Süddeutsche Zeitung

Puchheimer Festival:Alles Blues

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Im Puc zeigen die eingeladenen Musiker alle Spielarten dieser so besonderen wie ruhelosen Stilrichtung

Von Jörg Konrad, Puchheim

In Puchheim fand am Wochenende das nun vierte Bluesfestival statt. Zwei Tage, an denen das Puc fest in der Hand all jener war, die die standardisierten zwölf Takte favorisieren. Auf der Bühne, der an beiden Abenden fast ausverkauften Halle, agierten sie, die Hohepriester dieser legendären Musikform. Ausgewählt von Peter Crow C und Ferdinand "Jelly Roll" Kraemer. Die beide haben, wie schon in den vergangenen Jahren, als Black Patti das Fest zugleich eröffnet. Mit Ignaz Netzer und den Crazy Hambones folgten dann zwei Vertreter, die den Blues ebenfalls deutlich verinnerlicht und in ihrer Form der Interpretation die verschiedenen Entwicklungen dieser Stilrichtung aufgenommen haben.

Diese Möglichkeit hängt natürlich mit der langen Zeit des Bestehens dieser asketischen Musikform zusammen. Auch mit den damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen. Und weil Blueser stets und ständig "On The Road" sind, hat die jeweilige geografische Lage natürlich ebenfalls Einfluss auf ihre Musik.

Eines der Lieblingsmotive von Bluesmusikern ist übrigens, neben dem schmerzlichen Gefühl des Verlassenseins und der tagtäglichen körperlichen Herausforderung auf den Feldern und in den Fabriken, die Eisenbahn. Sie beinhaltet symbolisch einige Grundelemente des Blues: Die Ruhelosigkeit und damit das Unterwegssein, die flüchtige Momentaufnahme, wie sie jeder Wanderschaft zu eigen ist und das faszinierend Derbe, zumindest was den ersten Eindruck betrifft.

Besonders der Boogie Woogie nimmt sich dieser Metapher gern an und deren Interpreten lassen dann auch mit ihren rollenden Bässen der linken Hand die Dampfrösser nur so fauchen.

So auch Steve "Big Man" Clayton am zweiten Abend des Musikfestes. Der aus England stammende Pianist praktiziert mit rollenden Augen und kräftiger Stimme virtuos den Boogie Woogie. Aber nicht nur diesen. Clayton ist so etwas wie ein Musikentertainer, der mit seiner Band, den Wild Blues Men, locker vom Funk zum Soul wechselt, herzzerreißende Balladen ins Publikum schmettert, dessen Herz für den Chicago Blues riesengroß scheint und der auch vor einer Boogie-Woogie-Coverversion von Led Zeppelins "Whole Lotta Love" nicht zurückschreckt. Den Mut muss man erst einmal haben - und die Chuzpe, eine solche Herausforderung auch zu bestehen!

Clayton jedenfalls kämpfte sich mit purer Freude durch sein Programm und machte deutlich, wo der Blues herkommt, und, in diesem Teil des Konzertes fast noch wichtiger, welche Musikstile von ihm profitieren. Der Blues als die Handwerksgrundlage eines jeden musikalischen Tuns. Damit kann man einfach nicht falsch liegen.

Eröffnet hat den Abend der Österreicher Sir Oliver Mally mit seinem launischen wie wunderbaren akustischem Folk Blues. Während des Auftritts an seiner Seite: Hubert Hofherr, einer der besten und anerkanntesten Mundharmonikaspieler der Szene. Gemeinsam beackern sie musikalisch aber nicht nur die Bluesgeschichte. Manche ihrer Songs und Balladen sind klassisches Singer-Songwriting. Am überzeugendsten klingen sie in den Momenten, in denen sich beide Ansätze durchdringen, wenn ein Folk-Song zum Blues wird und ein Blues zum Folk-Song. Insofern ist das Fazit beider Abende: Alles Blues.

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Quelle:
SZ vom 18.03.2019
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