Sinkende Zahlen:Schulen suchen Schüler

Erst hat der Landkreis neue Lehrstätten gebaut, nun muss er für seine Bildungseinrichtungen werben. Über ein Problem, das Landwirtschaftsschule und die neue FOS in Germering gleichermaßen trifft

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Zu wenige Schüler in der Landwirtschaftsschule, zu wenige Schüler an der Fachoberschule in Germering: Jahrelang hatte der Landkreis Fürstenfeldbruck das Problem, dass sich seine weiterführenden Schulen vor Nachfrage kaum retten konnten. Nun stellt sich auf einmal das gegenteilige Problem ein: Schülerinnen und Schüler fehlen. Wie also kann man solche akquirieren? Über diese Frage grübeln derzeit auch die Kreisräte.

An der Landwirtschaftsschule im Fürstenfeldbrucker Stadtteil Puch gingen die Schülerzahlen zuletzt so dramatisch zurück, dass das neue Schuljahr nur mit einer Sondererlaubnis starten konnte. Von der Gründung einer Arbeitsgruppe, die einem Antrag von ÖDP-Kreisrat Max Keil zufolge Ideen für eine Attraktivitätsoffensive sammeln solle, will man allerdings zunächst absehen, da das Problem sinkender Schülerzahlen auch an anderen Landwirtschaftsschulen in Bayern virulent geworden war und seither sogar das bayerische Landwirtschaftsministerium beschäftigt. "Die allgemeine Stimmung in der Landwirtschaft ist schlecht", mutmaßte Landwirtschaftsschulleiterin Marianne Heidner in der Sitzung des für Schulfragen zuständigen Kreiskulturausschusses über die Gründe. Die Kreisräte wollen nun abwarten, welche Maßnahmen von ministerieller Seite vorgeschlagen werden, ehe sie selbst aktiv werden wollen.

Auch an der Fachoberschule (FOS) in Germering blieben die Schülerzahlen unter den Erwartungen. Dabei war die Schule vor zwei Jahren eigens gegründet worden, um die überlaufene FOS in Fürstenfeldbruck zu entlasten. Der Versuch, Schüler nach Germering zu bewegen, brachte aber nur überschaubaren Erfolg. So werden derzeit 996 Schüler an der Brucker FOS (plus 167 Schüler an der Berufsoberschule) unterrichtet, in Germering sind es nur 255 und damit 16 weniger als im Vorjahr. Auch einen Technik-Zweig wird es in Germering vorerst nicht geben, weil die notwendige Mindestzahl für zwei Klassen bei der Probeeinschreibung verfehlt wurde.

Sinkende Zahlen: An der Landwirtschaftsschule in Puch konnte das neue Schuljahr nur mit einer Sondererlaubnis starten.

An der Landwirtschaftsschule in Puch konnte das neue Schuljahr nur mit einer Sondererlaubnis starten.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die CSU-Fraktion brachte nun die Idee vor, die Nähe zum Grünen Zentrum zu nutzen, um den beiden Fachoberschulen im Landkreis den zusätzlichen Ausbildungsschwerpunkt Agrarwirtschaft, Bio- und Umwelttechnologie zu verschaffen. Dies sei "ein aufstrebender Zweig", betonte CSU-Kreisrat Andreas Lohde in der Ausschusssitzung, und in der Region "noch nicht so stark verankert", weil er bislang nur in Weilheim, Neusäß bei Augsburg und Karlsfeld angeboten werde. "Das wäre eine Möglichkeit, unsere Fachoberschulen zu stärken." Dabei steht das Interesse an ökologischen Fragestellungen und Technologien in den Bereichen Ernährung, Gartenbau, Landwirtschaft und Forsten im Fokus, konkretisiert Lohde in einer nachgereichten Presseerklärung. Die Nähe zum Grünen Zentrum könne eine "fantastische Spielwiese für Praktikumsangebote sein", fuhr er in der Sitzung fort. Eine Vorstellung, die auch Klaus Wollenberg gefiel: Dort auszubilden, könnte der wirtschaftlichen und betrieblichen Struktur im Landkreis helfen, sagte der FDP-Kreisrat.

Auch für die Landwirtschaftsschule, die mit Vollzeitunterricht im ersten und dritten Semester und einem Praktikum im zweiten Semester geführt wird, wird wegen geringer Anmeldezahlen nach einer Lösung gesucht. Zuletzt wollten gerade mal zwölf Schüler das erste Semester beginnen. Damit ein Lehrgang zustande kommt, sind mindestens 16 Anmeldungen notwendig, ausnahmsweise reichen auch 14. Auch in den zurückliegenden Jahren war der Andrang mit 14 bis 17 Erstsemestern überschaubar gewesen. Insgesamt werden derzeit 51 Studierende an der Landwirtschaftsschule geführt, 22 davon belegen einen anderthalbjährigen Teilzeitlehrgang in Hauswirtschaft. Die Landwirtschaftsschule wurde 2011 im damals neu geschaffenen Grünen Zentrum in Puch errichtet. Der Landkreis gab dafür vier Millionen Euro aus und erhielt Fördergelder aus dem Konjunkturpaket II. Das Grüne Zentrum vervollständigen das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), die Versuchsstation der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, der Bayerische Bauernverband (BBV), der Maschinen- und Betriebshilfering Fürstenfeldbruck, die Waldbesitzervereinigung Fürstenfeldbruck und der Landschaftspflegeverband. Schulleiterin Heidner verwies noch darauf, dass Agrarthemen und Landwirtschaft an anderer Stelle sehr wohl gefragt seien. So seien das Fortbildungszentrum in Landsberg oder die Landwirtschaftlichen Lehranstalten im fränkischen Triesdorf "total voll", als technische Schulen seien diese offenbar beliebter, vermutete sie.

Sinkende Zahlen: Auch an der Fachoberschule in Germering geht die Schülerzahl zurück.

Auch an der Fachoberschule in Germering geht die Schülerzahl zurück.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

UBV-Kreisrat Klaus Quinten wollte gleich auch noch mit der in Teilen bereits fertigen neuen Brucker Berufsschule werben. Sie habe eine hohe Ausstattungsqualität und könne bei Eltern und jungen Leuten vorhandene Prestigebedenken zerstreuen, wonach die berufliche Ausbildung weniger wert sei als eine akademische. Insofern kommt Quinten, dem pensionierten Gymnasiallehrer, durchaus entgegen, dass der Landkreis geringere Übertrittsquoten auf Gymnasium (44 Prozent) und Realschule (28 Prozent) präsentierte. Die Zahlen liegen mittlerweile deutlich unter den Spitzenwerten der Jahre 2007 bis 2011 - trotz Rückkehr zum G 9. "Wenn's ein Trend ist, dann ist es erfreulich", befand Quinten. Übertritte würden "zu einem erheblichen Teil nicht aus Sachgründen, sondern aus Prestigegründen" erfolgen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: