Bildung in Puchheim:Wo es beim digitalen Unterricht noch hakt

Bildung in Puchheim: Mehr Tempo bei der Digitalisierung der Schulen, das wollen Peter Münster (von links), Sven Clement, Ulrich Bode, Britta Hundesrügge, Joe Plakinger und Thomas Georg.

Mehr Tempo bei der Digitalisierung der Schulen, das wollen Peter Münster (von links), Sven Clement, Ulrich Bode, Britta Hundesrügge, Joe Plakinger und Thomas Georg.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Wandel hin zu modernen Lehrmethoden scheitert oft schon an den technischen Voraussetzungen, wie Elternbeiräte und ein ehemaliger Schüler bei einer Podiumsdiskussion der Kreis-FDP berichten.

Von Ariane Lindenbach, Puchheim

Morgens um acht Uhr in Deutschland: Wenn in Bayern zur gleichen Zeit die 1,64 Millionen Schüler des Freistaats für ihren digitalen Unterricht online gehen würden, so befürchtet Britta Hundesrügge (FDP), dass die Leitungen überlastet und die Verbindungen nicht mehr funktionieren würden. Bei der Podiumsdiskussion "Digitale Schule FFB" in Puchheim, veranstaltet von der Kreis-FDP, äußerte die stellvertretende Landrätin des Landkreises Starnberg am Donnerstagabend ihre Bedenken. Untermauert wurden sie von Berichten von zwei Elternbeiräten und dem Eichenauer Bürgermeister Peter Münster und Ulrich Bode, Referent für Digitalisierung, Informationstechnologie und Medien im Kreistag, sowie Direktkandidat bei den Landtagswahlen. Bei dem etwa zweistündigen Austausch kam aber auch Positives zur Sprache. Das Homeschooling während der Pandemie etwa lief nach den Berichten der Betroffenen überraschend positiv.

"Wir brauchen mehr Tempo", fordert Hundesrügge. Sie berichtet, dass eines ihrer Kinder vor zehn Jahren zum Schüleraustausch in Kanada war und man dort schon damals bei der die Digitalisierung der Schulen weiter war, als es heute in Deutschland der Fall ist. Die Politikerin, die sich schon lang für Schulen und Digitalisierung engagiert, fragt Thomas Georg nach seinem Eindruck hinsichtlich der digitalen Kompetenz in der Lehrerschaft. "Ja, wir haben viele Lehrer, die leider im digitalen Bereich nicht so kompetent sind", erwidert der ehemalige Schülersprecher, der im Vorjahr seinen Abschluss an der Realschule gemacht hat. Er nennt ein Beispiel aus dem ersten Lockdown. Ein Lehrer habe drei Monate lang zuverlässig den Unterricht beendet, wenn sie ihm nach fünf Minuten im digitalen Chat erklärt hätten, dass sie ihn jetzt nicht mehr hören würden. Es habe drei Monate gedauert, bis er dahinter gekommen sei, dass das nicht stimmen könne.

Ein Vater berichtet von positiven wie negativen Erfahrungen

Doch es gab auch positive Erlebnisse. So erzählt es Joe Plakinger, dessen Tochter damals noch in die Grundschule ging. Plakinger war dort Elternbeirat. Relativ bald habe man mit dem Homeschooling begonnen, der Tochter kauften sie dafür ein eigenes Gerät für 300 Euro. "Es hat erstaunlich gut funktioniert", berichtet er. Die Klasse habe sich jeweils in kleineren Grüppchen von sechs, sieben Schülern mit der Lehrkraft virtuell getroffen. " Die Kinder sind dann teilweise im Chat geblieben und haben zusammen Hausaufgaben gemacht." Überhaupt sei er positiv überrascht, wie viele neue Dinge seine Tochter durch das Internet und die Digitalisierung lerne.

Technisch räumt Plaklinger aber auch Schwierigkeiten ein: "Wir hatten auch Verbindungsprobleme". Die hat auch Sven Clement, Elternbeirat am Gymnasium Puchheim, erlebt. Von Hundesrügge nach seinen Erfahrungen hinsichtlich dem Ausdruck von Arbeitsblättern im PDF Format gefragt, sagt er: "Die PDF-Bearbeitung ging immer besser, eher ein Problem war, dass wir nicht von der Schule aus arbeiten konnten." Da das Netz die Leistung nicht habe, hätten die Lehrkräfte den Unterricht für das Homeschooling von zu Hause aus halten müssen.

Münster wünscht sich, dass Bund und Länder einfach das nötige Geld bereitstellen

"Die Breitbandversorgung ist durchaus verbesserungswürdig", erklärt Peter Münster. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Vereins Digitale Schule FFB und mit einer Lehrerin verheiratet. Wie er berichtet, wurde der Verein auf Druck vieler unzufriedener Eltern 2022 gegründet und hat inzwischen vier Mitarbeiter. Ziel sei eine einheitliche digitale Infrastruktur für die Schulen im Landkreis - von einer stabilen, schnellen Glasfaserleitung, die die Daten zuverlässig übermittelt, über die Geräte bis zur Lernsoftware. Aber dahin ist es Münster zufolge noch ein weiter Weg. "Es wird noch etliche Jahre dauern, bis wir alle durch haben", schätzt er. Zunächst habe man sich einen Überblick über den Status Quo verschafft. Demnach verfügen zwei Drittel der Schulen über eine ausreichende Anbindung an das Internet. Münster kritisiert die Unübersichtlichkeit in diesem Bereich. Aktuell gebe es sieben verschiedene Förderprogramme für die Digitalisierung der Schulen. Er würde sich schlicht wünschen, dass das notwendige Geld von Bund und Land bereitgestellt werden.

Aber wer soll dann das Geld bekommen? Die Kommunen, die für den Ausbau des Internet verantwortlich sind und als Sachaufwandsträger die Budgets an Grund und Mittelschulen vergeben? Die Schulen, die eigenverantwortlich die Digitalisierung umsetzen sollen? "Wir haben eine totale Aufteilung in der Geschichte", moniert Bode. Zu den verschiedenen Zuständigkeiten kämen noch zwei weitere Probleme: "Es ist strukturell schon das Problem, dass alles hier durch einen Flaschenhals muss: das Ministerium." Die Bürokratie verzögere jeden Schritt erheblich.

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