SPD Gröbenzell:Die Bürgergemeinde im Blick

Gröbenzell kann nicht mehr weitermachen wie bisher. Dies beteuern die SPD und ihr Bürgermeisterkandidat bei der Verabschiedung des Wahlprogramms und kündigen einen radikalen Stilwechsel in der Gemeindepolitik an.

Von Gerhard Eisenkolb

Möbelhaus Fahr

Aus einem früheren Möbelhaus soll ein Einkaufszentrum werden.

(Foto: Günther Reger)

Die SPD tritt im Kommunalwahlkampf in Gröbenzell nicht mehr nur mit dem obligatorischen Wahlprogramm an, sondern auch mit einem neuen Anspruch, Politik zu gestalten. Das Credo des SPD-Bürgermeisterkandidaten Florian Ritter lautet: "Wir wollen die Bürgergemeinde Gröbenzell." Dabei geht es um das, was die Bürger in den vergangenen Jahren durch eigene Initiativen und diverse Begehren einforderten: eine neue Offenheit der Debatten und Entscheidungsfindung mit Einbindung der Bürger von Anfang an; einen Perspektivenwechsel bei der Verwaltung, die koordinierend tätig wird, Anregungen zusammenfassen und in die Entscheidungsprozesse einbringen soll. Laut Ritter geht es letztlich darum, dass Bürger, Verwaltung und Gemeinderat die Entwicklung ihrer Gemeinde künftig gemeinsam gestalten, und zwar nach den Interessen der Gröbenzeller.

Über dieses Konzept haben SPD-Mitglieder bei der Verabschiedung des Wahlprogramms in der Alten Schule diskutiert. Ausgangspunkt für diesen Ansatz ist für Ritter die Analyse der aktuellen Situation. "Ich glaube, Gröbenzell hat einen Punkt erreicht, an dem die Gemeinde nicht mehr weitermachen kann wie bisher", stellte der Landtagsabgeordnete fest. Was damit gemeint ist, erläuterte er am Beispiel der Diskussion um den Bau eines Einkaufszentrums auf dem Gelände des Möbelhauses Fahr. Ein Unternehmer, der aktiv werde, versuche, mit seinen Planungen eine Norm zu setzen. Setze sich der Investor durch, schauten die anderen in die Röhre. Für Ritter spiegelt diese Konstellation eine Situation wider, die sich in der Politik eingebürgert habe: Nämlich erst dann zu handeln, wenn es zu spät sei und nicht mehr anders gehe.

Da setzt die SPD mit der Forderung an, Politik dürfe sich nicht mehr länger an den Einzelinteressen von Grundstückseigentümern und Investoren orientieren, sondern an den Menschen, die in einem Ort leben. Die alte Methode der Entscheidungsfindung funktioniere nicht mehr, heißt es. Diese besteht laut Ritter darin, sich einen Investor zu suchen, diesen planen zu lassen, das Ergebnis zu diskutieren und dann zu beschließen. Wer so agiere, was der SPD-Bürgermeisterkandidat der Gröbenzeller CSU unterstellt, dürfe sich nicht wundern, wenn ihm die Akzeptanz der Bürger versagt bleibe. Und die SPD wirft der CSU vor, nun nach dem gleichen Verfahren die gemeindlichen Grundstücke an der Bahnhofstraße veräußern zu wollen, um mit dem Erlös ihre Wahlversprechen zu finanzieren. Geschehe dies, verliere die Ortsmitte an Bedeutung. Sterbe aber die Ortsmitte, dann sterbe auch die Gemeinde.

Statt von der Peripherie, also von dem Einzelvorhaben Ten Brinke auf dem Möbelhausgelände, möchte die SPD die Orts- und Einzelhandelsplanung von der Ortsmitte aus angehen. Da die Überlegungen zum Fahrgrundstück nicht von einer wohnortnahen Versorgung, also vom Bedarf im Zentrum ausgehen, läuft die Debatte aus der Sicht der Sozialdemokraten schief. Bürgerentscheide gegen eine fehlgelaufene Politik hält Ritter nur für die ultima ratio bei bereits gescheiterte Debatten. Solche Entwicklungen gelte es durch ein erweitertes Modell der Bürgebeteiligung bereits im Vorfeld zu verhindern.

Darunter versteht die SPD vor allem die Nutzung der Qualifikationen und des Potenzials einer kritischen, gut ausgebildeten Bevölkerung, wie sie für Gröbenzell typisch ist. So sollen beispielsweise die Kompetenzen und das Wissen von Gruppierungen wie dem Bund Naturschutz, der Agenda 21, dem Bund der Selbstständigen oder der Mitstreiter im Seniorenarbeitskreis gehoben und gezielter als bisher zum Wohl der Gemeinde genutzt werden. Hier arbeiten nach Einschätzung der SPD Menschen mit, die über ein unschätzbares Wissen verfügten. Selten habe er Menschen erlebt, die sich so für ihre Gemeinde engagierten wie in Gröbenzell, berichtete der Kandidat.

Gefordert werden Mut und die Bereitschaft, auch ungewöhnliche Wege zu gehen. Die Genossen wollen aber auch auf bewährte Mittel zurückgreifen, wie das, Planungsunterlagen von Anfang an ins Internet zu stellen und die Bürger durch Workshops an der Entwicklung von Konzepten zu beteiligen. Ritter macht sich keine Illusionen. Er geht davon aus, dass solche Prozesse nicht konfliktfrei ablaufen werden. Aber die Kunst der Politik bestehe schließlich darin, Kompromisse zu schließen, sagt der Landtagsabgeordnete. Nur müsse man dazu die Interessen der Bürger kennen. Gute Politik zeichne sich dadurch aus, dass die Bürger zufrieden sind. Das trifft nach Ansicht der SPD nicht auf das zu, was zurzeit im Gröbenzeller Rathaus geschieht. Diese Einschätzung teilen die Mitglieder der CSU, die ihrem Bürgermeister eine weitere Amtszeit nicht mehr zutrauten und deshalb die Gefolgschaft verweigerten.

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