Rentner stirbt nach Unfall:Tödliche Folgen einer offenen Autotür

Germeringer hatte beim Aussteigen E-Bike übersehen. Amtsgericht verurteilt ihn wegen fahrlässiger Tötung zu Geldstrafe

Von Ariane Lindenbach

Jeder Fahrschüler, und oft sogar die Beifahrer, bekommen den Blick über die Schulter vor dem Öffnen einer Autotür eingebläut, In der Praxis wird diese wichtige Unfallprophylaxe wohl oft vergessen, dass es nicht öfter kracht dürfte eher Glück sein. Für einen 76-jährigen Germeringer auf seinem E-Bike endete diese Unachtsamkeit seines Nachbarn tödlich. Der Rentner verstarb vier Monate nach der Kollision an einer Lungenembolie. Wie ein Brucker Amtsrichter gestern entschied, muss der 35-jährige Unfallverursacher nun wegen fahrlässiger Tötung 4500 Euro Geldstrafe zahlen. Er setzte damit die ursprünglich festgesetzte Strafe um 1500 Euro oder 30 Tagessätze herab.

Es war Ende September 2012. Der Angeklagte war gerade von der Arbeit nach Hause gekommen, hatte sein Auto geparkt, seine Tasche gepackt. Als er die Autotür öffnete, "hat es einen Schlag getan", berichtete der 35-Jährige am Donnerstag sichtlich betroffen. Sein Nachbar, den er bis zu seinem Versterben Ende Januar noch mehrfach in den drei verschiedenen Kliniken besuchte, fiel seitlich vom Rad und prallte mit Kopf und Körper auf den Asphalt. Er erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma und Brüche an Rippen, Hüfte und Schlüsselbein. Der Angeklagte beteuerte vor Gericht, wie "unendlich leid" es ihm tue. Und erklärte, auf jeden Fall in den Rückspiegel geblickt zu haben.

Ob er sich auch umgedreht und über die Schulter gesehen hatte, wusste er nicht mehr. Wie er unterstrich, war sein Auto vor einer leichten Kurve geparkt gewesen und an seiner Autotür hatte es keine sichtlichen Unfallspuren gegeben. Das passte zur Beobachtung einer Augenzeugin, die gesehen hatte, wie der Angeklagte genau in dem Augenblick die Tür "aufgerissen" hatte, als der E-Bike-Fahrer auf seiner Höhe war. Der Rentner sei seitlich getroffen worden. Der damals ermittelnde Polizist berichtete, auf der Straße "keine Unfallstelle gesehen" zu haben. Der Angefahrene sei ansprechbar auf einer Grünfläche gesessen. Der Angeklagte und ein weiterer Mann hatten ihn dorthin getragen.

Wie der medizinische Sachverständige ausführte, war der 76-Jährige an den mittelbaren Folgen des Unfalls gestorben. Der Mann sei "ein Leben lang mobil" gewesen, dann aber verletzungsbedingt sehr lange gelegen. Zeitweise lag der Senior auch im Koma. Durch die lange Ruhephase haben sich dem Mediziner zufolge Blutgerinnsel in den Wadenvenen gebildet, diese wanderten in die Lungenflügel und verursachten die Embolie. Durch das Tragen eines Helmes wäre zwar nach Ansicht des Mediziners vermutlich die Kopfverletzung weniger schlimm gewesen, doch am generellen Problem, der durch den Unfall bedingten Ruhephase, hätte es nur wenig verändert. Ungeklärt blieben jedoch die Fragen, ob dem Senior während der vier Monate genug Thromboseprophylaxe verabreicht worden war und ob ein in der Klinik erfolgter Sturz seinen Zustand verschlimmerte.

Wegen dieser Unwägbarkeiten, des unbekannten Tempos des Rentners und der langen Dauer zwischen Unfall und Todeszeitpunkt schlug Richter Martin Ramsauer vor, dass der Angeklagte den Einspruch auf den Strafbefehl über 120 Tagessätze à 50 Euro auf die Rechtsfolgen beschränkt. Im Gegenzug senkte er die Zahl der Tagesätze mit Einverständnis der Staatsanwältin auf 90.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: