Süddeutsche Zeitung

Puchheim:Ungewöhnliche Gemeinschaften

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Bei einer Diskussion werden neue Wohnkonzepte vorgestellt

Von Marius Scheffelt, Puchheim

Der überhitzte Wohnungsmarkt ist im Landkreis ein viel diskutiertes Thema. Das Finden von Lösungen gestaltet sich als schwierige Aufgabe. Aus diesem Grund haben der Asylhelferkreis Puchheim und der Sachbereich Soziales der Pfarrei Sankt Josef einen Abend zum Thema "Neue Ideen zur Wohnungssuche" veranstaltet. Neben der allgegenwärtigen Wohnungsnot wurden auch zwei untypische Konzepte besprochen. Eine klassische WG in nicht ganz klassischer Besetzung präsentierte die Puchheimerin Kessy Wolf, selbst mehrfache Mutter. Sie finanziert die Miete für ihr Haus, indem sie mehrere Zimmer an Studenten vermietet. Für diese sei sie Mitbewohnerin, Freundin und eine Art Ersatzmama zugleich. Besonders das Gemeinschaftsgefühl sei toll. Wenn man die nötige Offenheit und Anpassungsfähigkeit mitbringe, sei eine Wohngemeinschaft eine sehr gute Sache.

Zudem wurde das Projekt "Wohnen für Hilfe" vorgestellt. Dabei stellen Senioren Mietraum für junge Leute kostenlos zur Verfügung. Im Gegenzug sollen diese im Alltag helfen, zum Beispiel einkaufen gehen oder den Rasen mähen. Ein Quadratmeter Wohnfläche entspricht einer Stunde Hilfe pro Monat. Das soll die Richtlinie sein, wenn jung und alt zusammen wohnen. Seit April 2017 ist "Wohnen für Hilfe" beim Landratsamt angesiedelt und wird von der Sozialpädagogin Verena Bauer betreut. Insgesamt neun Wohnpartnerschaften gäbe es im Landkreis bereits, erzählte sie. Sieben davon seien im letzten Jahr dazugekommen. Dies sei durchaus positiv zu bewerten. Ein konkretes Beispiel konnte Veronika Linker liefern. Sie ist bereits seit 20 Jahren bei "Wohnen für Hilfe" und sei nach wie vor sehr zufrieden. Auch die Koordination durch das Landratsamt funktioniere sehr gut. Natürlich müsse man Abstriche im Alltag machen, gab sie zu, aber dies habe für sie und ihren Mann wunderbar geklappt. "Ich kann aus meiner Sicht dieses Modell nur empfehlen", machte Linker den Anwesenden Mut.

Indirekt ging auch Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl auf die Idee von "Wohnen für Hilfe" ein. Immer häufiger würden ältere Menschen auf viel Platz wohnen, den sie nur zum Teil benötigen würden. Der Raum wäre also da, er müsse eben besser genutzt werden. Seidl sprach eingangs über die Wohnungsmarktsituation aus Sicht der Stadt. Unter dem Schlagwort "Wohnraumentwicklung" habe man eine Strategie ausgearbeitet, um der gegenwärtigen Situation entgegenzuwirken. Dazu gehöre einerseits das Sichern der 110 stadteigenen Wohnungen. Andererseits wolle man den vorhandenen Bestand verdichten. Nicola Mehrer aus der Arbeitsgruppe Wohnung des Asylhelferkreises Puchheim stellte schließlich ihre Arbeit vor. Sie wollen anerkannten Flüchtlingen helfen, sich auf das Leben als Mieter vorzubereiten, erklärte sie. Die Asylbewerber können bei ihren Kursen Mietqualifikationen erlernen. Zum Beispiel würden die Teilnehmer die korrekte Mülltrennung lernen oder wie man richtig heizt. Nach Kursende würde ein Zertifikat ausgestellt werden, das sie potenziellen Vermietern vorgelegt werden könnte. Hier läge aber das größte Problem. Das Angebot sei schlichtweg zu gering.

Klar wurde an diesem Abend, dass das bezahlbarer Wohnraum auch in Zukunft Mangelware bleiben wird. Aber auch, dass alle Seiten bereit sind, neue Wege zu finden, um gegen dieses Problem anzukämpfen.

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Quelle:
SZ vom 02.02.2018
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