Schule:Abitur verliert an Anziehungskraft

42,6 Prozent der Viertklässler wechseln auf ein Gymnasium, das sind mehr als zehn Prozent weniger als zu Beginn des Jahrzehnts. Die Ursachen für den Rückgang sind unklar

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Die Anmeldezahlen für die Gymnasien im Landkreis gehen zurück. Die Übertrittsquote zum neuen Schuljahr beträgt 42,6 Prozent. Das sind vier Prozent weniger als im Vorjahr und die geringste Nachfrage der vergangenen zehn Jahre. Zu Anfang des Jahrzehnts wollten noch mehr als die Hälfte aller Viertklässlerinnen und Viertklässler auf ein Gymnasium wechseln, nun sind es mehr als zehn Prozent weniger. Nimmt man Gymnasien und Realschulen zusammen, dann wechseln 68,5 Prozent der Grundschüler auf eine weiterführende Schule. 2010/11 waren es noch 84,2 Prozent. Im Landratsamt rätselt man über die Gründe.

Noch sind die Angaben von 953 künftigen Gymnasiasten und 461 künftigen Realschülern vorläufig. In der Regel steigen sie noch ein wenig an, weil zum Beispiel Mittelschüler sich erst spät für einen Wechsel auf die Realschule entscheiden können. Zum Stichtag 1. Oktober, wenn das neue Schuljahr schon begonnen hat, werden die Zahlen endgültig erhoben.

Die Gymnasien kehrten im Herbst 2018 mit ihren fünften und sechsten Klassen zum G 9 zurück. Im neuen Schuljahr rückt das G 9 eine Altersstufe auf, dann werden auch die siebten Klassen nach dem Lehrplan des neunjährigen Gymnasiums unterrichtet. Inwieweit sich das auswirkt, sei aus den Anmeldezahlen noch nicht ablesbar, heißt es aus dem Landratsamt. Die Mitglieder des Kreiskulturausschusses, denen die Zahlen kürzlich vorgestellt wurden, nahmen diese ohne Gesprächsbedarf zur Kenntnis. Im bayernweiten Durchschnitt wechseln 39 Prozent der Grundschüler auf das Gymnasium und 28 Prozent auf die Realschule. Der Brucker UBV-Kreisrat Klaus Quinten, selbst pensionierter Lehrer, erneuerte in der folgenden Sitzung des Kreistags in anderem Zusammenhang seine Kritik an den immer noch hohen Übertrittszahlen. Sie schadeten vielen Schülern, weil das Gymnasium für sie nicht der geeignete Weg sei. Sie schadeten dem Bildungsauftrag der Gymnasien und sie schadeten auch dem gesellschaftlichen Auftrag. Quinten verwies dabei auch auf den Philosophen und Politikwissenschaftler Julian Nida-Rümelin. Dieser kritisiert die zunehmende Akademisierung.

An den Realschulen liegt der Landkreis Fürstenfeldbruck mit 25,9 Prozent unter dem bayerischen Mittelwert. Der Rückgang der Anmeldungen gegenüber dem Vorjahr beträgt anderthalb Prozent. Allerdings bedeutet dies auch, dass die geringere Übertrittsquote an den Gymnasien nicht zur mehr Andrang an den Realschulen geführt hat. Als Grund für den Rückgang sieht das Landratsamt deshalb auch die Realschule und das Gymnasium im neuen landkreisnahen Münchner Stadtteil Freiham. Beide Schulen nehmen im Herbst ihren Betrieb auf. Am Gymnasium Freiham, das von Thomas Schranner geleitet wird, dem ehemaligen stellvertretenden Schulleiter des Gymnasiums Olching, meldeten sich im ersten Anlauf gleich 173 Schüler an, das entspricht sieben Klassen. Darunter sind auch Schüler, die vormals Gymnasien im Landkreis Fürstenfeldbruck besuchten: in Germering, in Gröbenzell.

Die Gymnasien sind dennoch "mit Maximalauslastung belegt", heißt es in den Informationsunterlagen, die die Kreisverwaltung für die Ausschussmitglieder vorbereitet hatte. Mancherorts nehmen die sinkenden Eingangsschülerzahlen jedoch auch Druck raus. Im Vorjahr hatten sich 209 Fünftklässler am Gymnasium Gröbenzell angemeldet, deutlich mehr als an jedem anderen Gymnasium im Landkreis. Solche Zahlen hätte die Schule auf Dauer nicht verkraften können. Diesmal sind es bislang 141, die auf fünf fünfte Klassen verteilt werden. Es sei "ein Stück weit vorhersehbar" gewesen, sagt Gröbenzells Schulleiter Boris Hackl, denn an den Grundschulen gebe es heuer kleinere Jahrgänge. Weniger neue Schüler sind es auch am Carl-Spitzweg-Gymnasium Germering mit 113 Anmeldungen (Vorjahr 154) und am Viscardi-Gymnasium Fürstenfeldbruck mit 137 Anmeldungen (Vorjahr 170). Damit wollen zum neuen Schuljahr genau so viele Schülerinnen und Schüler an das Viscardi- wie an das Graf-Rasso-Gymnasium (136 Anmeldungen) gehen. Eine ungleiche Verteilung hatte dem Landkreis in der Vergangenheit Probleme bereitet, weil an der einen Schule die Räume ausgingen und an der anderen übrig waren. Leicht gestiegen sind die Anmeldezahlen am Germeringer Max-Born-Gymnasium sowie an den Gymnasien in Olching und Puchheim. Weil Puchheim wegen des noch andauernden Schulversuchs "Mittelstufe plus" ausgelastet ist, hat die Schule nun den Wunsch nach Erweiterung geäußert.

Von den vier Realschulen hat jene in Unterpfaffenhofen-Germering mit 72 Neuanmeldungen die wenigsten und den größten Rückgang zu verzeichnen. Im Vorjahr wurden dort noch 119 Fünftklässler unterrichtet. Dabei bietet die Schule im mittlerweile siebten Jahr auch gebundenen Ganztagsunterricht für Fünft- und Sechsklässler an. Die Ferdinand-von-Miller-Realschule in Fürstenfeldbruck kriegt ihre künftigen 110 Fünftklässler auch nur deshalb unter, weil weiterhin der sogenannte AOK-Pavillon mitbenutzt werden kann. An der Realschule Puchheim, die zusammen mit dem Gymnasium einen Schulcampus bildet, wurde nach der Anmeldung von 139 Fünftklässlern ebenfalls der Wunsch nach räumlichen Verbesserungen laut. Einzig die Orlando-di-Lasso-Realschule in Maisach ist großzügig untergebracht, weil sie auch in Räumen der Mittelschule unterrichtet.

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