird auf die Spitze getrieben. "Vielen Dank liepes Volk", bedankt sich die Truppe für den Applaus.

Allerdings kann die Band auch mehr als nur Witze machen, und das beweist sie mit einer großen musikalischen Spannbreite. So spielt der chöne Pernhard eine akustische Ballade und geht danach gleich über zu etwas härten Hard-Rock-Songs, bis hin zu vom Funk inspirierten Melodien wie in "Sex is okay". Im Lied "Oiwei Baustey" wechseln die Musiker mitten im Lied den Klang und gehen über zum Einheitsfrontlied von Bertold Brecht. "Drum links, zwei, drei! Drum links, zwei, drei! Wo dein Platz, Genosse, ist! Reih dich ein die Arbeitereinheitsfront, weil du auch ein Arbeiter bist", singen sie, untermalt von einem marschierenden Rhythmus. Es handle sich nicht um eine politische Message, erklärt die Band später. "Das ist alles nur Spaß natürlich", sagt die Gruppe. Das Publikum im Alten Schlachthof scheint das Lied auch so zu verstehen. Reaktionen gibt es an diesem Abend nur positive. Für die Zukunft plant die Band weitere Konzerte und möchte neue Musik veröffentlichen. Aber kein ganzes Album, denn das höre heute eh niemand mehr, sagen sie. Weiter geht es auch im Alten Schlachthof, wo nach der Osterwoche am 6. April das nächste Konzert stattfindet.

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