Schrebergärten :Nachpflanzende Generation

Schrebergärten : Für Victoria (von links), Katharina, Alexander und Carola Selig ist die Arbeit in der eigenen Parzelle ein Familienprojekt. Seit vier Jahren arbeiten sie an ihrer grünen Oase im Olchinger Gewerbegebiet.

Für Victoria (von links), Katharina, Alexander und Carola Selig ist die Arbeit in der eigenen Parzelle ein Familienprojekt. Seit vier Jahren arbeiten sie an ihrer grünen Oase im Olchinger Gewerbegebiet.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Seit zwei Jahren können sich die Olchinger Gartenfreunde über eine Verjüngungskur bei den Kleingarten-Pächtern freuen. Mittlerweile übersteigt die Nachfrage das Angebot, ein Grund könnte die Pandemie sein

Von Katharina Knaut, Olching

Sogar am Vormittag herrscht am Gewerbegebiet am östlichen Rand Olchings reges Treiben. Lastwagen fahren Lieferungen zu den Betrieben, Autos stauen sich auf dem Weg zum Wertstoffhof. Dort liegt aber auch, verborgen hinter Sträuchern und Büschen, wie eine grüne Oase inmitten des hektischen Alltags, die Kleingartenanlage des Vereins der Garten- und Blumenfreunde. Von den Lastern und Autos ist kaum noch etwas zu hören. "Es ist höchstens ein Hintergrundrauschen", sagt Carola Selig. Die 38-Jährige sitzt mit ihrem Mann und ihren Kindern vor einer kleinen Laube, umgeben von Beeten, Sträuchern und einer kleinen Wiese. Hier, sagen sie und ihr Mann Alexander, haben sie einen Ort der Ruhe gefunden.

Damit ist die Familie Selig nicht allein. Jahrelang habe es in der Anlage kaum Fluktuation gegeben, erklärt Dieter Resselberger, zweiter Vorsitzender der Garten- und Blumenfreunde. Er verwaltet unter anderem die Vergabe der Grundstücke. Seit knapp zwei Jahren finde im Verein jedoch ein Generationenwechsel statt. Mehr als ein Dutzend der 69 Parzellen haben den Besitzer gewechselt. Hauptsächlich gingen sie an junge Familien. Resselberger und den ersten Vorsitzenden Peter Edmeier freut das sehr: "Sie nehmen am Gemeinschaftsleben teil und sind tragende Säulen bei Projekten." Der Verein, der bereits seit 1906 besteht, erlebe eine neue Dynamik.

Klaus Jurczek, Pressesprecher des Vereins, sieht in dem neu erwachten Interesse bei Familien ein Muster. "Oft sind die Eltern mit einem Garten aufgewachsen und haben bereits Vorerfahrung mit der Arbeit. Nun leben sie in einer Mietwohnung und wünschen sich wieder einen zurück."

Ähnlich verhielt es sich auch bei Familie Selig. Sowohl Alexander als auch Carola wuchsen mit Gärten auf. Auf ihrem Balkon in Olching bauten sie dann wieder Pflanzen an. "Solange bis es so grün war, dass kaum noch Licht ins Wohnzimmer schien", erzählt der 47-Jährige. 2016 bezogen sie schließlich eine Parzelle in der Anlage im Gewerbegebiet. Dort wachsen inzwischen vor allem Obst- und Gemüsepflanzen, von Gurken, Kartoffeln, Zwiebeln und Salat bis hin zu Erd- und Brombeersträucher sowie Apfel- und Kirschbäume. "Alles, was das Herz begehrt", fasst Carola Selig zusammen.

Zwischen März und Oktober fahren die Seligs jeden Tag in ihr kleines Paradies. Sie kümmern sich um die Pflanzen und sehen sich die Sterne an. "Der Große Wagen ist von hier aus gut zu erkennen", sagt die elfjährige Katharina. Sie und ihre sieben Jahre alte Schwester Victoria verbringen ebenso gerne Zeit im Garten wie ihre Eltern. Im Sommer nutzen sie die Parzelle hin und wieder für ein Zeltabenteuer. Außerdem helfen sie beim Einpflanzen der Samen, beim Gießen und bei der Ernte. Jede von ihnen hat auch einen eigenen Baum, den ihr Vater für sie gepflanzt hat. "Es ist ein gutes Gefühl, ein eigenes Stück Land zu haben, auf dem man etwas gestalten kann", sagt Alexander Selig. "Auch, wenn uns die Parzelle natürlich nicht wirklich gehört."

Der Verein hat den Grund der Anlage von der Stadt Olching gepachtet und verpachtet die einzelnen Grundstücke jeweils an seine Mitglieder unter. Im Gegenzug zahlen sie eine Gebühr von 150 Euro im Jahr und erklären sich bereit, bestimmte Regeln zu befolgen. So sollen die Gärten jeweils zu einem Drittel aus Laube, Freifläche und Anbau für die Eigenversorgung bestehen, erklärt der Vorsitzende Edmeier. Auch sollen die Pächter im Jahr zwölf Stunden Gemeinschaftsarbeiten einbringen, beispielsweise für die Pflege der Anlage außerhalb des eigenen Gartens oder im Engagement für Veranstaltungen.

Da die Kleingartenanlage eine Sparte des Vereins Garten- und Blumenfreunde ist, werden Parzellen nur an Vereinsmitglieder vergeben, die einen Wohnsitz in Olching haben. Die Warteliste ist derzeit lang. Vor allem in den letzten Monaten habe der Verein mehr Anfragen erhalten, als er erledigen könne, sagt Pressesprecher Jurczek. Bis wieder ein Garten frei wird, könne es dauern. Hinter dm jüngsten Ansturm vermutet er die Pandemie. "Die Leute können nicht weg und suchen nach Alternativen." Er selbst bewirtschaftet seine Parzelle seit beinahe 40 Jahren. Seine Frau habe sich schon immer einen Garten gewünscht, erzählt der 79-Jährige. Also setzte er sich ein, als der Verein 1974 beschloss, am östlichen Rand von Olching die Kleingärten zu errichten. "Ich habe mitgeholfen, aus der Bauschuttgrube die Anlage zu gestalten." 1984 konnte sie schließlich eingeweiht werden. Seine Parzelle legte Jurczek selbst an, sogar seine Laube baute er, wie die meisten hier, nach Angaben des Herstellers selbst: "Ich hatte ein Grundgerüst und eine Woche Urlaub." Bis heute pflegt er dort seine Pflanzen. Das größtes Glück bestehe für ihn darin, im Sommer unter dem Apfelbaum zu sitzen, ein kühles Getränk in Hand, und die Staumeldungen im Radio zu hören.

Auch Carola und Alexander Selig genießen vor allem die Ruhe, die sie im Garten erfahren. "Beim Unkraut jäten bekomme ich den Kopf frei, da habe ich Zeit für mich", sagt Alexander Selig. Vor allem nach der Arbeit sei die Zeit im Garten entspannend, stimmt Carola zu. "Wie Urlaub, nur ohne fliegen."

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