Schule:Maisacher Pilotprojekt

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Orlando-di-Lasso-Realschule spezialisiert sich als erste in Bayern auf gemeinsamen Unterricht mit schwer Hörgeschädigten

Von Gerhard Eisenkolb, Maisach

Wollen künftig weiterführende Schulen in Bayern erreichen, dass an ihrem Unterricht auch stark gehörgeschädigte Schüler teilnehmen, können sie sich mit dem Beginn des Schuljahres 2017/2018 am Vorbild der Orlando-die-Lasso-Realschule in Maisach orientieren. Diese ist vom Herbst an die erste weiterführende Schule in Bayern mit einem Spezialangebot für Gehörgeschädigte. Im Rahmen der Inklusion, also des gemeinsamen Unterrichts von Menschen mit und ohne eine Behinderung, sollen dort gezielt Gehörgeschädigte aufgenommen werden. Für Gehörlose oder Taubstumme gilt dieses Angebot jedoch nicht, sie müssen weiterhin eine Förderschule besuchen.

Dass die Wahl des bayerischen Schulministeriums für dieses sogenannte Leuchtturm- oder Pilotprojekt auf die Orlando-di-Lasso-Realschule fiel, ist kein Zufall. Ist doch deren designierte Schulleiterin Doris Lux, die dort zum 1. August ihren Dienst antritt, eine Expertin für Inklusion. Lux ist zurzeit noch im Kompetenzteam von Ernst Fischer, dem Ministerialbeauftragten für die Realschulen in Oberbayern West, als dessen Stellvertreterin für Inklusionsprojekte zuständig. Behinderte nehmen ja schon seit längerem an Schulen im Landkreis am normalen Unterricht teil. Neu ist jedoch die Spezialisierung auf ganz bestimmte Handicaps. Für Gehörlose gelten schon jetzt die Voraussetzungen an der Maisacher Schule als sehr gut. Sie ist laut Fischer so gut gebaut, dass die akustischen Bedingungen für den gemeinsamen Unterricht mit Schwerhörigen passen. Solche Menschen sind nämlich auf eine besonders ruhige Atmosphäre angewiesen. Daher ist der entscheidende Aspekt, damit auch Gehörgeschädigte dem Lehrer und damit dem Unterricht folgen können, die Schalldämmung. Nur wenn es keine oder kaum noch Nebengeräusche gibt, sind für sie Lehrer und Mitschüler gut zu verstehen. Zudem erhalten Pädagogen und gegebenenfalls auch Mitschüler Mikrofone, die deren Worte auf einen Empfänger im Ohr der Schwerhörigen übertragen.

Ganz ohne Umbauten geht es trotzdem nicht. So sollen bis zum Herbst vorerst vier Klassenzimmer zusätzlich gedämmt und zudem ein Silentiumraum, also ein Raum der Stille als Rückzugsort für Schwerhörige, eingerichtet werden. Für diese Kosten muss der Landkreis als Sachaufwandsträger aufkommen. Wie Landrat Thomas Karmasin (CSU) am Montag bei einer Pressekonferenz mit Doris Lux und Ernst Fischer im Landratsamt betonte, leiste der Landkreis diesen seinen Beitrag gerne. Mit Hinweis auf den kürzlich vorgelegten Plan zur Umsetzung der Inklusion im Landkreis sagte Karmasin, seine Behörde wolle nicht nur Bücher schreiben, sondern auch etwas machen. Die künftige Leiterin der Realschule hob besonders hervor, dass von einer solchen Inklusionsmaßnahme nicht nur die Betroffenen, sondern alle Beteiligten profitierten, also auch deren Mitschüler und die Lehrer. Schüler lernten Rücksicht zu nehmen und den störenden Lärm zu reduzieren. Zudem wird in kleinen Klassen unterrichtet, was allen helfe. Fürs nächste Schuljahr sind bisher zwei schwer Hörbehinderte angemeldet. Es könnten mehr werden, wenn publik wird, dass es dieses Angebot im Landkreis gibt. "Wer sich umentscheidet, wird jederzeit genommen", beteuerte Doris Lux. Bei Fortbildungsmaßnahmen wurden die Lehrer gezielt auf die neue Herausforderung vorbereitet. "Offen, miteinander und zukunftsorientiert" so lautet das Leitbild der Orlando-di-Lasso-Realschule. Mit diesem Leitbild sei, so Doris Lux, die Basis für Inklusion gelegt. Um den Zuschlag zu bekommen, musste sich die Schule zuvor bewerben.

© SZ vom 11.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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