Sport:Die unendliche Eishallen-Geschichte

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Die Kreisstadt bekennt sich zu dem Millionenprojekt. Noch aber ist offen, ob es neben der Amperoase realisiert werden kann. CSU und Grüne wollen den Fliegerhorst als alternativen Standort prüfen lassen. Das freilich kostet Zeit

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Kreisstadt soll eine Eishalle bekommen. Das bleibt Konsens unter den Fraktionen. Wie und wann die erforderlichen bis zu 22 Millionen Euro aufgebracht werden, ist freilich ebenso offen wie der genaue Standort: Nach wie vor umstritten ist, ob die Eishalle möglichst schnell auf einer Wiese neben dem Eisstadion errichtet werden oder zunächst eine Fläche im Fliegerhorst als Alternative geprüft werden soll. Die Mitglieder von Finanz- und Bauausschusses konnten sich in dreistündiger Debatte nicht einigen. In einer Woche entscheidet der Stadtrat über die Vergabe weiterer Gutachten.

Manuel Vilgertshofer, Zweiter Vorsitzende des Eislaufvereins (EVF), hofft, dass nach fast 40 Jahren doch noch etwas wird mit der Eishalle. Und dass die 60 Meter lange und 30 Meter breite offene Eisfläche neben der Amperoase weiter genutzt werden kann. Hinter sich weiß er insgesamt etwa tausend Mitglieder des Eislaufvereins (mit den Eishockeyteams, von den U7-Bambinis über die Oldies bis zur Landesligamannschaft) sowie des Eis-und Rollsportclubs. Am Montagabend demonstrierten Spieler der Jugendteams lautstark: "Wir wollen alle... eine Halle!"

Die Skizze der möglichen Grundrisse der Halle (rot) und der Parkplätze (blau); rechts daneben die Amperoase mit Eisstadion sowie Hallen- und Freibad. (Foto: Googlemaps)

Gegen den abendlichen Betrieb des Eisstadions und den Bau einer Halle in direkter Nachbarschaft wehren sich Anwohner der Siedlung nördlich der Schöngeisinger Straße: Die "Wohneigentümergemeinschaft Holzhofstraße" (WEG) hat den Olchinger Rechtsanwalt Ewald Zachmann eingeschaltet und will Lärmbelästigungen nicht länger hinnehmen. Sprecher Kurt Eder, der nach eigenen Angaben etwa 80 Eigentümer vertritt, war am Dienstag nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Im Februar hatte er in der SZ deutlich gemacht, dass man den gegenwärtigen Betrieb im offenen Eisstadion ebenso ablehne wie den Neubau einer Halle. Zwischen den Nachbarn und der Stadt gibt es Gespräche, die nach Worten von Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) "nicht einfach" sind - auch wenn die WEG versichert habe, dass sie den Eishockeyverein mit seinen vielen Jugendlichen nicht in der Existenz gefährden wolle. Raff hat sich zum Ziel gesetzt, bis spätestens Ende November zu einer einvernehmlichen Lösung zu finden, durch die der Spielbetrieb der Eishockeyspieler und die Nutzung der Eisfläche gewährleistet werden können. Nur wenn es "hart auf hart" komme, müsse die Sache möglicherweise gerichtlich geklärt werden. "Das will niemand", sagte Raff jüngst, auch mit Blick auf die fürs Wochenende geplante Aufnahme des Trainingsbetriebs im Eisstadion. Der EVF muss der aktuellen Regelung zufolge dort auf etwa sechs Stunden pro Woche verzichten, für viele Jugendteams bleiben lediglich noch zweimal 45 Minuten. Zudem wurden die Heimspiele der ersten Mannschaft auf 19.15 Uhr vorverlegt. Vilgertshofer ist gleichwohl zuversichtlich, dass nun zumindest der Hallenneubau vorankommt: "Wir sind so weit wie lange nicht mehr.

Eishockeyspieler der EVF-Kinderteams demonstrieren am Montagabend. (Foto: Stefan Salger/oh)

Den beiden Brucker Fachausschüssen wurden am Montag von den Vertretern zweier Planungsbüros die Eckpunkte der Entwürfe vorgelegt. Dabei wurde der Standort neben Amperoase und Eisstadion - im Kälte- und Wärmeverbund mit den bestehenden Anlagen - als besonders geeignet empfohlen. Eine 66 Meter lange und 58 Meter breite und gut tausend Zuschauer fassende Eishalle fände auf der als Bolzplatz genutzten Wiese Platz. Die auf dem Dach installierte PV-Anlage könnte die Hälfte des Energieverbrauchs decken. Der Zugang wäre ebenso wie die erforderlichen Parkplätze im Süden, so dass das halb in einen Erdwall eingebettete Gebäude den Lärm Richtung Schöngeisinger Straße abschirmen würde. Die Lärmgrenzwerte würden sich mit maximal 55 Dezibel einhalten lassen, so der Gutachter. Vilgertshofer knüpft daran die Hoffnung, dass auch ein Betrieb über 22 Uhr hinaus möglich wäre, um damit einen wirtschaftlicheren Betrieb zu gewährleisten. Die Hoffnungen der Politiker ruhen auf den Stadtwerken, die Betrieb und Unterhalt - möglichst unterstützt von weiteren Investoren oder Sponsoren, übernehmen sollen. Die Halle selbst dürfte 13 Millionen Euro kosten, hinzu kommen fünf Millionen für die Außenanlagen. Für 2025 wird mit einer Kostensteigerung auf knapp 22 Millionen Euro gerechnet. Beschließt die Stadt das Projekt spätestens bis Mitte Juni, dann könnte sie noch den Sprung in ein Förderprogramm des Bundes schaffen und im Idealfall auf mehrere Millionen Euro hoffen.

Vor allem BBV, SPD, Linke, ÖDP und Freie Wähler würden auch deshalb gerne ein schnelles und klares Bekenntnis für den Bau an der Amperoase abgeben und damit auch den Eishockeyspielern ein deutliches Signal geben. Vor allem CSU und Grüne pochen wiederum auf eine zusätzliche Prüfung des Standorts im Fliegerhorst. Klaus Wollenberg (FDP) macht sich Sorgen, dass die Nachbarn den zentraleren Standort an der Amper vor Gericht jahrelang verzögern oder ganz verhindern könnten. Zudem sollten die Nachbarn möglichst nicht verprellt werden. Die eingehende Untersuchung des zweiten, von der CSU präferierten Standorts würde allerdings mehr Zeit in Anspruch nehmen. Und das Grundstück, das die Stadt nicht kostenlos bekäme, stünde frühestens nach dem für 2026 geplanten Abzug der Bundeswehr zur Verfügung. Zudem machte Stadtbaurat Martin Kornacher deutlich, dass in dem künftigen neuen Stadtviertel neben Gewerbe- auch Wohngebäude errichtet werden sollen, was ebenfalls Probleme mit Nachbarn befürchten lässt. Vor allem Schulkinder hätten außerdem einen viel weiteren Weg zurückzulegen. Positiv wäre, dass dort eine Multifunktionshalle erstellt werden könnte, die auch für Musikkonzerte oder Sportveranstaltungen nutzbar wäre.

Sportreferent Martin Kellerer (CSU) plädierte ebenso wie der Sportbeiratsvorsitzende Joachim Mack für die zweigleisige Prüfung. Er sieht noch viele offene Fragen bei der Finanzierbarkeit. Andreas Lohde (CSU) kritisierte das vorgelegte Gutachten als lückenhaft, weil es den Standort Fliegerhorst nicht gebührend berücksichtige. Jan Halbauer (Grüne) glaubt, dass die Stadt mit dem Plan, eine Eishalle zu bauen, zwar auf dem richtigen Weg ist. Allerdings empfiehlt er, zunächst nach Betreibern, Sponsoren und Investoren zu suchen, um einen möglichst wirtschaftlichen Betrieb sicherzustellen. Vilgertshofer widersprach ebenso wie Markus Droth (FW) und Christian Götz (BBV): Man solle nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen - ohne Zusage für den Bau habe man kaum Chancen, interessierte Sponsoren zu gewinnen. Ebenso wie Mirko Pötzsch (SPD) und Alexa Zierl (ÖDP) kreidet Andreas Rothenberger (BBV) Grünen und CSU eine "Hinhaltetaktik" an: "So wird das doch nie was". Gleichwohl zeigte er sich zuversichtlich, dass man beispielsweise durch den Verzicht auf einige Umkleiden und Tribünen das Projekt preislich noch abspecken kann. Um den Lärm etwa durch zugeschlagene Autotüren zu reduzieren, schlug Adrian Best (Die Linke) ein eingehaustes Parkdeck vor.

Ob auch der zweite Standort "vertieft" untersucht wird, muss nun der Stadtrat entscheiden. Die Abstimmung im Finanzausschusss endete mit einem Sieben-zu-sieben-Patt. Die Ausschüsse einigten sich immerhin darauf, Aspekte wie Querverbünde, Betreiberkonzept und Sponsoring zu untersuchen und anschließend einen Grundsatzbeschluss zu fassen.

© SZ vom 21.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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