Vorn am Stand von Bernd Linden kommt so gut wie niemand vorbei. „Ich brauche Reifen für meinen BMW“, sagt ein älterer Mann und nennt die Nummer des Automodells. Linden schaut in seinen analogen Listen nach und findet die BMW-Modelle, greift hinten in einen seiner vielen kleinen Reifenkästchen und reicht dem Kunden für acht Euro den gewünschten Reifenset. Die südbayerische Rennbahnbörse in der Germeringer Stadthalle floriert. Veranstalter Linden, der diese Börse 2017 von Garching übernommen hat, hat die vielen Tische wieder mit zumeist Hobby-Sammlern und -Händlern gefüllt. Dass den Modellauto- und Rennbahnfans der Nachwuchs fehlt, wird ganz offensichtlich. Männer im Alter zwischen seinen 50 und 70 Jahren füllen schwerpunktmäßig den Saal als Käufer und Verkäufer.

„Es sind Männer, die als Kinder früher mit ihrer Carrera-Rennbahn gespielt und später ihr Hobby wiederentdeckt haben“, weiß Bernd Linden, der in Germering in der Nähe der Stadthalle sein Geschäft „Auto-Modellbahnen-Welt“ betreibt.
Alle Verkäufer waren oder sind auch gleichzeitig Sammler. Kurios ist, dass die Serienhersteller der Modellautos keine brauchbaren Reifen mitliefern. Die, die am BMW-Modell zu sehen sind, „sind Schrott“, sagt der Käufer. „Die Reifen sind der Schlüssel für das ganze Hobby“, weiß Linden. Es gibt eine Hauptfirma als Lieferant, die habe 450 verschiedene Reifen im Angebot. Mit zur Börse hat er immerhin 190 genommen. Neue Reifen werden für die regelmäßigen Rennen benötigt, zu denen sich die Männer beim „Rennstall Maisach“ oder in Garmisch treffen. „Da geht es zu, wie bei der Formel 1“, weiß Linden, allerdings ohne Boxenstopp. Pokale werden gewonnen und die Siegerautos gefeiert. Modellautos in verschiedenen Größen gibt es bei der Börse jede Menge.
Dieter Biburger, 68, bietet die kleinsten Modelle an. H0 lautet die Größe der kleinsten Modellspur für Fachleute, das bedeutet ein Verhältnis im Maßstab von 1:87. Biburger lebt in Mittelstetten und hat sein Hobby, dass er Weihnachten 1964 mit acht Jahren und einer Rennbahn unter dem Wohnzimmertisch mal begonnen hatte, etwa 25 Jahre später zusammen mit seiner Ehefrau, die zuvor Autorennen gefahren war, wieder neu entdeckt. „Da habe ich wieder gesammelt“, erzählt er. Und das nicht zu knapp. Alle denkbaren Automodelle stehen auf seinem Tisch, Ein Porsche 356, und Mercedes 300 und ein Porsche GT ist zu entdecken. 1500 Modellautos hatte er kürzlich noch. Nach dem Tod seiner Ehefrau im vergangenen Jahr will Biburger die Sammlung nach und nach loswerden. Neulich hat er bei einer Börse auf einen Schlag 435 Autos verkauft.

Auch Peter Kaltenberger, der aus der Nähe von Linz in Österreich angereist ist, will möglichst viel verkaufen. Er hat den größten Tisch im Saal gemietet. Dort sticht ein Ford GT – Maßstab 1:8 – ins Auge. „Das größte Modell, was es gibt“, sagt Kaltenberger stolz. Es fährt allerdings nicht, es ist ein Standmodell als Dekoration und Blickfang. Zwei Jahre lang hat er die Teile für den Zusammenbau gesammelt. Jetzt würde er den Ford für 1800 Euro verkaufen. 1450 Euro hätten ihm alleine der Bausatz gekostet, erzählt er. Kaltenberger ist 70 Jahre alt und will seine Sammlung auch deshalb verkaufen, weil niemand in der Familie sein Hobby weiterbetreiben möchte – auch etwas, was bei vielen Sammlern zutrifft. Dann holt der ehemalige Telekom-Mitarbeiter noch eine Rarität hervor: eine Schneekugel mit einem Unimog drin und er strahlt über das ganze Gesicht. Eine Lebensweisheit gibt der Oberösterreicher noch mit auf den Weg: „Wenn’s kein Hobby hast, bist du arm dran.“

Ralf Pleyer aus Karlsfeld hat Carrera-Universalautos zu bieten. Die kosten 200 Euro und haben den Vorteil, dass sich bei ihnen die Stromführung dreht und sie so auch in die andere Richtung fahren können. „Hier ist der Stromschleifer“, sagt Pleyer und zeigt das kleine Metallteil am Auto. Zuhause hat er keine Rennbahn, nur eine zehn Meter lange Strecke zum Testen. Rennen fährt er, wie viele andere auch, in Maisach. Roland und Markus Wenzel, Vater und Sohn aus Ingolstadt, verkaufen die letzten Teile ihrer Carrera-Bahn. „Wir haben keinen Platz mehr für die Bahn“, sagt der Vater, der als langjähriger Audi-Mitarbeiter jetzt im Ruhestand ist. Auch seine Modellautosammlung ist im Angebot. „Da haben wir noch den halben Keller damit voll“, so Roland Wenzel.

Dann gibt es doch eine Überraschung: Zwei Jungen sind plötzlich im Saal, die mit ihren Vätern aus München-Aubing gekommen sind. „Papa hat eine Carrera-Bahn zu Hause“, sagt einer der Elfjährigen und klingt sehr fachmännisch, als er ein Modellauto in der Hand hält. „Trotzdem kommen zu wenige nach“, weiß Bernd Linden, der am Ausgang wieder Reifen verkauft. Er hat sich auch per Online-Shop bei diesem Zubehör offenbar einen Namen bei seinen Stammkunden gemacht. Linden sicher: „Bei einem Rennabend sind nach drei bis vier Stunden die Reifen abgefahren. Bei diesen Rennen fahren alle die gleichen Reifen.“ Wie bei der Formel 1 halt. Die nächste Germeringer Rennbahnbörse – in Fachkreisen www.slot-germering.de - findet im Oktober statt.