Süddeutsche Zeitung

Musik:Von Dudelsack bis Disney

Das Newcomer-Musikfestival beginnt mit einem ungeplanten Auftritt und überzeugt mit unterschiedlichsten Gästen

Von Valentina Finger, Puchheim

Der wohl außergewöhnlichste Moment des Newcomer-Musikfestivals, das am Samstag zum vierten Mal im Puc stattfand, war ungeplant. Ein Musikerduo unterhält sich kurz vor Konzertbeginn mit einem israelischen Gitarristen, der eigentlich nur zu Besuch in Puchheim ist. Sie beschließen, spontan ein paar gemeinsame Songs in ihr Set einzubauen. Doch nach einer kurzen Jam-Session im Trio räumen Viktoria Küppe und Simon Harscheidt von "True Sound Stories" die Bühne. Jetzt sitzt Jonathan aus Israel allein mit seiner Gitarre im Nebellicht, singt Balladen von Jeff Buckley und der israelischen Band "Hayelala" und bleibt mit seinem gefühlvollen Vibrato-Sound gewiss bei einigen Besuchern als Stimme des Abends noch lange in Erinnerung.

Einiges zu bieten haben aber auch die fünf jungen Musikgruppen, die Frank Wunderer, der seit vielen Jahren das Jugend-Streichorchester "Bluestrings" leitet, in diesem Jahr zu dem Newcomer-Musikfestival eingeladen hat. Seit 2015 treten bei dem Nachwuchskonzert Musiker aus der Region auf, die im Rahmen der Puc-Jazzreihe "Jazz around the World" bereits als Vorband auf der Bühne standen. Statt den dabei üblichen 25 Minuten dürfen sie ein jeweils 45-minütiges Set spielen, um ein breiteres Spektrum ihres Könnens zu zeigen.

Mit "Neumentroll" könnte der Kontrast zu Jonathans intimem Intermezzo kaum größer sein. Seit 2014 gibt es die fünfköpfige Gruppe, die sich der Musik des Mittelalters verschrieben hat. Aus der nächsten Umgebung kennt man ähnliche Klänge von "Schandmaul". Doch während letztere Mittelalter mit modernem Rock kombinieren, geht es bei Neumentroll etwas archaischer zu. Getrommelt wird auf Djembe oder Davul, die Melodien tönen aus ungewohnten Instrumenten wie der Nyckelharpa. Der Hingucker ist dabei fraglos Wolfgang Raab an seinem bizarr aussehenden Dudelsack, dessen Ende ein geschnitzter Hundekopf ziert. In dieser Konstellation gibt es mittelalterliche Lieder und Eigenkompositionen zu hören, darunter die bandeigene Hymne "Trolltanz".

Es ist eine Stärke des Line-ups, dass jede Gruppe sich nicht nur im Musikstil, sondern auch in der Auftrittsatmosphäre von allen anderen unterscheidet. Der Spektakelcharakter der kostümierten Neumentroll-Musiker ist das Gegenteil der zarten Jazzstandards, wie sie das Zweiergespann von True Sound Stories präsentiert. Simon Harscheidts spielerisch tänzelnde Gitarrensoli passen zu Viktoria Küppes glockenheller Stimme. Gitarre und Gesang sind ebenbürtig, ihr Miteinander geprägt von Virtuosität und Improvisation.

Bei "Behind Blue Moon" treffen melancholische Jazz-Songs auf das flirrende Glitzern von Sängerin Beba Ebners Kleid. Aber auch mit ihrer voluminösen Stimme ist sie der Mittelpunkt des Trios aus Gitarre, Gesang und Kontrabass, das auch eigene Interpretationen von Adele oder Amy Winehouse spielt. An letztere könnte man sich auch bei der Performance von Jeanne Hanauer erinnert fühlen. Eine gut klingende Coolness prägt den Sound ihres Quartetts "So Far So Good", bei dem auch die Bluestrings-Multiinstrumentalistin Aline Patschke am Schlagzeug mitmischt. Wie der Rest der Gruppe hat Sängerin Jeanne eine gewisse Nonchalance in ihrem Auftreten, wodurch anspruchsvolle Titel wie "Shiver and Shake" von Katie Melua lässig dahingesungen wirken.

Während So Far So Good erst seit wenigen Wochen zusammen musizieren, haben "Major Moon" die Vorband-Hürde noch gar nicht gemeistert. Die Titelauswahl des Trios macht Spaß: Jazzige Varianten der aus dem Disney-Film "Das Dschungelbuch" bekannten Songs "The Bare Necessities" und "I Wan'na Be Like You" treffen auf Jazz- und Pop-Nummern. Das kommt so gut an, dass am Donnerstag eigentlich nicht viel schief gehen kann: Da haben die Drei im Puc nämlich ihr Debüt als Vorgruppe des "Harrycane Orchestra".

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Quelle:
SZ vom 19.03.2018
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