Sport:Im Alleingang

Anja Kobs hat hart für den Wien-Marathon trainiert. Von dessen Absage lässt sich die Hobbyläuferin nicht bremsen. Über zehn Kilometer schafft sie persönliche Bestzeit. Und nun geht es doch noch über die 42 Kilometer - dann eben solo

Von Karl-Wilhelm Götte, Alling

In Corona-Zeiten passieren die ungewöhnlichsten Dinge. Da kann nicht einmal ein Solo-Marathonlauf verwundern. Anja Kobs ist Läuferin und Triathletin aus Leidenschaft. Im Winter hatte die Allingerin viel trainiert, um Mitte April beim Marathon in Wien persönliche Bestzeit laufen zu können. Aber auch der Wien-Marathon ist der Corona-Krise zum Opfer gefallen.

"Ich absolviere am 26. April einen ferngesteuerten Marathon, der ursprünglich in Hannover hätte stattfinden sollen", erklärt Kobs. "Da kann man dann zu Hause einen Marathon mitlaufen."

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Sport als Berg- und Talbahn: Hier läuft Anja Kobs im Gebiet der Drei Zinnen in Südtirol. Pro Woche kommt die Allingerin meistens auf 15 bis 16 Stunden Ausdauertraining.

(Foto: privat)

Für die 43-Jährige, die für den TSV Alling startet, ist ihr Sport, den sie seit acht Jahren betreibt, schon mehr als ein Hobby. Am 21. März wollte sie es genau wissen. Sie fuhr mit dem Auto in den Perlacher Forst, um ihre Bestzeit über zehn Kilometer zu unterbieten. Laufen alleine draußen ist ja auch im Rahmen der Gruppen-Ausgangssperre ausdrücklich erlaubt. Dort ist sie auf einer ihr bekannten Strecke fünf Kilometer hin und fünf Kilometer zurück gelaufen. Der beabsichtigte Bestzeitlauf sollte ein Ersatz für die einen Tag zuvor ausgefallenen Bayerischen Meisterschaften über 10 000 Meter sein. Die Laufform war so prächtig, dass Kobs einen "privaten, alleinigen Wettkampf über zehn Kilometer absolviert hat", wie sie sagt. "Dass ich gut drauf bin, das wusste ich, aber dass es dann zu einer Fabelzeit von 38:51 Minuten reicht, hätte ich jetzt nicht für möglich gehalten." Besonders gefreut hat sich Kobs, dass sie bei ihrem Alleingang die 40-Minuten-Marke, die für Hobbyläuferinnen eine Schallmauer bedeutet, so deutlich unterboten hat. 38:51 Minuten sind für eine ambitionierte Hobbyläuferin sehr gut. Nur zum Vergleich: Die nationale Klasse beginnt bei den Spitzenathletinnen bei etwa 32 Minuten. Anja Kobs bestreitet Volksläufe und Triathlonwettkämpfe in den Senioren-Altersklassen. Da ist sie schon sehr erfolgreich gewesen. Der Aufwand, den die Allingerin betreibt, ist enorm. "Ich trainiere 15, 16 Stunden die Woche", berichtet Kobs. Da das Germeringer Hallenbad geschlossen ist, fährt sie stundenlang Rad oder läuft zwei bis drei Stunden am Tag. Die Wintervorbereitung mit vielen langen, eher langsamen Läufen war am 19. April auf den Marathon in Wien ausgerichtet gewesen. Dort wollte sie über die 42,2 Kilometer die Drei-Stunden-Marke unterbieten. Im vergangenen Herbst blieb Kobs beim Frankfurt-Marathon ganze sechs Sekunden über den drei Stunden - ärgerlich war das. "2:54 Stunden nehme ich mir jetzt am 26. April beim von Hannover ferngesteuerten Marathon vor", sagt sie. Ein passendes ebenes Gelände für ihren Lauf hat sie bereits gefunden: Die Olympia-Regattastrecke in Oberschleißheim.

Rund um die Ruderregatta

Marathon alleine? Anja Kobs macht es wirklich. Initiiert von den Organisatoren des ausgefallen Hannover-Marathon geht bei ihr der sogenannte #stayathomemarathon am Sonntag, 26. April, rund um die Ruderregatta-Strecke in Oberschleißheim über die Bühne. Nein, Kobs wird ohne Bühne exakt 8,7 Runden à 4,85 Kilometer laufen, um die 42,195 Kilometer zu absolvieren und um erstmals die Drei-Stunden-Marke zu unterbieten. Warum? "Warum nicht?", antwortet sie. "Ich habemich den Winter über akribisch auf den Wien-Marathon vorbereitet, der am vergangenen Sonntag stattgefunden hätte, und dann bin ich top in Form." Alleine laufen stört sie nicht, das kennt sie aus den vielen Trainingsstunden. Doch sicherlich rechnet sie auch mit einigen Kiebitzen an der Ruderstrecke, die sie aus sicherer Entfernung Beifall klatschen. kwg

Im Hauptberuf arbeitet sie als Personalleiterin in einer Germeringer Firma. "Ich arbeite, trainiere und schlafe viel", beschreibt sie einen normalen Tag. An den Wochenenden geht es nur ums Trainieren und um ausreichend Schlaf, damit die Regeneration stimmt. Die Corona-Krise bewältigt sie auch auf diese Art und Weise. "Ich bin insgesamt positiv eingestellt", bekräftigt Kobs. Stress, Panik und Angst sind Killer für das Immunsystem.

Dann will sie noch allen Menschen Mut machen: "Passt auf euch auf, bleibt gesund und verliert vor allem eines nichts: die positive Grundeinstellung. Es ist eine schwere Krise, nicht das Ende der Welt."

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