Überraschend ist die Vielseitigkeit. Ignatius Taschner war Bildhauer und Maler, Grafiker und Kunsthandwerker. Stilistisch orientierte er sich an der spätmittelalterlichen Schnitzkunst und an Albrecht Dürer, war zugleich ein Meister des Jugendstils und beherrschte die Formensprache des Neoklassizismus, wenn der Auftraggeber es erforderte. Obendrein war er ein Partylöwe, der Faschingsbälle in München mitgestaltete, wie die "Bauernkirta" der Künstler. Einen hervorragenden Überblick über Leben und Werk Taschners bietet eine Sonderausstellung im Jexhof-Museum, die heute Abend eröffnet wird.
Als erstes bekommt der Besucher ein Selbstporträt des Künstlers von 1899 zu sehen, der sich vergnügt lächelnd stilisierte. Denn nach schweren Anfangsjahren, in denen Taschner vor Münchner Kasernen um ein Kommißbrot bettelte, war ihm der Durchbruch gelungen. Seine Werke wurden in der Münchner und Berliner Secession sowie auf der Pariser Weltausstellung gezeigt. Im Hintergrund des Porträts ist ein Fries mit Faschingsmotiven zu sehen, darunter ein Mann mit einer mittelalterlich anmutenden roten Haube, ein Motiv, das sich immer wieder in Taschners Objekten findet. Dieser Hang treibt mitunter seltsame Blüten. Eine Statue des heiligen Martin zeigt anstatt eines römischen Legionärs einen Ritter auf schwerem Ross.
Ignatius Taschner wurde 1871 in Kissingen als Sohn eines Steinmetzes geboren, mit dreizehn Jahren schuf er eine Zwergenfigur aus Sandstein, die im Jexhof gezeigt wird. Wenig später starb sein Vater an einer Staublunge und Taschner absolvierte eine Lehre als Steinmetz. Sein Talent wurde erkannt und er erhielt ein Stipendium für die Kunstakademie in München. Seine büßende Magdalena, eine feingliedrige Figur aus koloriertem Gips, wurde ausgezeichnet. 1903 übernahm er eine Professur an der Kunst- und Gewerbeschule in Dresden. Ein Jahr später wechselte er nach Berlin, wo er vor allem für den Stadtbaurat Ludwig Hoffmann tätig war und "Kunst am Bau" lieferte. Den Märchenbrunnen im Volkspark Friedrichshain stattete Taschner mit wasserspeienden Fröschen und Schildkröten sowie Figuren aus Grimms Märchen kindgerecht aus. Für Gretl und Dornröschen saßen seine beiden Töchter Modell. Die Originale aus Kalksandstein wurden 1945 zerstört, im Jexhof werden eine Reihe von Bronzenachgüssen gezeigt.
Taschner ließ von vielen Werken Kopien anfertigen, oft in kleineren Formaten. Etliche dieser Stücke befinden sich heute im Besitz seiner Enkel. Aus diesem Fundus schöpften Reinhard Jakob, der Leiter des Museums, und die Historikerin und Germanistin Elisabeth Lang, die die Ausstellung konzipierten. Die Gestaltung übernahm wieder Ruth Strähhuber.
Zu sehen sind bunte Friese mit Elchen, Hirschen und Kindern im Jugendstil, Gemälde, Aktzeichnungen, Illustrationen für Bücher von Ludwig Thoma, mit dem er befreundet war, Grafiken und Drucke, etwa für die Zeitschriften Simplizissimus und Jugend, vorzugsweise mit ländlichen Szenen und bäuerlichen Figuren aus dem Dachauer Hinterland, dem Taschner eng verbunden war, nachdem er sich ein großes Grundstück in Mitterndorf gekauft und dort eine Villa gebaut hatte.
Die Fülle zeigt an, dass Taschner dauernd beschäftigt war. Dazu pendelte er zwischen Berlin und Mitterndorf, oft in Begleitung seiner Frau Helene oder der Töchter. Der hohe Arbeitseinsatz forderte seinen Preis. Mitten in der Arbeit an Stücken für das sogenannte Kronprinzen-Silber, einem Prunkservice aus mehr als 2100 Teilen für den Hohenzollern, starb Taschner mit nur 42 Jahren an einem Herzinfarkt. Einige der aufwendigen Gefäße und Figuren hat er noch vollendet, darunter den Blickfang, ein Kamel, auf dem der Gott Merkur reitet, als Symbol für Handel.
Ignatius Taschner: Der rastlose Alleskönner. Ausstellung im Jexhof-Museum vom 6. Dezember bis 23. Februar 2020.