Starkbierfest:Im Schatten von Corona

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Krüglredner Wolfgang Ober derbleckt beim Starkbierfest in Fürstenfeldbruck die Kommunalpolitiker. Auch der Virus-Diskussion zollt er Tribut und bindet sich einen Mundschutz um

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Oberbürgermeister Erich Raff ist an allem schuld, was in Fürstenfeldbruck passiert oder nicht passiert, glaubt Krüglredner Wolfgang Ober. Ober wusch auf dem Starkbierfest der König-Ludwig-Schlossbrauerei Kaltenberg am Samstag den Lokalpolitikern wieder kräftig den Kopf. Dafür erhielt er anhaltenden Applaus. Das Brucker Brettl wollte ein sicheres unterirdisches Fußgänger- und Radwegenetz graben, weil oberirdisch der Verkehr nicht wegzubringen ist, und Musikkabarettist Chris Böttcher lästerte über die "Weicheier vom Nockherberg", weil sie das beliebte Politiker-Derblecken absagten. Beruhigend und ermunternd wirkte da der Hinweis von Brauereichef Luitpold Prinz von Bayern: "Hopfen hat eine antiseptische Wirkung". Man müsse also nur genug trinken, damit der Coronavirus keine Chance hat.

Vorsicht in Zeiten des Coronavirus: Krüglredner Wolfgang Ober kommt mit Mundschutz auf die Bühne und desinfiziert erst einmal das Bierfass vor sich. (Foto: Günther Reger)

Krüglredner Ober ging lieber auf Nummer sicher. Mit Gesichtsmaske und immer wieder nießend schob er ein Bierfassl auf einer Leiterkarre in die Marthabräuhalle. "Schon nach wenigen Tagen waren die 370 Plätze ausgebucht, sagte Moderatorin Katharina Strodtkötter -Pürzer, die auch Bierkönigin Veronika Ettstaller begrüßen konnte. Das erste Fass Weizenbock durfte Christoph Läpple aus Bruck anstechen, der diese "Ehre" bei einem Gewinnspiel gewonnen hatte. Fünf Schläge brauchte Läpple, bis der Weizenbock schäumte und spritzte. Raff indes konnte schon mit zwei Schlägen das Fass Ritterbock trocken anstechen.

Weniger Sorgen über eine Ansteckung machen sich die vielen Besucher des Starkbierfests, die kräftig applaudieren. (Foto: Günther Reger)

Starkbierredner Ober würdigte, dass Luitpold endlich als Vorsitzender des Verbandes der Familienunternehmen amtierte, weil die Wittelsbacher schon seit Jahrhunderten ein großer Familienbetrieb seien. Zudem gratuliert er dem Wittelsbacher zum Sieg gegen den Missbrauch ihres Wappens. Erich Raff verbinde mit dem SCF eine Hassliebe - mehr Hass als Liebe - stellte Ober fest und bezeichnete den Sportverein als "Pflegefall". Dass sich im Brucker Rathaus angeblich 180 Anträge des Stadtrates unbearbeitet stapelten, sei offensichtlich nicht ganz so schlimm, meinte Ober, denn 60 davon stammten von Alexa Zierl und "sind für den OB damit erledigt". "Alexa bewirbt sich jetzt für die ÖDP um einen Platz im Stadtrat, nachdem sie in drei Jahren dreimal die Partei gewechselt hat". Rekordverdächtig sei dies, lästerte Ober, der zum siebten Mal als Derblecker auftrat. "Auch eine kleine Biene bewegt einen dicken Hintern", sei Alexas Slogan.

Aufs Zuprosten wird nicht verzichtet. (Foto: Günther Reger)

Der Brucker Bürgervereinigung hielt er vor, in einer 44-seitigen Wahlbroschüre eine "kindgerechte Wahlanleitung" platziert zu haben, "damit jeder weiß, wo das Kreuzchen hin muss", und Florian Weber habe sogar AfD-Plakate überklebt, weil er unbedingt wieder in den Stadtrat wolle. "24 Jahre sind genug", richtete Ober an Landrat Thomas Karmasin, "auf Hundejahre gerechnet sind das 168, aber das stört ihn gar nicht, weil von seinem alten Janker mit Teflon-Beschichtung ohnehin alles abperlt". Voller Tatendrang sei Philipp Heimerl (SPD) und wenn er an den neuen Chef der Stadtwerke denke, komme ihm Loriots "Hoppenstedt" in den Sinn. Andreas Lohde (CSU) ist für Ober ein "Bazi-Demokrat".

80 Prozent der Brucker wollten angeblich eine Unterquerung der Amper. "Da kannst schon mal anfangen mit Graben. Wenn's nicht geht, baust halt einen Lufttunnel und auch gleich ein Luft-Eisstadion - wär mal was Neues", riet Ober. Dem Landtagsabgeordneten Benjamin Miskowitsch legte er nahe, nicht so viel zu winken.

Große Begeisterung löste der vom Brucker Brettl unter Leitung von Susanne Droth eigens für das Starkbierfest einstudierte Einakter "Im Brucker Untergrund" aus. Jugendliche wollten in einem alten Bierkeller Beer-Pong spielen, weil es oberirdisch verboten wurde. Dort treffen sie jedoch auf zwei ältere Männer und eine Frau, die unter der Stadt ein Wegenetz für Fußgänger und Radfahrer graben wollen. Es entwickelte sich ein amüsantes Gespräch zwischen den Generationen, bei dem einiges angesprochen wurde, was in Bruck früher viel schöner gewesen sei, was es aber nicht mehr gibt, so eine Tabledance-Bar. Auch dass im Anatevka einst oben ohne bedient wurde, konnten die Jugendlichen nicht glauben.

© SZ vom 09.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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