Süddeutsche Zeitung

Puchheim:Verhaltene Freude über Integrationspreis

Das Projekt "Learn4Work" für junge Flüchtlinge wird von der Staatsregierung ausgezeichnet

Von Peter Bierl, Puchheim

Zwiespältig waren die Gefühle der Delegierten des Puchheimer Asylhelferkreises, als sie am Mittwoch den Bayerischen Integrationspreis aus den Händen von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im Landtag entgegennahmen. Denn ausgezeichnet wurde ausgerechnet ihr Projekt "Learn4Work", mit dem die Helfer junge Geflüchtete an Schulen und in der Ausbildung gezielt unterstützen.

Denn die Ehrenamtlichen aus Puchheim und vielen anderen Kommunen kämpfen seit eineinhalb Jahren gegen eine Form von Ausgrenzung, die die Staatsregierung verfügte, als sie Ende 2016 anordnete, dass Asylbewerber aus vermeintlich sicheren Herkunftsländern keine Arbeitserlaubnismehr bekommen sollen. Seitdem protestieren und verhandeln die Asylhelfer vergeblich mit Landrat Thomas Karmasin (CSU), der eisern bleibt. "So restriktiv wird es fast nur noch im Landkreis Fürstenfeldbruck gehandhabt", rügt Marlies Eller. Die Flüchtlinge in Puchheim wollten gerne arbeiten, dürfen aber nicht.

Den Namen "Learn4Work" haben sich die Puchheimer extra für die Preisverleihung ausgedacht. Eigentlich ist es Hausaufgabenbetreuung und Hilfe bei Bewerbungen, beteiligt sind etwa 20 Ehrenamtliche. Die Asylhelfer gehen davon aus, dass die Flüchtlinge die Ausbildung in den Betrieben und die praktischen Fächer an der Berufsschule bewältigen können. Das Problem sind die eher theoretischen Fächer, da sei Hilfe notwendig, etwa in Mathe. Bei den Flüchtlingen handelt es sich um junge Leute zwischen 16 und 25 Jahren, zwei Dutzend von ihnen besuchen Berufsintegrationsklassen. Fünf Flüchtlinge haben einen Ausbildungsplatz bekommen, in der Gastronomie, als Maurer, im IT-Bereich und zwei bei der Trockenbaufirma TM in Puchheim. Zwei haben eine Arbeit gefunden. Zwei weitere junge Leute aus dem Puchheimer Projekt bekamen vor sechs Wochen Vorverträge für eine Lehrstelle zugeschickt und warten seitdem auf eine Ausbildungsberechtigung aus dem Landratsamt. Ein anderer Mann hat acht Angebote, aber weil er aus Äthiopien stammt, habe die Kreisbehörde abgesagt, berichtet Eller.

Sie hielt am Mittwoch im Maximilianeum die Dankesrede und nutzte die Gelegenheit für ein paar kritische Anmerkungen. "Vielleicht hätten wir die ganze Veranstaltung boykottieren sollen", sagt Eller hinterher. Genervt waren die Helfer schon, als ein Filmteam auftauchte, das im Auftrag der Staatsregierung einen Propagandaclip drehen sollte. "Die haben versucht, uns jeden Satz in den Mund zu legen, damit die Regierung gut wegkommt und kein Wort der Kritik zu hören ist", erzählt Eller. Der kleine Film wurde am Mittwoch dann im Landtag vorgeführt.

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Quelle:
SZ vom 18.05.2018
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