Mammendorf:Unparteiisches Vorbild

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Assad Nouhoum greift bei einem Regionalligaspiel im Oktober 2021 durch und stellt einen Spieler des FC Bayern II vom Feld. (Foto: Sven Leifer/imago images/foto2press)

Assad Nouhoum ist mit 28 Jahren Profischiedsrichter in der dritten Liga. Der bayerische Fußballverband würdigt den Einsatz mit einem Sonderpreis für Nachwuchsreferees.

Von Karl W. Götte, Mammendorf

Assad Nouhoum ist Profi-Schiedsrichter im Fußball. Der Mammendorfer pfeift in der dritten Fußballliga, da beginnt im deutschen Fußball der Profibereich. Er wartet jetzt als Unparteiischer auf dem Fußballplatz auf erste Einsätze in diesem Jahr. "Noch habe ich keine Termine bekommen", sagt Assad Nouhoum, der im vergangenen Herbst bei der feierlichen Ehrung der Nachwuchsschiedsrichter in Frankfurt den Vorbildpreis "Der bemerkenswerte Weg 2022" erhalten hat.

Diese Auszeichnung geht auf die "Dr. Markus und Sabine Merk"-Stiftung für Menschen zurück, "die sich insbesondere im Sport mit Einsatz, Respekt und auch Zivilcourage für andere engagieren", so der mehrfache Bundesliga-Schiedsrichter des Jahres und dreifache Weltschiedsrichter Markus Merk.

Assad Nouhoum gehört der Schiedsrichtergruppe Ammersee-Fürstenfeldbruck an. (Foto: privat, oh)

Das Besondere an Assad Nouhoum ist natürlich sein Werdegang. Er ist ein Musterbeispiel, wenn man so will, einer erfolgreichen Integration in ein Land, das mit fremdem Aussehen manchmal immer noch nicht umzugehen weiß. Nouhoum hat togoische Wurzeln. Geboren in Fürstenfeldbruck, begann er als Kind das Fußballspielen beim SC Fürstenfeldbruck. Er wechselte zum FC Augsburg und landete dann in Aichach, wo er als junger Verteidiger auch schon in der Bayernliga spielte. Als dunkelhäutiger Fußballer hatte er es nicht einfach. Immer wieder gab es Anfeindungen, und er musste als Sündenbock herhalten, eine beliebte Masche gerade auch auf Amateurfußballplätzen.

"Rassismus habe ich immer wieder erfahren", erklärt Nouhoum, der ein bestechend klares Hochdeutsch spricht. Er lernte damit umzugehen. "Ich bin mental stark genug", sagt der Ingenieur selbstbewusst, der demnächst seinen 29. Geburtstag feiern wird. Von Aichach führte sein Weg weiter zum SC Oberweikertshofen in die Landesliga. "Er ist mir in Aichach aufgefallen", erinnert sich Oberweikertshofens Manager Uli Bergmann. Drei, vier Jahre kickte er beim SCO als Innenverteidiger. Parallel ließ sich Nouhoum zum Schiedsrichter ausbilden.

Assad Nouhoum im September 2015 nach einem Foul im Landesliga-Derby SC Oberweikertshofen gegen SC Fürstenfeldbruck. (Foto: Johannes Simon)

"Ich habe ihm empfohlen, den Schiedsrichterweg zu gehen, als eine Entscheidung anstand, ob er weiter Fußball spielen sollte oder nicht", so Bergmann. "Die Entscheidung war richtig", sagt auch Nouhoum heute. Wie alle anderen Schiedsrichterkollegen musste er sich von den untersten Amateurklassen hocharbeiten. Das hat er geschafft. Jetzt pfeift er in der Regionalliga und eine Klasse höher in der dritten Liga. Davon leben kann Nouhoum nicht. 750 Euro gibt es pro Spiel, 300 Euro in der Regionalliga. Anders würde es in der ersten Bundesliga aussehen. Dort sind die Spielleiter Vollprofis und bekommen ein Grundgehalt von 60 000 Euro. Dazu kommen 5000 Euro pro Spieleinsatz. In der zweiten Liga sind es 25 000 und 2000 Euro.

"Im Profibereich gibt es weniger Probleme in Sachen Rassismus", so die bisherige Bilanz von Nouhoum. "Die Spieler wollen auch nicht in die Schlagzeilen." Zudem habe er mit der gelben und roten Karte auf dem Fußballplatz auch passende Sanktionsmittel. "Bisher musste ich keine rote Karte wegen rassistischer Anfeindungen ziehen", so Nouhoum, der auch bei der Aktion "Wir regeln das" des Bayerischen Fußballverbandes (BFV) einer der Anti-Rassismus-Paten ist. Außerhalb des Platzes versucht er ebenfalls, Konfliktsituationen, die auf seine Hautfarbe zurückzuführen sind, möglichst souverän zu lösen. "Ich kann Beleidigungen abtropfen lassen", sagt der Mammendorfer. Er versuche "Provokationen in sachlichem Ton" zu begegnen. Nouhoum ist sich sicher: "Emotional zu werden bringt nichts."

DFB-Schatzmeister Stephan Grunwald bei der Preisübergabe an Assad Nouhoum. (Foto: Thomas Boecker/DFB)

Fußball-Schiedsrichter werden gesucht. In Bayern sank die Zahl der Unparteiischen seit der Jahrtausendwende um nahezu 30 Prozent. Während es im Jahr 2000 noch 13 379 aktive Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter gab, stehen heute nur noch 9700 Unparteiische regelmäßig auf dem Platz. Assad Nouhoum gehört zur Schiedsrichtergruppe Ammersee-Fürstenfeldbruck. Er ist ihr Aushängeschild. Höher als er pfeift dort niemand, und deshalb ist man dort besonders stolz auf den Preisträger. Christian Erdle, Obmann der Schiedsrichtergruppe, der den sportlichen und persönlichen Werdegang Nouhoums eng begleitet hat, ist denn auch voll des Lobes: "Er ist ein Vollprofi, der ständig versucht, sich zu verbessern. Er hört zu und saugt alles auf, was man ihm sagt und Assad ist mehr als ein erfolgreicher Schiedsrichter. Wo er auftaucht, ist überall ein Lächeln. Er ist offen, freundlich, geht auf die Leute zu und kehrt immer wieder zu seinen Wurzeln zurück, ist ein Vorbild für unsere jungen Schiedsrichter. Und wenn du mit ihm sprichst, wirst du die Herzlichkeit des Menschen Assad spüren."

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