Süddeutsche Zeitung

Schallschutzwand in Gröbenzell:Rodung auf fremdem Grund

In Gröbenzell will die Bahn eine Lärmschutzwand aus mit Steinen gefüllten Drahtgittern einbauen und fällt dazu elf stattliche Bäume. Nur fordert die Gemeinde neben Ersatzpflanzungen auch Schadenersatz

Von Gerhard Eisenkolb

Seit die Bahn in Gröbenzell mit dem Bau von Lärmschutzwänden an den Gleisen begonnen hat, reißen die Konflikte zwischen Gemeindeverwaltung und Bauherrin nicht ab. Der jüngste Streit geht auf die ungenehmigte Fällung von elf hohen Bäumen am Fuß- und Radweg zwischen der Freya- und von-Koch-Straße zurück. Laut Rathausverwaltung standen die stattlichen Bäume mit einem Stammdurchmesser zwischen 30 und 40 Zentimetern auf einem Grundstück, das der Gemeinde gehört. Die Gemeinde fordert nun neben Ersatzpflanzungen auch Schadenersatz.

Ein Bahnsprecher bestätigt die Rodung an der Freyastraße. Er weist aber darauf hin, die Bahn sei bei der Fällung im Dezember davon ausgegangen, dass alle Bäume auf Bahngrund standen. Zurzeit werde geprüft, ob einige der Eschen, Ahorne und Weiden nicht vielleicht doch auf fremdem Grund standen. Es wird zudem noch darauf verwiesen, dass die Planungen unabhängig von der eigentumsrechtlichen Frage der Gemeinde seit langem bekannt gewesen seien. In diversen Besprechungen auf Arbeitsebene habe die Gemeinde keine Einsprüche gegen das Abholzen erhoben.

Um im Bereich der Freyastraße die gestalterisch ansprechendere Schallschutzwand aus mit Steinen gefüllten Drahtgitterkörben zu errichten, muss vor dem Beginn der eigentlichen Bauarbeiten eine Baustraße angelegt werden. Für diese Straße mussten die Bäume weichen. Eine naturschutzrechtliche Genehmigung für die Rodung war aus Sicht der Bahn nicht erforderlich. Die Fällung erfolgte im Winter, um keine brütenden Vögel zu gefährden.

Dritter Bürgermeister Michael Leonbacher (FW), der derzeit Bürgermeister Dieter Rubenbauer vertritt, bezeichnet die Antwort der Bahn als unbefriedigend und deren Vorgehen als unerfreulich. Er weist ausdrücklich darauf hin, dass über eine Rodung auf Gemeindegrund nichts besprochen oder vereinbart worden sei. "Wir bleiben da dran und werden unsere Ansprüche geltend machen", beteuerte der Stellvertreter von Dieter Rubenbauer. Schließlich habe die Bahn bereits die Fällung auf Gemeindegrund bestätigt, Absprachen habe es aber nur über Eingriffe auf Grundstücken gegeben, die der Bahn gehören. Zur Höhe der Forderungen äußerte sich Leonbacher nicht. Laut Gemeindeverwaltung hat der Vorfall eine zivil- und eine strafrechtliche Relevanz.

Laut dem SPD-Bürgermeisterkandidaten Florian Ritter kann die widerrechtliche Zerstörung eines hochgewachsenen alten Baumes Entschädigungsansprüche von mehreren Zehntausend Euro auslösen. Bei elf Großbäumen sei sicher ein sechsstelliger Eurobetrag zu erzielen. Ihren Anspruch soll die Gemeinde gegenüber der Bahn genau beziffern, fordert der Wahlkämpfer. Da eine Schädigung von Gemeindeeigentum vorliege, das allen Gröbenzellern gehöre, müsse die ungerechtfertigte Fällung zudem auch umfassend aufgearbeitet werden. Ritter verweist in diesem Zusammenhang auf die langjährige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Entschädigungsbeiträge, die der Gemeinde zustehen, sollten in Absprache mit den Agendagruppen und dem Bund Naturschutz für ökologische Maßnahmen verwendet werden.

Auch den CSU-Bürgermeisterkandidaten Thomas Breitenfellner beschäftigt der Vorfall. Die Fällung von elf großen Bäumen sei auf keinen Fall zu akzeptieren, stellt er fest. Während sich die Gemeinde als Gartenstadt um den Erhalt jedes Baumes bemühe und jeder Bürger das Entfernen jedes einzelnen Baumes beantragen müsse, schaffe die Bahn Tatsachen. "Diese Kettensägen-Aktion der DB muss juristisch und mit einem Bußgeld geahndet werden", fordert Breitenfellner.

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Quelle:
SZ vom 15.01.2014
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