Vorschlag aus Maisach:Obergrenze für Flüchtlinge

Vorschlag aus Maisach: Maisachs Bürgermeister Hans Seidl (CSU) spricht aus, was seine Partei gerne hätte: eine Obergrenze.

Maisachs Bürgermeister Hans Seidl (CSU) spricht aus, was seine Partei gerne hätte: eine Obergrenze.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Für Bürgermeister Hans Seidl ist bei einem Asylbewerberanteil von 2,5 Prozent die Leistungsfähigkeit einer Gemeinde erreicht. Der Landrat teilt dies Meinung

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Der Maisacher Bürgermeister Hans Seidl (CSU) hat eine Diskussion über eine Obergrenze für Flüchtlinge in seiner Gemeinde und im Landkreis angestoßen. Übersteigt der Anteil von Asylbewerbern zwei bis zweieinhalb Prozent der Einwohnerzahl seiner Kommune, dann sei die Grenze der Leistungsfähigkeit erreicht, sagt Seidl. Bei zurzeit 13 500 Einwohnern in Maisach wären das etwa 270 bis maximal 330 Flüchtlinge.

Eine Gesamtlösung wird angestrebt

Landrat Thomas Karmasin (CSU) hält eine solche Begrenzung für "richtig", nicht nur für einzelne Gemeinden und den Landkreis, sondern auch für ganz Deutschland. Er ist bereit, Seidls Anliegen zu unterstützen und bei einer Dienstbesprechung mit allen 23 Bürgermeistern des Landkreises zu diskutieren. Karmasin stellt aber auch klar: "Ich werde als Landrat keine Einzelaktionen unternehmen."

Belastungsgrenze bald erreicht

Und Karmasin geht davon aus, dass die von Seidl errechnete Obergrenze bei einem Anteil von zwei bis 2,5 Prozent für den Landkreis zwischen 4000 und etwas mehr als 5000 Flüchtlingen liegen würde. Zurzeit leben hier knapp 3500. Bei einem gleichbleibenden Zustrom an Flüchtlingen dürfte die Belastungsgrenze nach Karmasins Prognose "spätestens im Mai" erreicht sein. Das könnte aber auch schon früher der Fall sein, stellt er unter Berufung auf den Landkreistag fest.

Noch keine Reaktionen

Intensiv hat sich Karmasin noch nicht mit der Idee des Maischer Rathauschefs befasst. Seidl sagt, er habe noch keine Reaktionen auf seine bisher in einem Bürgermeisterbrief den Maisachern vorgestellte, von ihm selbst entwickelte Idee bekommen. Der Kommunalpolitiker behauptet, eine "objektive Zahl" aufgrund der Leistungsfähigkeit von Maisach errechnet zu haben.

Folgekosten erwartet

Eine willkürliche Festlegung aufgrund von emotionalen Befindlichkeiten lehne er strikt ab. Deshalb spricht der Bürgermeister auch von einer strukturellen Obergrenze. Würde jede Kommune die zwei Prozent erfüllen, dann wäre das Flüchtlingsproblem im Landkreis - aber auch in Deutschland oder in der EU - für alle in einer erträglichen Weise zu bewältigen, zeigt sich der Maisacher überzeugt. "Wir eruieren, was ist bei uns leistbar", sagt Seidl und macht Kosten wie die für erforderliche Investitionen zum Ausbau von Kindertagesstätten und Schulen sowie zum Bau von zusätzlichen Wohnungen bis zum Jahr 2020 zum Maßstab seiner Berechnungen.

Er erwähnt aber auch die Leistungskraft der ehrenamtlichen Helfer, die nicht überstrapaziert werden dürfte. Anerkannte Asylbewerber, die in Maisach wohnen, fließen nicht in seine Berechnungen ein. Diese schlägt er den Bürgern, also den Maisachern zu.

Instabile Verhältnisse befürchtet

Die Frage, wo die Aufnahmegrenze für Flüchtlinge liegt, beschäftigt den Rathauschef schon seit Wochen. Und er weist darauf hin, dass es zu einer verantwortungsvollen Ausübung des Bürgermeisteramtes gehöre, rechtzeitig den Finger zu heben und darauf hinzuweisen, wann die Grenze der Belastbarkeit erreicht ist. Es trage nämlich nicht zur Stabilität eines Gemeinwesens bei, wenn die Aufnahme von Flüchtlingen mit "massiven Einschränkungen" für die Bevölkerung verbunden sei. Nicht zumutbare Einschränkungen sind also ein weiteres Kriterium für die Obergrenze, wobei Seidl offen lässt, wo für ihn hier die Schmerzgrenze beginnt. Dafür ist für den Bürgermeister eines klar: Deutschland könne nicht all das leisten, was andere Länder nicht leisten wollen.

Quote schon erfüllt

Für einen weiteren "begrenzenden Faktor" hält der Maischer die Annahme, dass die Zuwanderung von Flüchtlingen aus den Krisengebieten die Kommunen noch viele Jahre beschäftigen werde. "In fünf Jahren herrscht in den Ländern kein Frieden", sagt er pessimistisch. Zurzeit leben in Maisach 160 Flüchtlinge. Ziehen demnächst etwa 100 weitere Flüchtlinge in die Einfachturnhalle der Realschule ein, hätte die Gemeinde die mit dem Landratsamt vereinbarten Quote erfüllt. Der Bürgermeister befürchtet aber, dass der Landrat auf drei ihm von Privateigentümern angebotenen Grundstücken Unterkünfte für weitere 300 Zuwanderer bauen wird. In diesem Fall wäre sein Limit von 270 bis 330 Flüchtlingen um annähernd hundert Prozent überschritten.

Übertragbar auf Europa

Der Maisacher Politiker hat nicht nur seine Gemeinde im Blick. Er rechnet seinen Prozentsatz auf Deutschland hoch und kommt bei 81,3 Millionen Einwohnern auf eine Obergrenze von 1,6 Millionen Flüchtlingen. Werde diese Zahl überschritten, scheitere die Flüchtlingspolitik. Der Bürgermeister scheut auch nicht davor zurück, sein Rechenexempel auf die Europäische Union zu übertragen. Bei dann laut Seidl 413 Millionen Einwohnern und einer gleichen Lastenverteilung kommt er auf eine Aufnahmekapazität von insgesamt 8,2 Millionen Asylbewerbern. Sollte das akzeptiert werden, wäre das ein "schönes europäisches Solidarpaket", beteuert Seidl.

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