Natürlich freut sich Christine Jung über die Würdigung des bayerischen Kultusministers. Darüber, dass Michael Piazolo ihre Maisacher Grundschule mit dem Profil "Sport-Grundschule" ausgezeichnet hat. Darüber, dass es als Belohnung für die zusätzliche Sportstunde bereits in den ersten Klassen ein Sportgerätebudget von tausend Euro gibt und eine repräsentative Hinweistafel neben dem Eingang. Aber wenn man sich mit der Rektorin unterhält, dann wird schnell klar, dass sie diese Würdigung eher als Etappenziel versteht. Dann wird deutlich, dass die Rolle des Sports an den Schulen zu Unrecht unterschätzt wird und dass drei Wochenstunden Sport in der Maisacher Grundschule gut sind - aber eigentlich eben noch nicht gut genug.
Insgesamt hundert Schulen in ganz Bayern werden vom Kultusminister ausgezeichnet und belohnt für ihr herausragendes Engagement für den Sport, etwa indem sie das Bewegungs- und Gesundheitsprogramms Voll in Form umsetzen, Schwimmunterricht sicherstellen, mit Sportvereinen und Hochschulen kooperieren oder gezielte Ganztagsangebote machen. Im Landkreis gibt es neben Maisach weitere fünf Grundschulen, die seit Schuljahresbeginn nicht nur in der zweiten bis vierten, sondern bereits in der Eingangsklasse drei Stunden Sport anbieten: die Grundschulen in Egenhofen und Graßlfing sowie die Kleinfeldschule Germering, die Gröbenbachschule in Gröbenzell sowie die Grundschule Puchheim am Gernerplatz. Das Profil sei ein "Modell mit echtem Mehrwert", lobt Piazolo, der in Neubiberg gemeinsam mit dem Präsidenten des Bayerischen Landes-Sportverbands, Jörg Ammon, zunächst die 37 in Oberbayern ansässigen Sport-Grundschulen auszeichnet und dabei das Engagement sowie die Kreativität in den Bereichen Sport, Bewegung und gesunde Ernährung würdigt.
"Eigentlich wäre Sport an jedem Unterrichtstag super", findet Rektorin Christine Jung
Die Grundschule Maisach erfüllt bereits seit gut vier Jahren die bisherigen Anforderungen an das Profil einer Sport-Grundschule, das nun um die dritte Sportstunde für Erstklässler erweitert wird. So gibt es Kooperationen mit Vereinen, spezielle Sporttage im Sommer und Fußballturniere, Schwimmtage im Maisacher Freibad. Flankiert wird das von gesunder Ernährung: jeden Freitag gibt es frisches Obst. Glücklich ist Rektorin Christine Jung, dass es trotz des Lehrermangels gelungen ist, die dritte Sportstunde in den ersten Klassen einzuführen. Statt 23 Wochenstunden sind es dort nun also 24.
Jung hat selbst Sport studiert. Sie ist sich mit Schulamtsdirektor Thomas Frey einig, dass es nicht nur um körperliche Fitness oder den Kampf gegen das Übergewicht geht und darum, dass immer weniger Kinder schwimmen können. Sondern dass Sport auch deshalb immens wichtig ist, um gegen "sozial-emotionale Defizite" anzugehen. Als Teil einer Mannschaft gehöre auch dazu, mal zu verlieren und damit umgehen zu können, ergänzt Frey. "Eigentlich wäre Sport an jedem Unterrichtstag super", findet Christine Jung. Ein Traum, der wohl auch ein Traum bleiben wird im aktuellen Schulsystem.
Wie groß der Bewegungsdrang bei Kindern beispielsweise in den Pausen ist, welche motorischen Defizite aber auch bei manchen Buben und Mädchen vorhanden sind, das sieht Frey am Montag bei einem Besuch der Kleinfeldschule in Germering. 31 staatliche und drei private Grundschulen gibt es im Landkreis. Somit bleibt es in den meisten bei zwei Sport-Wochenstunden. Viele sehen sich personell gar nicht in der Lage, bereits in den ersten Klassen "die Stundentafel aufzubohren", wie es Frey ausdrückt.
In den Mittelschulen werden die drei Sport-Wochenstunden zumindest in den fünften und sechsten Klassen fortgeführt. In den siebten bis zehnten Klassen sind dann zwei Sportstunden das Pflichtprogramm - als Kür ergänzt um den freiwilligen differenzierten Sportunterricht. Durchschnittlich bedeute das in diesen Jahrgangstufen 2,5 Wochenstunden an den Mittelschulen des Landkreises, sagt Frey.