Soziales Engagement:Sozialkaufhaus bleibt bestehen

Aufrechter Gang

Sein Lebenswerk: Hans Bittner (Mitte), Gründer und langjähriger Vorsitzender des Vereins Aufrechter Gang, bei einem Flohmarkt im Puchheimer Gebrauchtwarenzentrum vor sechs Jahren.

(Foto: Günther Reger)

Zum Jahresende löst sich der Verein Aufrechter Gang auf. Die Übernahme durch die Diakonie scheitert. Gebrauchtwarenzentrum und Kleiderkammern aber wird es weiterhin in Puchheim geben

Von Heike A. Batzer, Puchheim

Das Gebrauchtwarenzentrum mit Sozialkaufhaus in Puchheim-Ort und die Kleiderkammern in Germering und Olching wird es weiter geben. Befürchtungen, dass ihr Betrieb eingestellt werden könnte, weil sich ihr Träger, der Verein Aufrechter Gang, auflösen wird, haben sich nicht bewahrheitet. Die Einrichtungen werden künftig von vier langjährigen Mitarbeitern als Unternehmergesellschaft geführt.

"Das ist mir wichtig gewesen, dass es so weiterbetrieben werden kann", sagt Hans Bittner, Gründer und langjähriger Vorsitzender des Vereins Aufrechter Gang: "Ich habe viel Zeit und Herzblut reingesteckt." Doch Bittner kann den Verein nach einer schweren Erkrankung nicht mehr weiter führen. Auch Nachfolger gibt es nicht. Mehrere ehemalige Mitstreiter im Vorstand, so sagt er, seien mittlerweile "durch Krebs weggestorben". Man habe ein Jahr lang vergeblich versucht, jemanden zu finden, aber "gute Leute, die Zeit haben, sind rar", weiß Bittner, weshalb der Verein, der sein Lebenswerk war, zum 31. Dezember aufgelöst wird.

Zunächst war geplant, dass die Diakonie die Läden übernimmt. So sieht es zumindest die Satzung des Aufrechten Gangs vor, wo es heißt: "Bei Auflösung des Vereins oder Wegfall seines bisherigen Zweckes fällt das Vermögen des Vereins an das Diakonische Werk Fürstenfeldbruck e.V." Der Landkreis wollte diese Übernahme finanziell unterstützen. Immerhin hatte der Verein 26 Personen in Beschäftigung gebracht, wie Bittner berichtet. Deshalb hatte der Kreistag im Juli beschlossen, der Diakonie bis zum Jahr 2022 einen jährlichen Personalkostenzuschuss von 30 000 Euro für die Leitung von Gebrauchtwarenzentrum und Kleiderkammern zu gewähren.

Doch die Verhandlungen scheiterten. Der Vorstand des Aufrechten Gangs habe "ohne Angaben von Gründen Abstand" genommen, teilte die Kreisverwaltung in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses mit. Diakonie-Vorstand Thomas Glaubitz, der erst seit September im Amt ist und dessen Vorgänger Joachim Bucher einen Großteil der Verhandlungen geführt hatte, bestätigte auf Anfrage der SZ die Informationen aus der Sitzung, wonach Bittner der Diakonie auf einmal mitgeteilt habe, dass er an einer Zusammenführung nicht mehr interessiert sei. Die Diakonie hatte den Verein aufgefordert, Zahlen vorzulegen, "damit wir wirtschaftlichen Einblick bekommen", so Glaubitz. Er nennt das Scheitern der Gespräche "schade" und nicht dafür geeignet, in der Öffentlichkeit ausgetragen zu werden. Bittner sagt darüber, dass "unsere Ansprüche andere waren als die der Diakonie".

Die Kreisräte zeigten sich zumindest irritiert, denn "alle Fraktionen waren einverstanden gewesen mit der Übernahme", erinnerte sich Grünen-Kreisrat Martin Runge. Landrat Thomas Karmasin (CSU) würdigte die Idee des Gebrauchtwarenzentrums, wonach "noch gute Dinge" nachhaltig genutzt würden und außerdem "Menschen mit Vermittlungshemmnissen" dort eine Arbeit gefunden hätten. Nun wird es sozusagen eine interne Lösung geben. Vier langjährige Mitarbeiter sind gerade dabei, eine Unternehmergesellschaft (UG) zu gründen. Eine UG ist sozusagen die kleine Variante einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Derzeit würden die Formalitäten bei Steuerberater und Notar erledigt, sagt Bittner.

Die UG wird künftig das Gebrauchtwarenzentrum mit Sozialkaufhaus in Puchheim und die Kleiderkammer in Olching führen, die Kleiderkammer in Germering übernimmt der dortige Sozialdienst. Bittner selbst ist "mit der jetzigen Lösung mehr als zufrieden". Der 68-Jährige erinnert auch daran, dass der Aufrechte Gang immer versucht habe, "unkompliziert und ohne lange Wege und Genehmigungsverfahren zu helfen. Das war uns sehr wichtig." Deshalb würden die Bedürftigen, die ins Sozialkaufhaus oder in die Kleiderkammer kommen, weiterhin "so bedient wie bisher beim Verein auch". Bedürftige können dort zu Sonderkonditionen einkaufen und zahlen weniger als andere Kunden.

Den Verein Aufrechter Gang hatte Bittner vor genau 20 Jahren gegründet. Laut Satzung berät er Alkohol und Medikamentenabhängige und deren Angehörige, informiert über Gefahren von Suchtmittelmissbrauch, unterstützt Hilfsbedürftige finanziell und materiell, etwa durch Kostenerstattung für Schulmaterial und das Betreiben einer Kleiderkammer, und fördert Ausbildung und Aufbau einer selbständigen Lebensführung von Jugendlichen und Erwachsenen, die in Einrichtungen des Aufrechten Gangs arbeiten. 2006 wurde das Sozialkaufhaus in Puchheim-Ort eröffnet, 2009 und 2010 dann die Kleiderkammern. Im Jahr 2007 erhielt der Verein die "Lichtmesskerze" der Unabhängigen Bürgervereinigungen als Auszeichnung für sein soziales Engagement. Auch engagierte sich der Aufrechte Gang unter anderem zusammen mit der Diakonie für die Aktion Schultüte, die Familien bei der Einschulung finanziell unterstützt.

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