Sakralbau:Bröckelnder Stuck, feuchte Mauern

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Nach jahrelanger Renovierung erstrahlt Sankt Leodegar in Egenhofen in neuem Glanz

Von Gerhard Eisenkolb, Egenhofen

Die als Museum geführte Furthmühle und der Kalvarienberg von Wenigmünchen sind die bekanntesten Denkmäler der im nordwestlichen Hügelland des Landkreises gelegenen Gemeinde Egenhofen. Die Egenhofener katholische Pfarrkirche Sankt Leodegar ist viel älter als die Mühle oder die Kreuzigungsgruppe in Wenigmünchen. So stammen der Chor und der im Vergleich zum niedrigen Langschiff übermächtige, wie ein Bolzen in den Himmel aufragende Turm aus der Zeit der Spätgotik. Trotzdem fristet der unter Denkmalschutz stehende Sakralbau wie viele kleinere Landkirchen eher ein Schattendasein. Vielleicht ändert sich das mit dem Ende aufwendiger Renovierungsarbeiten.

Zum Beginn der Innenrenovierung war Sankt Leodegar im Frühling 2017 geschlossen worden. Mit einem Festgottesdienst feierte die Pfarrgemeinde im Herbst die Wiedereröffnung. Das Gotteshaus ist einem im Bayern kaum bekannten Heiligen, nämlich Leodegar geweiht, dem Bischof und Märtyrer der burgundischen Stadt Autun. Die Kirche weist Stilelemente von der Gotik bis zum Jugendstil auf, schließlich wurde sie im Lauf der Jahrhunderte mehrmals umgebaut, erweitert und instandgesetzt. Beispielsweise nach Zerstörungen im Spanischen Erbfolgekrieg zum Beginn des 18. Jahrhunderts. Trotzdem wirkt der Innenraum erstaunlich homogen, ohne durch Stilbrüche zu irritieren. Das liegt an der alles verbindenden Farbgebung und Barockausstattung aus verschiedenen Epochen.

Innen riecht es stark nach frischer Farbe. Dass sich der Kirchenraum wie aus einem Guss präsentiert, ist keine Folge der aktuellen Renovierung. Eher ist das auf den achtsamen Umgang mit dem Vorgegebenen bei früheren Eingriffen zurückzuführen. Dafür steht beispielhaft das aus dem Jahr 1921 stammende neubarocke Muldengewölbe des Langhauses, das eine Flachdecke ersetzte. Das sparsam mit Stuck verzierte Gewölbe lässt die Reste der spätgotischen Urkirche im Osten und den ebenfalls 1921 errichteten Emporenanbau im Westen zu einer Einheit verschmelzen. Der Emporenanbau verlängerte die Kirche um sechs Meter.

Der frühbarocke Stuck des kleinen gotischen Chors leitet über den neubarocken Deckenstuck im Langhaus zum Stuck mit Jugendstilelementen an der Empore über. Ein solcher Kunstgriff wiederholt sich durch das gelungene Zusammenspiel von Neu und Alt noch einmal bei den Deckenfresken. So wurden die alten, frühbarocken Fresken der ehemaligen Flachdecke mit der Darstellung der Enthauptung des Kirchenpatrons Leodegar im großen Zentralgemälde und vier Kartuschen mit zwei Kirchenvätern und zwei Kirchenlehrern bei der Erweiterung 1921 abgenommen und später wieder in das neue, eineinhalb Meter hohe Gewölbe integriert.

So sehr sich die Kirche nach der Renovierung als Einheit präsentiert, waren Baufehler bei den Umgestaltung vor fast 100 Jahren der Auslöser für die umfassende Innensanierung. Beim Einfügen des Muldengewölbes in die Konstruktion des Dachstuhls war laut dem Münchner Architekten Guido Sonanini, der den Auftrag für die Kirchensanierung erhielt, gepfuscht worden. Zudem war über einen längeren Zeitraum durchs Dach Wasser eingedrungen. Der Pfusch führte dazu, dass sich 2005 besorgniserregende Risse im Chorbogen zeigten, was statische Untersuchungen nach sich zog. Sechs Jahre später lösten sich Teile des Deckengewölbes und Stuck von der Unterkonstruktion, weshalb das Kirchenschiff 2011 mit einem Notgerüst provisorisch gesichert werden musste.

In einem ersten Bauabschnitt wurden die Fundamente trockengelegt, der Dachstuhl gesichert und umgebaut, das Dach instandgesetzt und neu gedeckt sowie die Fassade gestrichen, berichtet der seit 1985 auf Kirchenrenovierungen spezialisierte Architekt. Nach einer Pause von zwei Jahren begann die Innenrenovierung, wobei es hier meist genügte, die Fassungen der Altäre und des Figurenschmucks oder die Bilder und Fresken nur zu reinigen oder, wie beim Stuck, beschädigte Elemente zu ergänzen. Weil bei der Innenausstattung nichts neu erfunden oder neu gefasst werden musste, geht Sonanini von Gesamtkosten in Höhe von etwa 1,2 Millionen Euro aus, wenn die Arbeiten 2019 abgeschlossen werden.

Einen Beitrag, die Kosten niedrig zu halten, leistet auch Kirchenpfleger Kaspar Sigrist, ein Maurer und gebürtigen Egenhofener. Der ehemalige Bauarbeiter begleitet die Arbeiten quasi als Fachmann seit vier Jahren. Oft legte der Rentner selbst Hand mit an. Ein Mann großer Erläuterungen ist Sigrist nicht. Für ihn ist der Glanz der reich mit Blattgold, das meist nur gereinigte werden musste, verzierten Figuren und Altäre, der frisch getünchten Wände und des überarbeiteten Gestühls ein Grund zum Staunen über das gelungene Werk und die inzwischen wieder Harmonie ausstrahlende Kirche.

Die zurzeit noch gesperrte Empore ist die letzte größere Baustelle. Noch ist der Neorokoko-Prospekt der Orgel ein Torso, der seines Herzstücks, nämlich des Orgelwerks, beraubt ist. Hier soll später wieder einmal eine neue Orgel erklingen.

© SZ vom 06.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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