Schau:Aufstellung zur Ausstellung

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In Haus 10 zeigt die Fotoklasse von Dieter Rehm Werke mit einer besonderen Entstehungsgeschichte

Von Linda Zahlhaas, Fürstenfeldbruck

Der Künstler und sein Thema: Genährt vom inneren Leid, aktuellen politischen Geschehnissen oder eigenen Erfahrungen. So unterschiedlich die Kunstgenres, so unterschiedlich ist auch die Herangehensweise des Künstlers, ein Thema zu finden, das Werk weiter zu entwickeln und schließlich zu vollenden. Er stößt auf Konflikte - und steht dabei im ständigen Dialog mit sich und seiner Umgebung. Die sieben Studenten der Fotoklasse von Professor Dieter Rehm an der Akademie der Bildenden Künste München haben eine besondere und sehr ungewöhnliche Herangehensweise gewählt, um zum einen ihre eigenen Arbeiten auszubauen und zum anderen ihre Einzelarbeiten, die jetzt in der Kulturwerkstatt Haus 10 ausgestellt sind, zu verbinden: die Methode der Systemaufstellung.

Die Systemaufstellung im klassischen therapeutischen Rahmen, auch Familienaufstellung genannt, ist eine Methode, "um unterbewusste Dynamiken bewusst zu machen. Eine Selbstbegegnung, die das Innere eines Menschen sichtbar machen soll", erklärt der Therapeut und Bewusstseinsforscher Johannes Ludwig.

Er hat die Kunst-Studenten der Akademie während des vergangenen Wintersemesters begleitet und diese therapeutische Methode in einen künstlerischen Kontext gestellt. Ein absolutes Experiment. Die Idee, diese Methode als künstlerisches Werkzeug zu benutzen, kam von den Studenten selbst: "Wir wollten kein Gruppenprojekt machen, weil wir alle in spannenden Phasen unserer eigenen Arbeit waren", sagt Anna Dietz, eine Studentin der Fotoklasse. "Dann kam uns die Idee, dass wir eine gemeinsame Aufstellung und die unterbewusst entstehenden Dynamiken nützen können, um unsere Arbeiten miteinander zu verbinden."

Interpretationen muss jeder für sich selbst finden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Jeder der Studenten hat ein bestimmtes Anliegen oder eine konkrete Fragestellung in die Sitzung mit Ludwig mitgebracht. Es wurden stellvertretend Personen in einem Raum aufgestellt, die eine objektive Betrachtung des Problems oder der Fragestellung ermöglichen sollten. "Das klingt in der Theorie natürlich oft verrückt! Wie soll ein Stellvertreter, ein fremder Mensch, das überhaupt wahrnehmen, was ich fühle?", fragt sich Ludwig.

Die Kunststudenten sind auf verschiedene Weise mit dem, was sie aus der Selbstreflexion gezogen haben, umgegangen. Mara Pollak machte die Fragestellung der Aufstellung gleich zum Thema ihrer Arbeit: Warum fällt es mir so schwer, eine Idee zu einem konkreten Thema zu finden? Das steht am Anfang eines zehn Meter langen bedruckten Papierbands. Darauf erklärt sie in kleinen Grafiken und Illustrationen den Prozess der Ideenfindung von dem ersten Funken einer Idee, über das Verwerfen des Themas, dem Zweifeln, zum Wiederaufnehmen der ursprünglichen Idee bis hin zu der endgültigen Ausarbeitung. Diese komplette künstlerische Schöpfungsphase visuell dargestellt, offenbart dem Besucher, sehr persönlich und leicht verständlich das Innenleben der Künstlerin, und nicht nur, wie üblich, das fertige Endwerk. "Die Werke sind zu hundert Prozent persönlicher geworden, obwohl natürlich die Frage bleibt, inwieweit das aus der Perspektive des Künstlers gewollt ist!", stellt Ludwig fest.

Auch Nicolai Schneider formuliert in einem seiner ausgestellten Werke auf sehr persönliche Art seine Persiflage mit dem Künstlersein: Er filmt seinen Blick in den Spiegel, wie er sich zwei Stunden vor einer Vernissage im Badezimmer fertig macht: Eincremen, Zähne putzen, Deo auftragen, Haare stylen. Parallel dazu putscht er sich mit Zigaretten und Drogen auf. "Es zeigt den Anspruch, den man selbst an sich stellt und andere an dich stellen", erklärt Schneider seinen Film. Er lässt die Selbstreflexion auf eine sehr selbstironische Weise in sein Werk einfließen.

Auf großes Interesse stoßen die verschiedenen Kunstwerke der Akademiestudenten bei der Vernissage im Haus 10. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Für die letzte Aufstellung traf sich die gesamte Klasse mit Ludwig nochmals kurz vor der Vernissage in den Räumen von Haus 10. Die fertigen Werke sollten in Beziehung mit den Räumlichkeiten gestellt werde. Die Aufstellung hat so die Aufgabe eines Kurators übernommen.

Die Systemaufstellung - auch im traumatherapeutischen Kontext - ist umstritten, dennoch bietet sie den Studierenden, die alle mit unterschiedlichen Medien arbeiten, eine neue verbindende Arbeitsweise. Diese hat es ermöglicht, am Prozess des Anderen teilnehmen zu können.

© SZ vom 07.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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