Schöngeising:Alte Kamellen und neuer Shit

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Bandleader und Namensgeber Joe Dobroschke (zweiter von rechts) kennt seine Bandkollegen schon seit der Schule, lange vor der Gründung von "Dobré". (Foto: Günther Reger)

Seit zehn Jahren machen die Mitglieder von "Dobré" gemeinsam Musik und sind weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt. Obwohl Beruf und Familie bei allen mittlerweile viel Zeit fordern, nehmen sie sich immer noch Freiräume für gemeinsame Aufritte

Von Valentina Finger, Schöngeising

Die Schallschutzwände bringen nicht viel, sagt Joe Dobroschke. Wenn er mit seiner Band in dem kleinen Schöngeisinger Proberaum los legt, kann von Ruhe nicht mehr die Rede sein. Ohnehin wirken jene Schaumstoff-Platten ebenso zufällig im Zimmer platziert wie alles andere: Instrumente aller Art, brauchbar oder halb kaputt, liegen überall verteilt, an den Wänden hängen Plakate von Auftritten und eine gekrakelte Liste teilt das Lieder-Repertoire der Band in "Alte Kamellen" und "Neueren Shit". In diesem sympathischen Chaos entsteht die Musik der Band "Dobré". Als "Chanson-Folk" beschreibt Dobroschke ihren Stil, weil sie in den gerne etwas theatralischen Indie-Folk-Songs Geschichten erzählen. Mit dem neuen Album, das sich gerade in den letzten Zügen befindet und Ende des Jahres erscheinen soll, nähere sich der Sound wieder mehr den Anfängen der Gruppe an. Diese liegen nun rund zehn Jahre zurück. Für ihre Arbeit ist die Band nun für den Tassilo-Preis der Süddeutschen Zeitung nominiert.

Damals war Dobroschke als Singer-Songwriter für kurze Zeit solo unterwegs, deswegen spielt der Name "Dobré", der in mehreren slawischen Sprachen "gut" bedeutet, auch auf seinen Nachnamen an. Mit den Musiker-Freunden, die er 2006 um sich scharte, lebte ein früheres Band-Projekt zum Teil wieder auf: Als Teenager hatte Dobroschke mit seinen Mitschülern Ludwig Kettenberger, Pete Brass und dessen beiden Brüdern die Indie-Rock-Band "Spotfin Soap" gegründet, die sich während ihres sechsjährigen Bestehens einen Namen in der Münchner Szene machte.

Aus Joe Dobroschkes Solo-Intermezzo und dem Parallel-Projekt "Experiment Klaus" wurde dann schließlich Dobré: Der Bassist Kettenberger, der Organist Brass und der Gitarrist und Sänger Dobroschke holten sich mit ihrem einstigen Fürstenfeldbrucker Schulkameraden Michael Schröcker einen Pianisten dazu, 2009 löste Martin Pöner schließlich Brass' Bruder Gabriel am Schlagzeug ab. "Mein erster Auftritt war gleich vor ungefähr 1000 Zuschauern im BR-Funkhaus. Das war schon der Wahnsinn", erinnert sich Pöner, der ursprünglich aus dem Raum Paderborn stammt und wie der Großteil der Band mittlerweile in München lebt.

Zwei Alben haben Dobré seitdem produziert: Ihr Debüt "Do the Dobré" erschien 2011. Zwei Jahre später folgte mit "United" eine Platte, auf der Einflüsse verschiedener Stilrichtungen zusammenkommen. Anders als der Band-Vorgänger "Spotfin Soap" klingen Dobré aber schon immer. "Bei Dobré machen wir alles mit etwas mehr Humor und Leichtigkeit. Wir nehmen uns vielleicht nicht mehr so ernst", sagt Dobroschke. Das Ergebnis sei "abgefahrener Indie-Folk", ein bisschen "weird", seltsam also, im positiven Sinne. Bewusst platzierte Dissonanzen, die dann doch im Ganzen harmonisch klingen, findet man in den Songs von Dobré immer wieder. "Das sind Kleinigkeiten, die man in der Regel nicht machen würde, bei denen man sich aber noch nicht denkt: Oh Gott, was ist das denn? Es geht um Balance", sagt Brass. Einzigartig soll das sein, was Dobré in Schöngeising, wo Dobroschke und Brass vor ihren Umzügen nach München gewohnt haben, zusammenbasteln. "Nur wir klingen wie wir", fasst es Dobroschke zusammen.

Das Ergebnis kommt an. So waren Dobré bereits unter anderem bei dem Newcomer-Roadtrip "Startrampe" dabei und standen beim Theatron-Musiksommer vor 4000 Menschen auf der Seebühne im Olympiapark. Bei letzterem treten Dobré in diesem Jahr wieder auf. An das erste Mal erinnern sie sich gerne zurück: "Es war sonnig und weil die Band nach uns ausgefallen ist, hatten wir ewig Zeit", sagt Dobroschke. Gerne gehen Dobré auch auf "Betriebsausflüge". So nennen sie die kleinen mehrtägigen Touren, die sie hin und wieder quer durch Deutschland führen. Leider seien diese aber relativ rar. Außer dem 27-jährigen Pete Brass sind alle Band-Mitglieder in ihren frühen Dreißigern, drei von ihnen sind Lehrer, Brass ist Psychologe, Dobroschke Freiberufler. So flexibel wie die Teenager von "Spotfin Soap" sind die jungen Musiker nicht mehr.

Zur Musik ist jeder der Fünf bereits als Kind gekommen, sei es durch Flöten- und Klavierunterricht, die Bigband der Schule oder das spielerische Erkunden von Instrumenten bei der musikalischen Früherziehung. Dreien von ihnen könnten diese Aktivitäten nun wieder bevorstehen: Weil Kettenberger vor Kurzem zum zweiten Mal Vater geworden ist, nimmt er sich eine kleine Auszeit von Dobré. Schröcker hat ebenfalls ein Kind, Brass, dessen Vater der Schöngeisinger Komponist Nikolaus Brass ist, mittlerweile sogar vier. Trotzdem halten die Mitglieder ihre Band am Laufen. Für die Sommer-Saison stehen bereits einige Auftritte an, mit dem neuen Album soll es auch ein Video geben. Und wenn es ihnen irgendwann doch zu viel wird, steht musikalisch vorgeprägter Nachwuchs immerhin schon bereit.

Vorschläge für den Tassilo-Preis können per Post, Fax oder E-Mail an die Lokalredaktion Landkreis Fürstenfeldbruck geschickt werden. E-Mail: tassilo@sueddeutsche.de, Fax: 089/2183-96-8753. Einsendeschluss ist Samstag, 21. Mai.

© SZ vom 11.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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