Infrastruktur:Amperverband dreht kräftig an der Gebührenschraube

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Markant ragen die Faultürme auf dem Gelände der Kläranlage in Geiselbullach in die Höhe. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Für 200 000 Menschen in den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Starnberg wird sich der Abwasserpreis in den kommenden Jahren um fast 80 Prozent verteuern. Ein neues Klärwerk wird geplant.

Von Erich C. Setzwein, Olching

Wer in Germering oder Gilching an Neujahr ein paar Gläser abwäscht oder die Toilette spült, wird in diesen Momenten schon mehr für die Entsorgung des Abwassers bezahlen. Denn zum 1. Januar 2025 erhöht der Amperverband mit Sitz im Olchinger Stadtteil Geiselbullach die Schmutzwassergebühren erst mal um gut 37 Prozent. Für einen Kubikmeter Abwasser, das sind 1000 Liter, werden dann 2,14 Euro statt bisher 1,56 Euro berechnet. Eine vierköpfige Familie, so die Beispielrechnung des Amperverbandes, würde dann pro Jahr 180 Euro mehr für diese Gebühren bezahlen müssen. In den Jahren 2027/28 soll die Gebühr auf 2,47 und 2029/30 auf 2,80 steigen – das bedeutet bis dahin eine Teuerung von fast 80 Prozent.

Die Mitglieder des Amperverbandes – das sind die Bürgermeister aus den Mitgliedskommunen in den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Starnberg und Dachau – haben dieser enormen Erhöhung zugestimmt. Im Sinne der Daseinsvorsorge, wie es bei einer Pressekonferenz am Donnerstag hieß, weil der Verband in den kommenden beiden Jahrzehnten 260 Millionen Euro unter anderem für den Bau einer neuen Kläranlage in Geiselbullach aufbringen muss.

„Es ist die Daseinsvorsorge, aber ich nenne es eine Zukunftsvorsorge“, sagte der Geschäftsführer des Amperverbandes, Thomas Mösl. Gemeinsam mit Projektmanager Matthias Jung legte er den Verbandsmitgliedern am Mittwoch Kalkulationen für die Gebührensteigerung und die erwarteten Ausgaben für Sanierung des Kanalnetzes und den Klärwerksneubau vor. Die Bürgermeister stimmten dafür, die Gebühren innerhalb von sechs Jahren um insgesamt einen Euro pro Kubikmeter Schmutzwasser anzuheben. Sie wählten aber unter den beiden vorgeschlagenen Varianten die sozial verträglichere. So werden die Gebühren in drei Schritten um jeweils gut 33 Cent erhöht und nicht zweimal um 50 Cent. Der Unterschied macht nach Darstellung Mösls ungefähr acht Millionen Euro aus, die als zusätzliches Fremdkapital aufgenommen werden müssen.

Die Investitionen in die Zukunft der Abwasserreinigung im Verbandsgebiet aus Germering, Gilching, Weßling, Eichenau, Alling, Puchheim, Gröbenzell, Olching, Maisach und Bergkirchen haben planerisch bereits begonnen und sollen im kommenden Jahr schon praktische Folgen haben. Laut Mösl sind die Ortskanalisationen noch in einem sehr guten Zustand. Dennoch gebe es ersten Renovierungsbedarf und auch die Notwendigkeit, einige Rohre zu erneuern.

Zudem soll für die Sammelleitungen, die das Abwasser aus den Gemeinden in die Kläranlage nach Geiselbullach bringen, ein Reservesammler längs durch das Verbandsgebiet neu gebaut werden. Dieser Kanal soll dann eine große Rolle spielen, wenn einzelne Zuleitungen aus den Orten gesperrt und ersetzt werden müssen. Allein dafür werden in den kommenden 30 Jahren nach heutiger Kalkulation 70 Millionen Euro benötigt.

Die Entwicklung des Amperverbandes gestalten (von links) Matthias Jung, Stefan Joachimsthaler, Thomas Mösl und Manfred Walter mit. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Weitaus mehr, nämlich um die 190 Millionen Euro soll das neue Klärwerk kosten, das zu Beginn der 2040-er Jahre komplett gebaut sein soll. Im kommenden Jahr will der Amperverband den Planungsauftrag europaweit ausschreiben, um vielleicht schon von 2027 an bauen zu können. Die ersten beiden Bauabschnitte werden mit 100 Millionen Euro angesetzt, der zweite und dritte Abschnitt mit 52 Millionen Euro. Aufgrund neuer EU-Vorschriften muss dafür auch eine neue Energiezentrale gebaut werden, in der aus Faulgas aus einem neuen Faulbehälter Strom gemacht werden kann. Macht zusammen weitere 35 Millionen Euro. Das Grundstück befindet sich im Besitz des Amperverbandes, es liegt östlich des seit 1963 bestehenden Klärwerks und laut Mösl nicht mehr im Überschwemmungsgebiet.

Der Verbandsvorsitzende, Allings Bürgermeister Stefan Joachimsthaler (CSU), und sein Stellvertreter, Gilchings Bürgermeister Manfred Walter (SPD), baten die Kundinnen und Kunden des Amperverbandes um Verständnis. Die Gebührenerhöhung sei notwendig, um nicht mehr Fremdkapital als nötig für die anstehenden Baumaßnahmen aufnehmen zu müssen. Den Bürgermeistern lag auch eine Berechnung vor, die eine Anhebung der Kubikmetergebühr um lediglich 25 Cent vorsah. Damit wäre der Preis für 1000 Liter Abwasser für die kommenden beiden Jahre lediglich auf 1,81 Euro gestiegen. „Das ist das Mindeste, um kostendeckend wirtschaften zu können“, erläuterte Mösl diese Summe.

Auf diesem Foto aus dem Jahr 1999 ist das Ausmaß der Kläranlage Geiselbullach zu erkennen. Oben schließt die Müllverbrennungsanlage an, das Feld unten ist das Reservegrundstück für den Neubau. (Foto: privat)

Hintergrund für die gestiegenen Ausgaben für Personal und Betrieb sind, wie der Geschäftsführer erläuterte, zum einen „die hohen Tarifabschlüsse“ für die Beschäftigten, zum anderen aber die Aufwendungen für den Betrieb von Kanalnetz und Kläranlage. Aber es werde auch eingespart, sagte Mösl. Etwa bei der weiteren Behandlung von Klärschlamm. Seit Anfang dieses Jahres werde der Klärschlamm nicht zur weiteren Verwendung nach Ostdeutschland gebracht, sondern für 160 000 Euro günstiger zu einer Firma in Altenstadt. Dort werde der Klärschlamm verbrannt und das darin enthaltene Phosphor aus der Asche recycelt. Die Asche wiederum wird aufbereitet und der Landwirtschaft als Dünger zur Verfügung gestellt. Gesetzlich vorgeschrieben werde die Klärschlammbehandlung und Phosphorrückgewinnung erst 2029, sagte Mösl. Man sei nun schon fünf Jahre früher in der Lage, diese wichtigen Auflagen zu erfüllen.

Zum Vergleich: Der Abwasserzweckverband Schweinbach-Glonngruppe für Egenhofen und Oberschweinbach verlangt für einen Kubikmeter Schmutzwasser derzeit 2,50 Euro. In Schöngeising war der Kubikmeterpreis schon einmal bei zwei Euro, wurde dann auf 1,16 Euro gesenkt und beträgt seit zwei Jahren 1,43 Euro. Behandelt wird das Schöngeisinger Schmutzwasser im Klärwerk Fürstenfeldbruck. Für einen Kubikmeter Schmutzwasser verlangen die Wasser- und Abwasserbetriebe AWA Ammersee im Kreis Starnberg 2,69 Euro. Und in der Kreisstadt Dachau sind es 2,73 Euro, wenn es ein Trennsystem gibt.

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