Starkbierfest in Germering:Falsche Glaubenskrieger

Germering: STADTHALLE - Starkbierfest

Am Anfang des Abends wird den Messdienern der 50-Cent-Lohn für den Sonntagsgottesdienst gestrichen. Daraufhin drohen sie mit einem Boykott.

(Foto: Johannes Simon)

Beim Germeringer Starkbierfest sorgt der Einfall des "IS Germering" für Irritation im Publikum. Aber auch Kirche und Apotheker werden derbleckt. Nur die Stadträte bleiben verschont - weil sie zu fad sind

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Es begann alles ganz harmlos. Dass das diesjährige Politiker-Derbleckn der Bauernbühne Unterpfaffenhofen eher langweilig werden wird, hatten die Veranstalter um Bühnenchef Herbert Sedlmeier bereits mit dem Titel ihres Starkbierfestes "Wieder nix los" angekündigt. So behandelte auch der erste Sketch im vollbesetzten Orlandosaal der Stadthalle nur ein Insiderthema der katholischen Stadtkirche: Den jungen Messdienern ist der 50-Cent-Lohn für die Sonntagsmesse gestrichen worden, so dass ein Ministrantenboykott über der Stadtkirche schwebte. Angesichts des sich fad präsentierenden Stadtrates waren Kirche, Tod und "Ärzterallye" die Themen des Abends; die 400 Zuschauer im Saal amüsierten sich trotzdem ganz köstlich.

Das lag auch daran, dass dem Autorenteam um Regisseur und Schauspieler Richard Sedlmeier einiges eingefallen ist. Nach dem Feilschen ums Geld im Pfarrhaus, begleitet von den eloquent aufspielenden Ratschweibern Alma (Karin Weber) und Resi (Sabine Schrall), bei der Ministrantin Steffi (Verena Schrall) am Ende doch leer ausging, wurde es wenig später beim nächsten Kirchenthema unerwartet turbulent. Zunächst begann man, die feierliche Beisetzung der Don Bosco-Reliquie nachzuspielen. Die Knochensplitter-Reliquie befand sich in einer rot angemalten Streichholzschachtel, die ein Prozessionszug an einem Stab auf die Bühne trug. Die Kapelle der Freiwilligen Feuerwehr Unterpfaffenhofen spielte dazu "Großer Gott wir loben Dich" und "Ich hat einen Kameraden". Eine Nonne nahm die Schachtel vom Stab, legte sie auf das Altarkissen und der Bischofsvikar zeigte sie den Gläubigen.

Doch plötzlich stürmten in Schwarz gekleidete Terroristen mit Maschinengewehren auf die Bühne und riefen "Alluha Akbar". Die Islamisten klauten die Reliquie und hinterließen ein Erpresserschreiben auf dem Altar. Aus den Lautsprechern war während des Überfalls heftiges Maschinengewehrfeuer zu hören. "Das ist jetzt aber grenzwertig", meinte eine junge Stadträtin im Publikum, der spürbar der Schrecken in die Glieder gefahren war. Angesichts des Überfalls flüchteten bis auf die Mönche und Nonnen alle Beteiligten von der Bühne. "Gott hilf", sagte eine der Nonnen, als sie den Erpresserbrief "vom IS Germering" las. Der verlangte 50 Millionen Schweizer Franken als Lösegeld. "Die haben auch kein Vertrauen mehr in den Euro", meinte ein Mönch und löste die Betroffenheit im Saal wieder etwas auf. Zumal der IS auch noch die Freilassung aller internierten Moslems im Altenheim Don Bosco, also der dort untergebrachten Flüchtlinge und Asylbewerber, forderte und dass die Steinbergstraße für die Anlieger kostenfrei ausgebaut wird. Andernfalls werde die Reliquie geköpft, so der IS Germering.

Auch der Oberbürgermeister, "Andreas von der Hasenweide", hatte das Erpresserschreiben bekommen. Er organisierte daraufhin eine Massendemonstration mit Ansteckbuttons: "Wir sind Reliquie." Parallel veranstaltete die Germeringer SPD ein Benefizkonzert mit der Stadtkapelle und die Grünen gemeinsames Hüpfen und Tanzen mit der Gleichstellungsbeauftragten. Pfarrer Andreas Jaster hatte sich für einen Geiselaustausch angeboten, so einer der Mönche. "Er will aber nicht geköpft werden, weil sein Heiligenstatus noch unklar ist."

Die für das Starkbierfest offenbar zu profillosen Lokalpolitiker, also 40 Stadträtinnen und -räte, wurden auch fortan nicht gebraucht. Trotzdem überzeugten die Macher der Bauernbühne mit witzigen Ideen, die allesamt gekonnt umgesetzt wurden. Herrlich, wie Herbert Sedlmeier zu seinem "Vorleichenschmaus" einlud. Das Multitalent gab sich bei seinem Schauspieldebüt äußerst neugierig: "Ich will halt wissen, was die alle über mich reden." Sehr amüsant war auch das Theaterstück im Wartezimmer des Arztes, das als Patientenstammtisch mit devoter Sonderbehandlung eines Privatpatienten aufgezogen wurde. Thematisch passte die Germeringer Apothekenschwemme, die das wie immer geistreiche Gstanzl-Duo Franz Klampfl und Dieter Kuttenberger aufs Korn nahm: "Beim Germedicum steht der nächste Apothekerschrank, bei den Immobilienpreisen ist schon längst gewiss, dass ganz Germering eine Apotheken ist."

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