Schöngeising:Historisches Instrument

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Schöngeising bekommt eine Heinrich-Scherrer-Laute

Von Felix Reuß, Schöngeising

Als vor 100 Jahren die Grabenkämpfe in Frankreich tobten und auch im Kaiserreich eine unruhige, vom Krieg befeuerte Stimmung aufkam, verschlug es den alternden Musiker Heinrich Scherrer auf der Suche nach einem Umfeld der Inspiration von München ins 400-Seelen-Dorf Schöngeising. Über sein musikalisches und auch soziales Wirken in der Gemeinde wissen die Älteren noch heute zu erzählen. Nicht zuletzt würdigen die nach Scherrer benannte Musikschule und das Rathaus, das auf dem Grund seines ehemaligen Wohnhauses steht, das Engagement des Musikers.

Damit dieses Kapitel Schöngeisinger Geschichte trotz Gedenktafel und Ehrengrab nicht in Vergessenheit gerät, sucht die Gemeinde immer nach Hinterlassenschaften Scherrers - und ist fündig geworden: Eine Laute des Musikers, die er wohl auch gespielt hat. Das sagt zumindest Bürgermeister Thomas Trotzauer und verweist auf ein Bild, das Scherrer mit dem Instrument zeigt. Die Laute wird an diesem Samstag von 11 Uhr an im Sitzungssaal der Gemeinde der Öffentlichkeit präsentiert und soll anschließend noch ein letztes Mal erklingen, ehe sie in einer Vitrine zusammen mit einigen erhaltenen Notenblättern Scherrers verwahrt wird.

Dass die Scherrer-Laute überhaupt ihren Weg zurück in die alte Heimat des Musikers findet, ist der Recherchearbeit eines Universitätsprofessors aus Freiburg zu verdanken. Durch den Nachlass eines Kollegen kam der Historiker Wolfgang Reinhard zufällig an die Laute und begab sich im Internets auf die Suche nach dem Ursprung des Instrumentes. Im Sommer 2015 meldet er sich schließlich in Schöngeising, um Scherrers Nachlass um das Musikinstrument zu bereichern. Die Laute ist laut Trotzauer trotz einigen Gebrauchsspuren gut erhalten und auch zum Musizieren noch zu gebrauchen. Deshalb ist zum Präsentationstermin vorgesehen, dass Reinhard Weigl von der örtlichen Heinrich-Scherrer-Musikschule auf der Laute spielt.

"Im Ort weiß jeder, wer Scherrer ist", sagt Trotzauer. Ganz besonders gut kennt sich Rudolf Pettinger mit dem "Wiederentdecker der deutschen Volkslieder" aus, er schrieb vor sieben Jahren eine Biografie, in der er Scherrers Zeit in Schöngeising ausgiebig beleuchtete. Als der Musiker ein Jahr nach seiner Frühpensionierung aus gesundheitlichen Gründen nach Schöngeising zog, widmete er sich neben seinen Münchener Musikgruppen, wie dem Mandolinen-Club oder der "Internationalen Gitarristischen Vereinigung" auch denen des Ortes. Dem Aufbau einer Bläserkapelle mit Auftritten in der Umgebung, folgte ein liebevoll eingeübtes Krippenspiel, bei dem ihm seine beiden Mitbewohner halfen: Mit der jüdischen Malerin Johanna Oppenheimer und der Sängerin Else Hofmann teilte sich Scherrer sein Haus im Ort. Im Jahr 1937 stirbt Heinrich Scherrer schließlich.

© SZ vom 25.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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