Schutz der Grünflächen:Tritt auf die Bremse

Maisachs Bürgermeister sieht Ortsentwicklung an einem Wendepunkt

Von Erich C. Setzwein, Maisach

Die rasante Entwicklung der Gemeinde Maisach könnte sich bald deutlich verlangsamen. Einen ersten Bremsversuch hat Maisachs Bürgermeister Hans Seidl (CSU) am Donnerstagabend unternommen, als er im Gemeinderat seine Ideen zum Erhalt der Grünstruktur im Ort vorstellte. Dabei ging es nicht allein darum, bei jedem Neubau einen bestimmten Anteil für Grünflächen festzusetzen, sondern im Wesentlichen um die künftige Ausrichtung als Standort für Wohnen und Wirtschaft im Münchner Umland.

"Wir sind an einem Wendepunkt angekommen", fasste Hans Seidl seine Beobachtungen der vergangenen Jahre zusammen. Denn nicht allein der Klimawandel werde sich auswirken, auch durch den sich abzeichnenden starken Strukturwandel in der Landwirtschaft werde Maisach "eine große Veränderung erleben". Seidl geht es um Klima- und Artenschutz im Allgemeinen und das Zusammenleben im Speziellen. "Welchen Ort wollen wir in Maisach haben?", fragte er.

Wie es in der Gemeinde weitergeht, ob noch weitere Bauflächen ausgewiesen und noch mehr Verdichtung zugelassen werden sollen - das könnte das beherrschende Thema des Kommunalwahlkampfes werden. Denn auch die designierte Bürgermeisterkandidatin der Grünen, Christine Wunderl, sieht die bisherige Entwicklung kritisch. Sie, wie auch der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Gottfried Obermair, unterstützten Seidls Vorstoß für den Erhalt von Grünflächen. Doch wollte Obermair die von Bürgermeister Seidl nur für den Ort Maisach selbst geforderte Grünstruktur in allen Ortsteilen einführen. Eine Entscheidung fiel im Gemeinderat noch nicht, weil die Verwaltung zunächst Seidls Forderungen prüfen muss und die Änderungswünsche aus dem Gemeinderat in einen neuen Antrag einarbeiten soll.

Dass weiterhin Menschen nach Maisach und in seine vielen Ortsteile ziehen werden, dass sich Firmen wegen der günstigen Standortbedingungen in der Gemeinde niederlassen werden, daran besteht in der Maisacher Kommunalpolitik kein Zweifel. Es geht den Parteien und den gewählten Vertretern nicht um das Ob, sondern um das Wie. Das haben sowohl Seidl als auch die Gemeinderäte spätestens seit der Planung von Wohnungen im Ortsteil Stefansberg im vergangenen Jahr deutlich gemacht.

Seitdem ist in dem noch ein knappes Jahr amtierenden Gremium klar, dass der immer teurer werdende Baugrund zu einer Veränderung des dörflichen Charakters der kleineren Ortsteile führen würde, wenn nicht mit planerischen Mitteln gegengesteuert wird. Also, wie in Stefansberg beispielhaft, kein reines Wohngebiet in der Ortsmitte zuzulassen, wo einmal bäuerliches Leben war, sondern ein Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe fördern. Das würde aber auch bedeuten, dass die Bevölkerungsentwicklung nicht mehr so steigt und sich nicht mehr so viele Firmen ansiedeln wie in den vergangenen Jahren.

In den Ortsteilen außerhalb von Maisach und Gernlinden sieht der Bürgermeister noch nicht die Entwicklung, die Maisach und Gernlinden genommen haben. Denn im Vergleich zu Germerswang, Malching und Rottbach, wo die Bevölkerung jedes Jahr um etwa 0,2 Prozent wächst, sind Maisach und vor allem Gernlinden bei einem Wachstum von zwei bis zweieinhalb Prozent. Das ist Seidl definitiv zu viel. Er habe den Eindruck, sagte Seidl am Donnerstagabend, dass sich mit der Verdichtung in den großen Ortsteilen auch das Klima, die Stimmung im Ort ändere. "Das kann ich persönlich nicht mehr verantworten", sagte er.

Am Ende jedes Jahres schaue er sich in der Gemeinde um, was von dem, was im Gemeinderat beschlossen worden ist, umgesetzt ist. Er hat dabei festgestellt, dass sich viele Leute nicht daran gehalten hätten, Bäume und Sträucher zu pflanzen, wie es die Baugenehmigung zur Auflage mache. Obwohl in Gernlinden stärker verdichtet werde als in Maisach, regle eine Baumschutzverordnung, dass nachgepflanzt werden müsse, was für den Neu- oder Umbau geopfert worden sei. "In Maisach passiert nichts", regte sich Seidl auf. "Wir sollten nicht nur das Wenige erhalten, wir müssen mehr tun."

Dabei, findet er, reiche es nicht, dass die Gemeinde Grünflächen erhalte oder neu anlege. Seidl sprach von "gesamtgesellschaftlichen Maßnahmen", die auch für Privatgrundstücke gelten müssten. Dabei habe es der Gemeinderat in der Hand, in den Bebauungsplänen "Freiräume für öffentliches Grün zu schaffen" und für Privatgrundstücke Auflagen zu machen, sagte der Bürgermeister.

Eine solche ist unter anderem die für ein neues Baugebiet in Maisach geltende Vorschrift, keine Zierkiesflächen anzulegen. Und auch die von Gartenbesitzern so geschätzten, aber für die Artenvielfalt ungeeigneten Thujen dürfen dort nicht gepflanzt werden.

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