Süddeutsche Zeitung

Kultur:Kunst aus Kinderhand

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Alle zwei Wochen malen Mitglieder des Kollektivs Vivid mit jungen Menschen aus meist sozial benachteiligten Familien. Die Bilder sind nun in einer wunderbaren Ausstellung zu sehen.

Von Florian J. Haamann, Puchheim

Dass eine Ausstellung nicht immer von etablierten Künstlerinnen und Künstlern organisiert und gestaltet werden muss, damit sie bei den Besucherinnen und Besuchern etwas auslösen und ihnen etwas Wichtiges mitteilen kann, lässt sich aktuell in ganz wunderbarer Weise auf der Galerie des Puchheimer Kulturzentrums sehen.

Dort sind unter dem Titel "Was Kunst kann, kannst du!" zahlreiche Arbeiten von jungen und sehr jungen Künstlerinnen und Künstlern zu sehen. Für viele von ihnen ist es das erste Mal, dass sie überhaupt eine öffentliche Plattform bekommen. Nicht nur als Kunstschaffende - sondern vor allem als Menschen, als Individuen.

Denn entstanden sind die Bilder in einem kostenlosen Kunstkurs des Künstlerkollektivs Vidid, der Jugendplattform des Puchheimer Kulturvereins. In dessen Atelier sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Grundschulalter seit Beginn des Schuljahres alle zwei Wochen zusammen gekommen, um gemeinsam mit den Künstlerinnen und Künstlern, die selbst alle erst um die 20 sind, zu malen und zu zeichnen.

Das Angebot richtet sich vor allem an Kinder aus sozial schwachen Familien, für sie ist die Teilnahme kostenlos. Mittlerweile ist der Kurs für alle Kinder offen, wer es sich leisten kann, wird um eine Spende für die Arbeit des Kulturvereins gebeten.

Wie wichtig diese Form der Anerkennung für die sonst eher weniger im Rampenlicht stehenden jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist, lässt sich am Stolz und dem Lächeln in ihren Gesichtern ablesen, als sie am Mittwoch bei der Vernissage in der Galerie des Puc nach vorne gerufen werden, um ihren mehr als verdienten Applaus zu empfangen. Und daran, mit welcher Freude sie vor ihren eigenen Arbeiten stehen, sie erklären oder einfach nur fast ungläubig anschauen. Im Publikum sind neben Eltern und Geschwistern viele junge Menschen ebenso zu entdecken wie traditionelle Kunstausstellungsbesucherinnen und Besucher.

Eins der Themen, mit denen sich die Gruppe beschäftigt hat, war "Ängste". Und so sind in der Ausstellung viele dunkle Farben und düstere Motive zu finden. Dazwischen sind aber auch immer wieder Bilder zu anderen Themen zu finden, heiter, lustig farbenfroh. Und trotz - oder eben gerade wegen - aller kindlichen Naivität und Verspieltheit sind durchaus einige sehr ernstzunehmende und nachdenklich machende Kunstwerke zu sehen.

Zu finden ist zudem eine Mindmap, auf der die Teilnehmenden Begriffe festgehalten haben, die sie mit "Angst" verbinden. "Note 6" ist da genauso zu lesen wie "Versagen", "Zukunft", "Horrorfilme" und "Insekten". Eine Besonderheit der Ausstellung ist, dass die Bilder der Kinder ebenso gezeigt werden wie Arbeiten von Mitgliedern von Vivid - gleichwertig und gleichberechtigt nebeneinander.

Die Ausstellung zeigt eindrucksvoll, wie es aussehen kann, wenn Politik und Kultur immer wieder betonen, dass man "niederschwellig" sein müsse, dass es wichtig sei, sich an alle zu richten und jeden mitzunehmen. Dass Vivid und dem Kulturverein Puchheim dies nun in Zusammenarbeit mit der Stadt auf geradezu exemplarische Weise gelungen ist, verdient Anerkennung für alle Beteiligten.

"Was Kunst kann, kannst du!", Ausstellung auf der Galerie des Puchheimer Kulturzentrum, noch an diesem Samstag von 14 bis 17 Uhr und am Sonntag von 14 bis 16 Uhr geöffnet.

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