Germering:Wenn Schach zum Kinderspiel wird

Lesezeit: 2 Min.

Noch steht Schach im Vordergrund für Simon Roscher, bald aber die Schule. (Foto: Stephan Rumpf)

Mit nur einer Niederlage erreicht Simon Roscher bei den bayerischen U-8-Jugendschachmeisterschaften den ersten Platz. Er setzt sich gegen 24 Teilnehmer durch und qualifiziert sich für die deutschen Einzelmeisterschaften.

Von Konstantin Hadzi-Vukovic, Germering

Wenn er eines Tages groß ist, möchte er Schach spielen, "wie er selbst". Ob dieser Vorsatz einer guten Portion Selbstvertrauen oder dem geschuldet ist, dass Simon Roscher, bayerischer U-8-Jugendschachmeister, wahrscheinlich noch nicht so viele andere Schachspieler kennt, bleibt dahingestellt. Schach spielen kann er, und zwar sehr gut. Genauso gern gewinnt er, häufig sogar. Unter dem braunen Haarschopf blitzt ein intelligentes Paar Augen hervor. Die Topfschnittfrisur lässt den sechs Jahre alten Münchner, der in Germering Schach spielt, wie einen kleinen König aussehen. Dabei ist die Dame und nicht der König seine Lieblingsfigur. "Die kann am meisten", sagt Simon.

Seit etwa anderthalb Jahren spielt Simon Roscher Schach. Alles fing damit an, dass sein Erzieher ein Schachbrett in den Kindergarten mitbrachte. "Ich hatte dann irgendwann so den Bock beim Spielen", sagt Simon. Jeden Tag spielt er mit den anderen Kindern im Kindergarten. Seine Mutter Katharina Roscher hat das am Anfang "ganz süß" gefunden. "Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie die Regeln lernen und richtig Schach spielen können." Doch vergangenes Jahr zu Ostern hat sie dann ein Schachbrett geholt und begonnen, mit dem Sohn zu Hause zu spielen. "Schwuppdiwupp, nach vier Wochen haben sie verloren", sagt Simon. Sowohl für sie als auch ihren Ehemann endeten die Schachspiele gegen Simon mit Niederlagen.

Die Zahl der Siegerpokale in Simons Zimmer nimmt zu. (Foto: Stephan Rumpf)

Daraufhin meldete seine Mutter ihn im Juni 2022 im Schachclub Germering an. Sie hatte den Klub im Internet gefunden und sich wegen der Nähe für diesen entschieden. Dort trainiert Simon jetzt einmal in der Woche. Sein Trainer und Jugendleiter des Klubs, Marc Marian, fördert das Talent. So hat Simon manchmal Gruppentraining und manchmal Einzeltraining. "Wir besprechen zusammen Eröffnungen, andere Spiele, Strategien", sagt Marc Marian. Es sei immer unterschiedlich. "Man trainiert immer das, worauf man Lust hat, bis man merkt, dass es notwendig ist, etwas anderes zu trainieren."

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Zehn Turniere hat der Sechsjährige bis jetzt bestritten. Im Januar ist er auf der Kreis-Meisterschaft gewesen, dann auf der oberbayerischen Meisterschaft und vom 24. bis 26. März auf der bayerischen Meisterschaft, sagt seine Mutter. Die oberbayerische und bayerische Meisterschaft beendete er auf dem ersten Platz. Bei genauer Betrachtung der Partien bemerkt man laut Marc Marian, dass die Siege nicht Glück gewesen sind. "Er wollte gewinnen und deswegen hat er es auch geschafft", sagt der Trainer. Simon zeichne ein unglaublicher Siegeswille aus.

Zum Schachspiel sei er allein aufgrund seiner Begeisterung gekommen, sagt seine Mutter. Weder sie noch ihr Mann hätten dazu beigetragen. Katharina Roscher ist Musikerin, spielt Geige und Klavier. Simons Vater ist Hobbymusiker. "Von uns aus, wäre er niemals zum Schach gekommen", sagt Katharina Roscher. Momentan scheint er auch nichts anderes machen zu wollen. Wenn er nicht spielt, schaut er auf Youtube Schachvideos. "Das waren am Anfang so verrückte Videos von zwanzig Minuten, wo irgendjemand eine Eröffnung erklärt. Ich dachte, das läuft so an ihm vorbei, bis er die dann selbst nachstellte."

Seine Mutter hat freilich versucht, ihren Sohn für andere Dinge zu begeistern. Etwa für die Musik und das Klavier. Aber die schwarzen und weißen Tasten interessieren ihn noch nicht. Er bleibe lieber bei den schwarz-weißen Schachfiguren, sagt sie. Bugs Bunny sowie Tom und Jerry möge er aber, sagt Simon. Neben Schachvideos schaut er die gern an.

Druck wegen der Wettkämpfe üben weder seine Eltern noch sein Trainer auf ihn aus. "Wenn der Druck von außen kommt, klappt das nur bis in die Pubertät", sagt sein Trainer. "Ich bin auch froh, dass es hier so nicht ist." Solange Simon Lust habe, gehe es voran.

Als Nächstes steht für Simon die deutsche U-8-Meisterschaft in Willingen an, die von 27. Mai bis 4. Juni stattfindet. Ein weiterer - sicherlich wichtiger Termin - ist im September, der Schulanfang. Simon kommt in die erste Klasse. Er freut sich darauf, wobei eins sicher ist: Mathematik wird für ihn kein Problem sein.

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