Streit beigelegt:Der Kreis darf bauen

Streit beigelegt: Aus westlicher Richtung wirkt das Landratsamt wie eine graue Trutzburg. An die Terrassen sollen die Etagen des Neubaus anschließen.

Aus westlicher Richtung wirkt das Landratsamt wie eine graue Trutzburg. An die Terrassen sollen die Etagen des Neubaus anschließen.

(Foto: oh)

Bruck erteilt im zweiten Anlauf Genehmigung für die Erweiterung des Landratsamts und vermeidet damit eine gerichtliche Auseinandersetzung. Stadträte fühlen sich von Thomas Karmasin unter Druck gesetzt, eine Mehrheit lässt sich durch Zugeständnisse aber letztlich umstimmen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Der Kreis darf das Landratsamt an der gewünschten Stelle erweitern. Der Brucker Bauausschuss hat die Planungen im zweiten Anlauf am Montag mehrheitlich passieren lassen. Landrat Thomas Karmasin (CSU), der den Entwurf persönlich im Rathaus vorstellte und Zugeständnisse machte, musste sich allerdings deutliche Kritik gefallen lassen.

Kassiert wurde damit der zwei Wochen zuvor gefasste Beschluss, den Bauantrag nach Paragraf 34 Baugesetzbuch abzulehnen sowie eine Veränderungssperre und einen Bebauungsplan vorzubereiten. Auf diese Weise hatte eine Mehrheit im Bauausschuss Nachverhandlungen mit dem Kreis durchsetzen wollen. Der sollte dazu bewegt werden, mit dem Parkdeck nebst aufgesetztem Bürotrakt lieber den ebenerdigen Parkplatz im Nordosten zu überbauen. Vor allem fühlten sich einige Brucker Kommunalpolitiker viel zu lange vom Landkreis bei den Planungen übergangen. Dieser pochte hingegen auf angeblich bereits bestehendes Baurecht und verwies im Fall einer Blockade auf mögliche Regressforderungen.

Unmut hatte vor allem Landrat Thomas Karmasin ausgelöst, der eine private Haftung von Stadträten nicht hatte ausschließen wollen, sofern diese mit einer Abstimmung wissentlich geltendes Recht brechen. Ob dies nun eine verhohlene Drohung war oder lediglich eine gut gemeinte Warnung, darüber gingen am Montag die Meinungen auseinander. Klaus Wollenberg (FDP) fühlte sich "in Ausübung meines Mandats unter Druck gesetzt" und wollte sich dies nicht vom Landrat bieten lassen. Ähnlich äußerte sich Rolf Eissele (CSU), der dem Landkreis zudem mangelnde Information der Stadträte ankreidete. Gabriele Fröhlich (SPD) verbat sich Belehrungen über das Kommunalrecht.

Karmasin stellte mit ausgesuchter Höflichkeit das Projekt vor, nach all dem Theaterdonner war er sehr bemüht um eine einvernehmliche Lösung und gab sich bisweilen fast demütig: "Wir sehen uns jetzt in den Händen der Entscheidungsträger der Stadt." Er wisse das "kollegiale Miteinander" zu schätzen. Der Kreis fühle sich mitnichten als übergeordnet und habe die Stadt auch nicht übergangen. Karmasin listete vier Besprechungstermine der Bauverwaltungen von Stadt und Landkreis auf. Im politischen Gremien wurden die weit gediehenen Pläne allerdings erst vor zwei Wochen erstmals vorgelegt.

Der Verlegung des Anbaus vom Südwesten des Altbaus auf den Parkplatz im Nordosten erteilte Karmasin eine Absage - der Anschluss an die terrassenförmig abgestufte Westfassade sei die "günstigste und beste Variante". Die Kreisbehörde will ausgelagerte Stellenzurückholen. Dadurch wächst die Zahl der Mitarbeiter. In einem detaillierten Brief hatte das Landratsamt vor einer Woche nochmals für sein Projekt geworben. Derzeit sind im Gebäude an der Münchner Straße 478 Personen beschäftigt, davon 266 in Teilzeit. In ein paar Jahren sollen es 616 Mitarbeiter sein. Mit Blick auch auf Besucher sowie Sozialpädagogen oder Baukontrolleure im Außendienst steigt der Bedarf den Prognosen zufolge von derzeit 222 auf 348 Autostellplätze.

Karmasin schlug den Stadträten eine Art Handel vor. Sofern ihnen dadurch die Zustimmung zu dem Bauprojekt leichter falle, sollten sie Wünsche für Nachbesserungen vorbringen. Karl Danke (BBV) bezeichnete das als "Basar", andere Stadträte nahmen die Gelegenheit aber wahr, letztlich zu einer Lösung zu kommen, die alle zumindest halbwegs mittragen können. Bereits in Vorgesprächen hatte die Kreisverwaltung Zugeständnisse gemacht. So müssen zwar offenbar 21 Bäume gefällt werden. Das Biotop im Westen des Altbaus aber wird Karmasin zufolge "nicht einfach plattgemacht", sondern an eine andere Stelle verlegt. Es sollen mehr Fahrradständer sowie mehr Stellplätze und Aufladestationen für Autos und Fahrräder mit Elektroantrieb eingerichtet werden. Auch die von Alexa Zierl (Die Partei und Frei) angeregten Maßnahmen wie mehr Photovoltaik sowie Dach- und Fassadenbegrünung werden geprüft. Gewidmet und damit zum offiziellen Schulweg befördert werden soll der parallel zur Münchner Straße verlaufende Rad- und Fußweg, der vom "Service-Ei" zur evangelischen Kirche führt. Das Landratsamt sicherte zu, den Weg per Brücke kreuzungsfrei über die Zufahrt zu führen, auf der Fahrzeuge entlang der Tankstelle künftig ins zweigeschossige Parkdeck gelangen. Vom Tisch sind Karmasin zufolge mittlerweile Planungen, auch die Integrierte Leitstelle in das Landratsamt zu verlegen.

Die CSU-Fraktion ließ sich vom CSU-Kreisvorsitzenden Thomas Karmasin überzeugen und wirkte wiederum auf den einzigen Abweichler in den eigenen Reihen ein: Rolf Eissele hatte vor zwei Wochen noch gegen den Bauantrag gestimmt. Am Montag ließ er sich umstimmen - weniger aus Überzeugung als deshalb, weil sonst ja doch wieder Bürger und Steuerzahler die Folgen einer möglichen Bauverzögerung ausbaden müssten. Die Verantwortung für den Disput wies Eissele dem Kreis zu. Andreas Ströhle (BBV) bezeichnete den Kompromiss "als Spatz in der Hand". Kritik entzündete sich gleichwohl an der Zahl der Parkplätze. Hier würden Klimaschutz, Generationengerechtigkeit "und die eigene Lebensgrundlage mit Füßen getreten, um des eigenen Komforts willen", so Zierl. Eissele empfahl dem Landkreis einen Blick auf die Kreisklinik. Auch dort gebe es nicht für alle Mitarbeiter eigene Parkplätze. Hans Schilling (CSU) hielt beiden entgegen, man dürfe sich nicht nur immer "hinter dem Klimaschutz verstecken".

Die Entscheidung fiel mit neun gegen sechs Stimmen. Gegen den Bauantrag votierten weiterhin Gabriele Fröhlich (SPD), Hardy Baumann (BBV), Karl Danke (BBV), Jan Halbauer (Grüne), Alexa Zierl (Die Partei und Frei) sowie Klaus Wollenberg (FDP).

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