Reden wir über:Ausgesperrte Motorradfahrer

Reden wir über: Horst Heina.

Horst Heina.

(Foto: Heina/privat)

MSC-Vorsitzender Horst Heina lehnt pauschale Lärmschutzauflagen ab

Interview von Stefan Salger

Geht es nach dem Bundesrat, dann könnten kurvenreiche Ausflugsstrecken an Sonn- und Feiertagen für Motorräder komplett gesperrt werden. Denn immer wieder beschweren sich Anwohner über Lärmbelästigung. In Österreich wurden jüngst bereits Strecken für zu laute Bikes gesperrt. Horst Heina, 75, Vorsitzender des Motorsportclubs MSC in Fürstenfeldbruck (), hält gar nichts davon, auf diese Weise alle Motorradfahrer über einen Kamm zu scheren.

SZ: Herr Heina, vor gut einer Woche haben 10 000 Biker mit einem Korso durch München gegen Streckensperrungen protestiert. Der Kesselberg kann von Motorradfahrern an Sonn- und Feiertagen seit vielen Jahren nur in eine Richtung befahren werden, ansonsten aber gibt es in Bayern nicht viele Einschränkungen.

Was halten Sie von einer Verschärfung? Horst Heina: Ebenso wenig wie viele Politiker in Bayern. Da soll mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden. Es ist ja richtig, dass es ein paar Spinner gibt, die wirklich viel zu laut sind. Aber die gibt es unter den Autofahrern auch. Die aber haben offenbar im Bundesrat eine bessere Lobby. Dass eine ganze Gruppe wegen vielleicht fünf Prozent in Sippenhaft genommen werden soll, kann ich nicht nachvollziehen.

Was wäre die Alternative zu Streckenverboten?

Individuelle Kontrollen, wo es nötig ist. Am Kesselberg wurde ich letztens kontrolliert. Da haben die Polizisten eine technische Prüfung vorgenommen. Da gab es für einige Fahrer, die ihre Motorräder unerlaubt verändert hatten, Strafen. Wer den Auspuff manipuliert, der darf sich nicht wundern, wenn sein Fahrzeug stillgelegt wird und er zu Fuß weitergehen darf. Wer zum Beispiel auf der alten Brennerstraße Richtung Italien fährt, der weiß, dass es dort viele Kontrollen, vor allem Geschwindigkeitsmessungen gibt. Da wird dann auch entsprechend moderat gefahren.

Österreich ist ein gutes Stichwort. In Tirol sind einige Strecken gesperrt für Motorräder, die bauartbedingt eine gewisse Grenze überschreiten. Entscheidend ist der Wert des Standgeräuschs, der im Fahrzeugschein eingetragen wird. 95 Dezibel sind das Limit. Eine moderne BMW R9T liegt bei 98 Dezibel, darf dort also nicht fahren. Sinnigerweise waren österreichische Polizisten bislang auf der Ducati Multistrada unterwegs - mit 102 Dezibel Standgeräusch ab Werk.

Das Standgeräusch ist nicht als entscheidendes Kriterium geeignet. Über das konkrete Fahrgeräusch sagen die Einträge nichts aus. Messungen vor Ort sind einfach sinnvoller, am besten mit einer realistischeren Drehzahl. Und man muss den Herstellern etwas Zeit lassen, sich bei der Konstruktion auf absehbare Anforderungen und Grenzwerte vorzubereiten. Wer es dagegen mit Kollektivbestrafungen übertreibt, der zieht sich auch den Ärger der Tourismusbranche zu. In Österreich gab es schon Klagen von Hoteliers, die ja auch von Motorradfahrern leben. Also noch mal: Ansetzen sollte man beim einzelnen Fahrer und der Industrie, Streckensperrungen sind der falsche Weg.

Seit dem 1. Januar 2016 ist der maximale Schallpegel neuer Motorräder je nach Leistung-Masse-Verhältnis auf 73 bis 77 dB(A) begrenzt - und zwar in unterschiedlichen Fahrzuständen. Testzyklus-Erkennung über die Motorsteuerung und Auspuffklappensteuerungen sind laut motorradonline.de ausdrücklich verboten. Die Spielregeln gelten aber lediglich für neu typgeprüfte Fahrzeuge. Es besteht Bestandsschutz für etablierte Modelle - und auch für Nachrüstschalldämpfer, die bereits auf dem Markt sind.

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