Sozialarbeit:Probleme lösen im Familienrat

Jugendhilfe vor Ort

Fünf Experten stehen bereit: Die Mitarbeiter des Jugendamtes, die im Außenbüro in Puchheim die "Jugendhilfe vor Ort" anbieten.

(Foto: Günther Reger)

Mit dem Pilotprojekt "Jugendhilfe vor Ort" will Puchheim in sozialen Brennpunkten neue Wege beschreiten. Speziell geschulte Bürgerkoordinatoren sollen im Fall von Konflikten vermitteln

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Drogenabhängigkeit: In sozialen Brennpunkten sind solche Probleme häufiger als in anderen Stadtvierteln. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, ist jetzt in der Stadt Puchheim die "Jugendhilfe vor Ort" gestartet. Mit dem zunächst auf drei Jahre angelegten Pilotprojekt hoffen Landkreis und Stadt auf eine bessere Vernetzung untereinander - und auf mehr Unterstützung, insbesondere für die Bewohner der Planie. Zudem arbeitet die Jugendhilfe vor Ort mit einer neuen Methode: Im Familienrat sollen gemeinsam Probleme erkannt und Lösungen erarbeitet werden.

Fünf Mitarbeiter des Jugendamts, verteilt auf vier Vollzeitstellen, arbeiten seit Dezember in den neuen Räumlichkeiten in der Boschstraße. Allzu viel Zeit werden die Sozialpädagogen aber nicht im Büro verbringen. "Man geht hinaus in den Sozialraum", erläutert Landrat Thomas Karmasin bei der feierlichen Eröffnung das Konzept. Ziel sei es, bereits vorhandene Strukturen und Netzwerke um eine weitere Ebene, nämlich das Jugendamt im Landratsamt, zu ergänzen. Dabei könne man auf die bereits von Einrichtungen wie dem Zap und der Sozialen Stadt geleisteten Erfolge anknüpfen und diese ergänzen.

"Das zweite ist eine neue Methodik", verweist Karmasin auf die Idee des Familienrats. Wie Jugendamtschef Dietmar König erläutert, werden so genannte Bürgerkoordinatoren gesucht: Interessierte aus der Bevölkerung, die einer ortsansässigen Familie helfen wollen. Sie werden über die Gesellschaft für Jugend- und Familienhilfe geschult, brauchen keinerlei Vorkenntnisse und werden für ihren Einsatz bezahlt. Wie Königs erläutert, organisiert der Bürgerkoordinator, unterstützt von den bereits geschaffenen Netzwerken in der Kommune, ein Treffen, zu dem neben der jeweiligen Familie alle Verwandten und Freunde eingeladen werden. Gemeinsam werde dann erörtert, welche Unterstützung die Familie benötigt und woher man sie bekommt. König betont, dass das Angebot - abgesehen von Fällen von Kindeswohlgefährdung - absolut freiwillig ist. Und dass sich das Jugendamt eine Aufbesserung seines Images erhoffe, fort von dem Bild der Kinder wegnehmenden Behörde. "Unsere große Hoffnung ist, dass wir nicht erst aufgesucht werden, wenn es zu spät ist", betont der Jugendamtsleiter.

Dass die Wahl auf Puchheim als Standort für das wissenschaftlich begleitete Projekt gefallen ist, ist laut Karmasin sorgfältig überlegt. "Natürlich hat eine Stadt, die schnell gewachsen ist, ihre eigenen Probleme", sagt der Landrat. "In der Planie ist ein Zentrum mit sozialen Schwierigkeiten entstanden", in dem die Stadt mit Projekten wie dem Zap, dem Zentrum aller Puchheimer, und der Sozialen Stadt einer unguten Entwicklung entgegenwirke.

Dennoch möchte man seitens der Stadt das Projekt nicht nur für die Planie verstanden wissen, unterstreicht Bürgermeister Norbert Seidl. Das Angebot gelte gleichermaßen für Jugendliche in ganz Puchheim, auch in Pucheim-Ort. Jens Tönjes, der Geschäftsleiter der Stadt Puchheim, ergänzt, dass von der Jugendhilfe vor Ort alle Einwohner profitieren, speziell die jungen. "Ich verspreche mir viel davon", sagt Seidl, etwa "dass die Kinder dieser Kinder etwas bessere Chancen haben" und auch, "dass weniger Jugendliche schlägern, rauchen, klauen".

Mit der Evaluation des Projekts ist die Katholische Stiftungshochschule München beauftragt. Wie Andreas Kirchner ausführte, sollen unter anderem Wirkungen auf die Familien untersucht werden. Nach eineinhalb Jahren, der Hälfte der Laufzeit, soll eine erste Bilanz gezogen und dann entschieden werden, wie es weitergeht. Die Kosten für den Landkreis liegen bei etwa 150 000 Euro jährlich, die Stadt Puchheim trägt die Kosten für die Büroräume in der Boschstraße.

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