Puchheim:Widerstand zwecklos

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Selbst Ballone in den Zweigen bringen nicht den gewünschten Vergrämungseffekt. (Foto: Günther Reger)

Saatkrähen reagieren auf Vergrämungsmaßnahmen mit stärkerer Vermehrung

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Die Zahl der in Puchheim ungeliebten Vögel nimmt zu. Langsamer als in frühreren Jahren zwar, aber die Population der Saatkrähen wächst immer noch deutlich. 406 Nester wurden dieses Jahr schon gezählt, eine Steigerung um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2008 begann es mit acht und 2012 waren es schon 175 Nester, die die Saatkrähen bauten. Alle sogenannten Vergrämungsaktionen, die 2012 begonnen haben, scheinen kontraproduktiv gewirkt zu haben.

Das Fazit einer aktuellen Bestandsaufnahme im Puchheimer Stadtrat ist ernüchternd: Je mehr Abwehrmaßnahmen es gab, desto mehr Nester sind entstanden. Darüber, wie es mit dieser geschützten Vogelart weitergehen soll, herrscht Ratlosigkeit. Die Erkenntnis, dass es wohl besser gewesen, nichts zu tun, brachte den Stadtrat leicht aus der Fassung. "Vielleicht kann man die Population durch Pillengabe an die Vögel reduzieren", spekulierte SPD-Fraktionschef Jean-Marie Leone. "Nichts Genaues weiß man nicht", sagte CSU-Fraktionssprecher Thomas Hofschuster zum Thema und befürchtete: "Irgendwann haben wir mehr Saatkrähen als Einwohner in Puchheim." Er brachte eine gezielte Jagd auf die Krähen als "ultima ratio" in die Debatte ein. "Ich meine nicht wildes Abknallen", präzisierte Hofschuster seine Überlegung. Dafür werde es von der zuständigen Oberen Naturschutzbehörde der Regierung von Oberbayern keine Genehmigung geben, war die übereinstimmende Meinung im Gremium, nachdem Monika Dufner, die Umweltbeauftragte im Rathaus, den Stadtrat ausführlich über den aktuellen Sachstand informiert hatte.

Besonders betroffenen vom Saatkrähenproblem mit Lärm und Kot sind nach wie vor die Anwohner der Allinger Straße und Egenhoferstraße. Aber auch neue Reviere, die sich von vier auf neun erhöht hätten, sind hinter dem Pflegeheim Haus Elisabeth und auf der Kennedywiese entstanden, informierte Dufner. "Wenn wir nichts tun, könnten wir die Population stabilisieren", fasste die Biologin ihre Erkenntnisse aus einer Expertenrunde von Mitte Juli zusammen, an der auch der Landesbund für Vogelschutz und die Naturschutzbehörde teilgenommen hatten.

Die Biologin berichtete von Maßnahmen Puchheims, wie die Entfernung von Nestern im März und der Entfernung von Eiern aus den Nestern im Herbst. "Sinnvoll ist es, ein Ei im Nest zu lassen, da sonst Eier nachgelegt werden." Der Einsatz sogenannter Bird-Gards, eine akustische Abwehr der Vögel mit Hilfe von Tönen und Greifvögelschreien vertrieb die Vögel. "Im Sprengerinwäldchen flogen die Krähen beim Einsatz des Bird-Gards sofort weg und kamen auch nicht wieder", erläuterte Dufner. Mit einiger Sicherheit habe das aber auch dazu geführt, dass neue Splittersiedlungen der Krähen entstanden seien. Gernlinden, Eichenau und Germering klagen ebenfalls über eine Vermehrung der Krähen.

Der Stadtrat beschloss in seiner kollektiven Ratlosigkeit für 2018 eine "Kontrolle der Hauptkolonie" mit der Entnahme von Eiern und dem Einsatz von weiteren BirdGards. Auch der dauerhafte Einsatz eines Falkners mit Kosten bis zu 10 000 Euro soll erwogen werden.

"Vielleicht erzielen wir einen Langzeiteffekt über die Ei-Entnahme", hoffte Bürgermeister Norbert Seidl (SPD), den das Ergebnis der bisherigen Vergrämungsaktivitäten ebenfalls sehr frustrierte. Seidl zeigte Verständnis für die "Enttäuschung der Bevölkerung", vermisste aber auch die aktiven Mitglieder der Bürgerinitiative als Ansprechpartner.

© SZ vom 27.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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