Schulen:Mittelschulen in Gefahr

Gröbenzell hat bereits dicht gemacht, Günzlhofen schließt zum Ende des Schuljahres. Auch in Eichenau und Emmering ist nicht sicher, ob die Schulform auf Dauer überleben wird

Von Heike A. Batzer

Stirbt die Mittelschule im Landkreis einen langsamen Tod? Nach der Mittelschule Gröbenzell, die es schon seit einem Jahr nicht mehr gibt, und der in Günzlhofen, die zum Ende des laufenden Schuljahres dicht macht, ist auch die Existenz der Mittelschulen in Eichenau und Emmering in Gefahr. "Wir werden den einen oder anderen Standort vermutlich nicht mehr halten können", sagt Karl Hans Grünauer, Leiter des Schulamtes Fürstenfeldbruck. Die Schüler am Wohnort zu unterrichten, werde in Zukunft nicht immer möglich sein.

Damit setzt sich eine Entwicklung fort, die Kritiker des dreigliedrigen Schulsystems befürchtet hatten. Vor wenigen Jahren waren die Hauptschulen zu Mittelschulen umgewandelt und zu Schulverbünden zusammengeschlossen worden. Dennoch mussten im Landkreis seither mit Gröbenzell und Günzlhofen schon zwei Standorte mangels Schülern aufgegeben werden. Die Landtags-SPD hatte kürzlich 163 Standorte in ganz Bayern als von Schließung gefährdet bezeichnet.

An der Starzelbachschule in Eichenau wird es im kommenden Schuljahr zwar noch eine fünfte Klasse geben, allerdings nur, weil drei Viertel der Schüler aus Puchheim die Klasse auffüllen. Nur acht Eichenauer Kinder wechseln vom Herbst an in die fünfte Klasse der Mittelschule. Die Bürgermeister der beteiligten Gemeinden hatten sich bereits die Frage gestellt, "inwieweit eine fünfte Klasse in Eichenau Sinn macht, wenn mehr Puchheimer Schüler dort sind als Eichenauer", sagt Eichenaus Bürgermeister Hubert Jung (CSU). Zumal es in seiner Gemeinde traditionell hohe Übertrittsquoten gebe. Einmal seien es sogar 92 Prozent gewesen. Auch zu Zeiten, als die Starzelbachschule noch Hauptschule hieß, hatte es Jahre gegeben, in denen die Schule nicht durchgängig von der fünften bis zur neunten Klasse geführt werden konnte.

Die Gemeinde Eichenau würde ihren Mittelschulstandort gerne erhalten, auch, weil es keine weiterführende Schule am Ort gibt. "Wir haben sehr darum gekämpft", sagt Jung. In Puchheim wiederum ist man ganz froh darum, Kinder auch nach Eichenau schicken zu können. Denn: "Unsere Mittelschule ist komplett ausgelastet", sagt Bürgermeister Norbert Seidl (SPD). Auch die künftige sechste und die neunte Klasse in Eichenau haben nur jeweils 15 Kinder und liegen damit gerade so über der Mindestklassenstärke, die für Grundschulen bei 13 Kindern liegt , die für Mittelschulen laut Grünauer aber nicht explizit gilt. Dort sollen innerhalb der Schulverbünde Lösungen gefunden werden.

Auch in Emmering wechseln immer weniger Kinder nach der vierten Klasse auf die Mittelschule. Vor kurzem war eine fünfte Klasse gar nicht erst zustande gekommen, im neuen Schuljahr wird sie nur aus 16 Schülern bestehen. "Das trägt sich gerade noch", sagt Grünauer. Eine siebte und achte Klasse wird es in Emmering von Herbst an nicht geben. Die Emmeringer Schule ist damit eine sogenannte "Zahnlückenschule": Es fehlen ihr einige Jahrgänge. Andererseits hat Grünauer beobachtet, dass sich die Mittelschulen in den höheren Jahrgangsstufen wieder füllten, weil Schüler aus den Realschulen und Gymnasien zurückkehrten. Allein an den beiden Mittelschulen in Fürstenfeldbruck seien das binnen eines Schuljahres 30 bis 40 Kinder gewesen, erzählt der Schulamtsleiter.

Dabei wurde in die Mittelschulen im Landkreis zuletzt viel investiert. Viele Schulgebäude wurden saniert, auch in Emmering. Die Gemeinde wechselte auch den Schulverbund und gehört jetzt zu Fürstenfeldbruck. Alles Maßnahmen, "um den Standort zu stabilisieren", sagt Bürgermeister Michael Schanderl (FW).

Die Renovierungsmaßnahmen und die "gute Pädagogik in kleinen Klassen" hätten dazu beigetragen, dass sich die Wahrnehmung der Mittelschulen schon ein wenig ändere, sagt Grünauer und verweist auf die Möglichkeit, auch an der Mittelschule den mittleren Bildungsabschluss erwerben zu können, und auf das gut ausgebaute Ganztagsangebot an den Mittelschulen. Im laufenden Schuljahr hatten die Mittelschulen im Landkreis, von denen es künftig noch elf geben wird, sogar einen Anstieg der Schülerzahlen gemeldet. 2014/15 werden es insgesamt 2658 Mittelschülerinnen und -schüler sein, das sind 32 Kinder weniger als im Jahr zuvor. Grünauer aber geht davon aus, dass die Zahl der Rückkehrer dies im Laufe des Schuljahres ausgleichen werde. Insgesamt werden 135 Mittelschulklassen gebildet, das sind sogar fünf mehr als 2013. Der Klassendurchschnitt sinkt damit auf 20 Schüler.

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) war in einer Studie zur Zukunft der wohnortnahen Schule zu der Erkenntnis gelangt, dass bis 2030 im Landkreis Fürstenfeldbruck zwei Drittel aller Mittelschulen vor dem Aus stehen werden. Für den Puchheimer Bürgermeister und ehemaligen Hauptschullehrer Norbert Seidl ist deshalb die Zusammenlegung von Haupt- und Realschule "die für alle Seiten beste Lösung". Da die Kinder derzeit in die Realschulen drängten und nicht in die Mittelschulen, wird sich der Landkreis laut Seidl irgendwann Gedanken machen müssen, ob die bislang vier Realschulen dafür ausreichen.

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