Religion:Evangelikal, aber keine Sekte

Nach der Grundsteinlegung für ein neues Gotteshaus von X-Hope in Olching wird über die mögliche Homophobie der Glaubensgemeinschaft diskutiert. Stadträtin Ingrid Jaschke erntet Kritik für ihr Grußwort

Von Ingrid Hügenell, Olching

Die Grundsteinlegung der freien evangelischen Gemeinde X-Hope in Olching und die kurze Ansprache der Dritten Bürgermeisterin Ingrid Jaschke (Grüne) dabei haben in den sozialen Netzwerken eine kritische Diskussion ausgelöst. Insbesondere ging es dabei um die in der SZ zitierte Stellungnahme des Präsidiums des Bunds Freikirchlicher Pfingstgemeinden, dem X-Hope nahesteht. Darin wird Homosexualität als abweichendes Verhalten bezeichnet, das von Gott nicht gewollt sei. Als Sekte gilt die Freikirche jedoch nicht.

Jaschke hat sich am Sonntag dazu geäußert: "Selbstverständlich distanziere ich mich von allen homophoben Haltungen und Bestrebungen, wo auch immer sie vertreten werden. Und ebenso selbstverständlich stehe ich zu den Zielen, die Diskriminierung von queeren Lebensformen - ebenso wie Diskriminierungen jeder Art - zu beenden. Vielfalt ist kein Manko, sondern bereichert unsere Gesellschaft." Sie entschuldigt sich bei Betroffenen, die sich womöglich durch ihre Teilnahme angegriffen und diskriminiert fühlten. Jaschke hatte als Vertreterin von Bürgermeister Andreas Magg (SPD) ein Grußwort der Stadt gesprochen und sich dabei eher zurückhaltend geäußert. Sie zeigte weit weniger Begeisterung für das Vorhaben der X-Hope-Gemeinde als CSU-Stadtrat Tomas Bauer, der ebenfalls sprach.

Auf Anfrage sagte die Grünen-Stadträtin am Montag, sie habe am Wochenende mit Pastor Heinz Patsch per E-Mail Kontakt gehabt. Er habe ihr versichert, bei X-Hope sei jeder willkommen, gleich welcher Hautfarbe und sexuellen Orientierung. Dass jeder willkommen ist, heißt jedoch nicht, dass auch jeder so bleiben darf, wie er ist. Das bestätigt Matthias Pöhlmann. Der evangelische Kirchenrat und promovierte Theologe ist der Beauftragte für Sekten- und Weltanschauungsfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayern. Die Formulierung könne beispielsweise auch bedeuten, dass man seine Sexualität eben nicht ausleben dürfe. Pöhlmann weist darauf hin, dass die "Konversionstherapie", bei der Homosexuelle "geheilt" werden sollen, in Deutschland verboten ist.

Die Pfingstkirchen, von deren Bund Patsch ordiniert wurde, seien eine konservative protestantische Bewegung, in der auch Sex vor der Ehe abgelehnt werde. Zudem, erklärt der Experte weiter, gebe es in der Bewegung einen "großen Heilungsoptimismus". Auch X-Hope bietet eine Reihe von Heilungskursen und Seminaren an. Den Menschen solle geholfen werden, "Ordnung in ihr Leben zu bringen."

Die Pfingstkirchen sind Pöhlmann zufolge stark vernetzt, sie bildeten eine "evangelikale Ökumene" mit einem wörtlichen Verständnis vor allem der vier Evangelien, die Leben und Wirken Jesu schildern. Diese Schriften würden nicht historisch-kritisch interpretiert, sondern als göttliche Wahrheit genommen. Besonders stark sind die Evangelikalen in den USA und in Brasilien. Freikirchen wie Pfingstgemeinden gehören jedoch zur Evangelischen Kirche. Pöhlmann stellt klar: "Man darf sie keinesfalls in die Sektenecke rücken". Homosexualität sei generell ein Reizthema in der evangelischen Kirche: "Partnerkirchen etwa in afrikanischen Ländern verstehen nicht unseren liberalen Umgang damit."

Die Rechte von Homosexuellen gehören jedoch zu den Hauptanliegen der Grünen. Ingrid Jaschke erklärt, Glaube und Weltanschauung von X-Hope hätten in der Diskussion um das Auditorium im Olchinger Stadtrat nie eine Rolle gespielt. Grund für die Ablehnung des ersten Bauantrags sei gewesen, dass das geplante Gebäude zu groß war. Auch fehlende Stellplätze und die zusätzliche Verkehrsbelastung seien Themen gewesen. Im Übrigen könne der Stadtrat einen Bauantrag nicht wegen weltanschaulicher Bedenken ablehnen, sofern eine Organisation nicht verfassungswidrig sei. X-Hope ist aber sogar als gemeinnützig anerkannt. Für eine Stellungnahme war am Montag niemand zu erreichen.

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