Seehofer in Gröbenzell:Leere Stühle, braver Applaus

Der Wahlkampfauftritt von Horst Seehofer in Gröbenzell fällt weniger rauschend aus, als sich dies der gastgebende CSU-Ortsverband erhofft hatte. Zudem kommt es zum Eklat mit Bürgermeister Rubenbauer.

Von Gerhard Eisenkolb und Stefan Salger

Der Wahlkampfauftritt von Horst Seehofer am Montagabend in Gröbenzell beginnt mit einem Rätsel. Der große Ansturm der Interessenten bleibt aus. Weit mehr als ein Drittel der 320 Stühle sind unbesetzt, als der Ministerpräsident, umringt von einem Tross der CSU-Landkreisprominenz, in die Wildmooshalle einzieht. Die Stimmung im Saal ist höchstens lauwarm. In den halb leeren Reihen bleiben die Zuhörer brav sitzen.

Als Seehofer am 9. Januar im Kurfürstensaal in Fürstenfeld seinen großen Auftritt hatte, standen die Gäste schon beim fulminanten Einzug zu den Klängen des Erzherzog-Albrecht-Marsches einer Blaskapelle auf und applaudierten.

Groebenzell: HORST SEEHOFER besucht Breitenfellner

Höhepunkt im CSU-Wahlkampf: Horst Seehofer (2. von links) besucht Gröbenzell. Empfangen wird er von (von links) Reinhold Bocklet, Thomas Breitenfellner und Eike Götz.

(Foto: Johannes Simon)

In Gröbenzell sollen es die Rolling Stones mit "Start me up" richten. Der Song ist flotter als ein altbackener Marsch, aber der Funke springt nicht über. So bleibt es fast den ganzen Abend, es gibt verhaltenen Pflichtapplaus. Die CSU funktioniert einfach anders, sie braucht offenbar ihre eingeübten Rituale. In Fürstenfeld schafften es die Gastgeber, eine Bierzelt-Hochstimmung zu wecken, vor und nach den Reden wurden Getränke gereicht.

In Gröbenzell lässt man sich nicht mitreißen, man bleibt nüchtern und kommt, um einmal mitzuerleben, wie der Seehofer so ist. Obwohl die Leute nachher durchaus zufrieden sind mit dem "Profi" aus der Staatskanzlei, lassen sie sich das wenig anmerken.

Auf der leeren Tribüne verfolgen zwei Mitarbeiter der Rathausverwaltung und einige Polizisten das Geschehen. Eigentlich hätten sich nach den Vorstellungen des CSU-Ortsverbands hier mindestens 160 begeisterte Seehoferanhänger wie in der Fankurve eines Fußballklubs drängeln sollen. Und es wurde tagelang im CSU-Vorstand und im Rathaus erbittert um jeden Galeriestehplatz gekämpft.

Bürgermeister Dieter Rubenbauer (CSU) pochte als Hausherr auf Einhaltung der üblichen Sicherheits- und Brandschutzstandards. Und es wurde auch viel über die Statik gesprochen und über Horrorszenarien wie jene, die Brüstung der Galerie könne unter der Last der Zuhörer einstürzen.

Das alles war überflüssig. In Wahlkämpfen halten normalerweise auch zerstrittene CSU-Ortsverbände eisern zusammen. Nicht so in Gröbenzell. Hier spaltet der Zwist um den von der eigenen Partei abgesägten Bürgermeister der CSU den Ortsverband. Auch das bekommt Seehofer, der in seiner Rede später das Loblied auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt anstimmt, schon im Foyer zu spüren.

Hier stellt sich ihm trotzig selbstbewusst der CSU-Bürgermeister und stellvertretende CSU-Kreisvorsitzende Dieter Rubenbauer mit Amtskette in den Weg, um den Gast als Gemeindeoberhaupt in amtlicher Funktion zu begrüßen. Eben so, wie es sich für einen Bürgermeister gehört. Der Wortwechsel endet vielsagend: "Gutes Gelingen, ich darf mich ausklinken", so der Bürgermeister. "Danke, dass Sie sich die Mühe gemacht haben", antwortet der bayerische Ministerpräsident und geht Richtung Saal. Der Bürgermeister hingegen verlässt das Freizeitzentrum - weil er offiziell nicht eingeladen worden sei.

Nicht eingeladen? Der CSU-Bürgermeisterkandidat Thomas Breitenfellner widerspricht Rubenbauer einen Tag später. Er sagt, Rubenbauer sei, ebenso wie alle CSU-Mitglieder, am 18. Januar und erneut am 16. Februar per E- Mail über den Termin informiert worden. Am 13. Februar habe der CSU-Ortsvorsitzende ihn dann angerufen - ebenso wie Landrat Thomas Karmasin und den Landtagsabgeordneten Reinhold Bocklet. Rubenbauer sei gefragt worden, ob er allein oder in Begleitung komme. Es seien Plätze in der ersten Reihe angeboten worden.

Rubenbauer bleibt bei seiner Version. Er sei "als Bürgermeister" nicht eingeladen worden. Mit der CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt habe er am Dienstag telefonisch vereinbart, Seehofer im Foyer zu begrüßen, weil alles andere als Affront gegen den Ministerpräsidenten hätte verstanden werden können. Am Freitag habe er mit Karmasin über die Sache gesprochen, anschließend dem CSU-Ortsvorsitzenden Thomas Eichler mitgeteilt, dass er keine Plätze benötige.

Von all dem lässt sich im Saal niemand etwas anmerken. Seehofer bezeichnet seinen Auftritt als "Höhepunkt" des Montags. Er tritt als Kenner der Gartenstadt auf und berichtet, schon in seiner Kindheit seien aus Gröbenzell gute und gefürchtete Fußballer gekommen. Und er lobt die Gemeinde über den grünen Klee: "Es ist ein Glück, in Bayern zu leben und in Gröbenzell zu Hause zu sein." Breitenfellner lobt Seehofer als Profiteur des guten Bildungssystems in Bayern. Landrat Karmasin verspricht der Ministerpräsident, er werde sich persönlich um den Vorschlag des Brucker Kreistags kümmern, eine zusätzliche Express-S-Bahn zwischen Fürstenfeldbruck und dem Hauptbahnhof in München auf den Gleisen der S 4 pendeln zu lassen.

Dies greift Karmasin in seiner Rede auf. Er erinnert an ein drei- bis vierstündiges Gespräch in der Staatskanzlei mit Seehofer zur zweiten Stammstrecke und zum Ausbau der S 4. In anderen Bundesländern würden solche Treffen von Ministerpräsidenten mit Landräten wie Amtsleitergesprächen eines Chefs mit Untergebenen geführt. Widerspruch sei nicht zugelassen.

In Anspielung darauf, dass seine politischen Gegner keine ernst zu nehmenden Wahlkampfthemen gefunden hätten, zeigt sich Karmasin bezüglich seiner vierten Landratskandidatur optimistisch. "Ich habe keine dramatischen Ängste, meinen Vertrag zu verlängern", sagt er. Als er dies bekennt, stehen allerdings schon viele auf und verlassen den Saal.

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