Sport:Pluspunkt im Lebenslauf

Fürstenfeldbrucks Handballer können sich auch an einer Niederlage gegen den Bundesligisten VfL Gummersbach berauschen. Dessen Hauptdarsteller wie Julius Kühn und Carsten Lichtlein stellen sich hinterher den Fans - für Fotos und Autogramme

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Ein paar bekannte Namen machen sich in jedem Lebenslauf gut. Das ist bei Sportlern nicht anders. Wer als Handballer des Drittligisten aus Fürstenfeldbruck später mal darauf verweisen kann, ein Pflichtspiel gegen den großen VfL Gummersbach absolviert zu haben, hat es wohl einigermaßen weit gebracht. Begegnungen mit Bundesligaklubs finden für rangniedrigere Vereine in der Regel auf freundschaftlicher Basis statt, am Samstag aber stand richtig was auf dem Spiel: Es ging um den Einzug ins Achtelfinale des DHB-Pokals. Den schafften die Brucker erwartungsgemäß gegen die Gummersbacher nicht, die freilich ihrerseits am Tag danach Schwäche zeigten und im Finale gegen Zweitligist Ludwigshafen-Friesenheim selbst den Kürzeren zogen (31:32) und aus der diesjährigen Pokalrunde schon im ersten Anlauf ausschieden.

So vermessen waren Fürstenfeldbrucks Handballer freilich nicht, dass sie sich ernsthafte Chancen ausgerechnet hätten gegen den zwölfmaligen Deutschen Meister, der zwischenzeitlich weniger gute Jahre hinter sich hatte, nun aber in den Augen von Fürstenfeldbrucks Handballtrainer Martin Wild wieder "eine attraktive Mannschaft hat". Nur einer aus jedem der 16 Viererturniere der ersten DHB-Pokalrunde, für das sich die Brucker als Zweiter der vergangenen Drittliga-Saison qualifiziert hatten und das sie in der eigenen Wittelsbacher Halle ausrichten durften, kam am Ende weiter und ins Achtelfinale.

Dennoch sind Erstrundenpartien im Pokal für Teams wie Fürstenfeldbruck immer wieder ein Anreiz. Dreimal in den vergangenen sieben Jahren waren die Brucker dabei auf die TSG Ludwigshafen-Friesenheim getroffen, diesmal spielten beide Teams quasi aneinander vorbei. Einen besonderen Namen hat der Klub indes nicht, da ist Gummersbach schon von anderem Kaliber. Es sei für den TuS "eine besondere Ehre, ein DHB-Pokalspiel gegen Gummersbach zu bestreiten", bekundete Hallensprecher Volker Huhn zu Beginn der Partie. "Viel attraktiver hätte das Los für uns nicht sein können", befand Trainer Wild über den Klub, in dem jahrelang das Who-is-who des deutschen Handballs spielte: Heiner Brand, der spätere Bundestrainer, Joachim Deckarm, Erhard Wunderlich, Andreas Thiel, Stefan Kretzschmar. Die aktuelle Formation reiste bereits am Freitag an und verbrachte den ersten Abend in der Münchner Allianz-Arena beim Spiel der Bayern.

Am Samstagabend wollten dann 700 Zuschauer die Gummersbacher gegen den TuS Fürstenfeldbruck spielen sehen (das Finale am Sonntag nur noch 150), das waren möglicherweise ein paar weniger als man erwartet hatte. Doch noch sind viele in Urlaub, und der zurückgekehrte Hochsommer hat wohl auch den einen oder anderen davon abgehalten, sich freiwillig der Hitze einer Sporthalle auszusetzen.

Denen, die gekommen waren, fehlte es indes an nichts, für sie war Mineralwasser, Spezi und Bier vorrätig, draußen wurden Hackfleischpflanzerl gegrillt und zu Burgern aufgetürmt. Sportlich gibt es ohnehin kaum was zu meckern, wenn Fürstenfeldbrucks Handballer antreten. Mit unbändigem Willen und ihren bekannt schnellen Spielzügen stellten sie sich den Bundesligaakteuren entgegen, und keiner hatte engeren Kontakt gefunden als der 18-jährige Brucker Alexander Leindl, der in vollem Lauf am 1,98 Meter messenden Körper von Julius Kühn regelrecht abprallte, hinfiel - und gleich wieder aufstand und weitermachte. Kühn, der in Rio mit dem deutschen Olympiateam Bronze gewonnen hatte und erst wenige Tage zuvor zu seinem Team gestoßen war, wurde erst nach zwanzig Minuten erstmals aufs Spielfeld geschickt. Dafür musste er hinterher, als er sich mit seinen Kollegen zum Stretching vor die hintere Tribüne verzogen hatte, das eine oder andere Autogramm schreiben und für Fotos bereit stehen. Handballer machen das bei jeder Gelegenheit mit großer Geduld, und auch Torhüter Carsten Lichtlein, der 216-malige Nationalspieler, hat darin reichlich Übung. Der mittlerweile 35 Jahre alte Welt- und zweimalige Europameister, der in Rio nur noch als Ersatzmann dabei war, stand in Fürstenfeldbruck in der ersten Hälfte zwischen den Pfosten und demonstrierte, wie weit seine endlos langen Arme nach einem Ball hangeln können. Auch er stand noch eine ganze Weile für Selfies und Schriftzüge bereit, selbst die TuS-Handballer Johannes Stumpf und Sebastian Meinzer drängten sich zum schlaksigen Keeper aufs Bild. TuS-Trainer Martin Wild ließ sein Team für ein Foto zusammenkommen - unter der Ergebnisanzeige, die ein 31:27 aufleuchten ließ und suggerierte, Fürstenfeldbrucks Handballer hätten die Partie gegen Gummersbach gar gewonnen. Doch sie wurden bei ihrem Halbfinale laut DHB-Vorgaben als Auswärtsteam geführt.

"Ein geiles Erlebnis", schwärmte hinterher TuS-Handballer Frederik Hartz, der zuletzt angeschlagen und wegen seines Medizin-Staatsexamens seltener als sonst im Training gewesen und deshalb umso dankbarer war, dass er mitmachen durfte: "Es war auch schön, dass es ein echtes Pflichtspiel war und nicht nur Show". Für Johannes Stumpf bildete die Partie nach einjährigem Aufenthalt beim HBW Balingen-Weilstetten den perfekten Rahmen für seine Rückkehr ins TuS-Team. Fazit: "Es hat Spaß gemacht." Ganz nebenbei präsentierten Brucks Handballer noch ihre neuen Trikots. Seit sie sich Panther nennen, setzen sie auf die Farbe schwarz anstelle der Vereinsfarben rot und weiß. Das unifarbene Oberhemd haben sie nun gegen ein in schwarz-weißen Längsstreifen gehaltenes Trikot getauscht. Und so sehen sie nun ein bisschen aus wie die Fußballer von Juventus Turin.

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