Süddeutsche Zeitung

Olching:Unantastbare Saatkrähen

Die Gemeinde fordert den ganzjährigen Abschuss der Vögel, durch deren Rufe sich viele Einwohner belästigt fühlen. Die Bezirksregierung aber verweist auf Artenschutz.

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

Die Saatkrähen lieben den Fürstenfeldbrucker Landkreis. Sie haben sich mehr oder weniger in Maisach, Gröbenzell, Puchheim, Germering, Eichenau und auch in Olching eingenistet, auch an Orten, wo die Anwohner sich vor allem durch den Lärm der Krähen belästigt fühlen. Vergrämungsaktionen unterschiedlicher Art haben bereits überall stattgefunden, häufig jedoch mit wenig Erfolg. In Olching wollte man jetzt "eine langfristige Lösung" herbeiführen und hat Anfang Februar auch den Abschuss der Saatkrähen bei der Regierung von Oberbayern beantragt. Diese hat das Ansinnen erst einmal abgelehnt. Aber die Stadt hält ihren Abschussantrag weiterhin aufrecht.

Nestentnahme und akustische Vergrämung sind teuer und nicht sehr wirksam

Die Vergrämungsaktionen sind jedes Jahr bis zum 31. März während der Nestbauphase gestattet. Die Regierung von Oberbayern möchte, dass die Kommunen möglichst gleichzeitig die Saatkrähen vergrämen. Sie nennt das "interkommunales Saatkrähenmanagement". Dabei dürfen sogenannte Splitterkolonien aus für die Bevölkerung sensiblen Bereichen wie Wohngebieten, Vierteln mit Kindertagesstätten oder Schulen in weniger störende Gebiete umgesiedelt werden. Nicht sehr erfolgreich sind Maßnahmen wie Nestentnahme oder die akustische Vergrämung mit dem "Bird Gard". Diese Vertreibungsaktionen kosten Geld. In Olching werden es dieses Jahr voraussichtlich 30 000 Euro sein, die vor allem ein beauftragter Falkner und eine beteiligte Biologin als Fachbetreuerin in Rechnung stellen werden. Die ersten 15 000 Euro sind in Olching fast ausgegeben. Jetzt musste der Hauptausschuss weitere 15 000 Euro nachschießen.

Seit Anfang Februar ist ein Falkner mit seinem Wüstenbussard unterwegs

Seit Anfang Februar ist der Falkner wieder mit seinem Greifvogel, einem Wüstenbussard, unterwegs. "Bis zu vier Stunden ist er täglich im Einsatz", teilt die Stadtverwaltung den Stadträten im Olchinger Hauptausschuss mit. Vergrämungserfolge sind schon zu vermelden, konnte der Bussard doch vereinzelte neue Nestbauten am Kulturzentrum Kom verhindern. Gerade dorthin kehren regelmäßig mehr als hundert Saatkrähen zum Ärger der Anwohner zurück. Von dort waren sie im Vorjahr in den nahen Auwald zwischen Speedwaybahn und Amper-Wehr vertrieben worden. Genauso aus den Gehölzen zwischen Pendlerparkplatz und Blütenstraße, dem Außenbereich des Kindergartens in der Wolfstraße sowie von einem großen Einzelbaum in der Pfarrer-Handwerker-Straße.

Jedes Jahr etwa 30 000 Euro aus der klammen Stadtkasse für die Saatkrähen-Vertreibungsaktion zu investieren, gefällt der Mehrheit der Stadträte nicht. Ei- und Nestentnahmen nannte Bürgermeister Andreas Magg (SPD) im Schreiben an die Regierung von Oberbayern "zusätzlichen Stress für die Tiere" und mit hohen Kosten verbunden. "Dagegen würde die gezielte Tötung von Saatkrähen durch Abschuss eine schonendere Variante darstellen", so Magg unter Berufung auf den Beschluss des Stadtentwicklungsausschusses. Er versprach, sich für den ganzjährigen Abschuss durch eigens ausgebildetes Fachpersonal einzusetzen. Die Genehmigungsbehörde lehnte das ab und argumentierte, dass der besonders geschützte Singvogel natürlicher Bestandteil der bayerischen Artenvielfalt und deshalb ein Nebeneinander mit dem Menschen zu ermöglichen sei. Die bisher genehmigten Vergrämungsaktionen müssten da ausreichen. Große Hoffnung hat Olching nicht, dass sich an der Regierungsentscheidung noch etwas ändern wird. "Dann geben wir die 30 000 Euro immer wieder aus", klagte denn auch CSU-Stadträtin Maria Hartl. "Wenn wir nur vergrämen können, wird das so sein", räumte Rathauschef Magg ein. "Wir müssen das Geld ausgeben, solange wir die Plage haben." Die bedeute eine Einschränkung der Lebensqualität der betroffenen Menschen, was die Stadt nicht zulassen könne.

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