Puchheim:Dauerbaustelle Turnhallen

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Für Realschule, Gymnasium und die Puchheimer Vereine wurde die Turnhalle errichtet. (Foto: Johannes Simon)

Es ist ein Puchheimer Großprojekt, das nicht fertig zu werden scheint. Die Leidtragenden bekommen nun Erklärungen von Landrat Thomas Karmasin.

Von Peter Bierl, Puchheim

Wann die neuen Puchheimer Turnhallen endlich benutzt werden dürfen, konnte Landrat Thomas Karmasin (CSU) bei der Informationsveranstaltung am Montag in der Aula der Realschule nicht sagen. Immer noch ist unklar, wer die verpfuschte Deckenkonstruktion reparieren soll. Die Kreisbehörde verhandelt mit dem Betrieb, der den Schaden verursacht hat, weil es länger dauern und noch teurer würde, ein anderes Unternehmen zu beauftragen. „Wir arbeiten mit einer Firma zusammen, der man nicht vertrauen kann, weil die Alternative schlechter wäre“, beschrieb der Landrat das Dilemma.

Zu der Veranstaltung kamen knapp 60 Menschen, darunter viele Kreisräte. Die beiden Schulen werden von insgesamt etwa 2000 Kindern und Jugendlichen besucht, deren Sportunterricht gekürzt und anderswo stattfinden muss, betroffen sind außerdem Vereine wie der FC Puchheim, dem die Mitglieder davonlaufen. „Es ist ein starkes Stück“, empörte sich Sonja Meyer, zweite Konrektorin der Realschule über die jahrelange Verzögerung. Sie hat unlängst den ersten Schülerjahrgang verabschiedet, der an der Einrichtung keine Turnhalle von innen gesehen habe. Die Neubauten sollten 2021 zur Verfügung stehen.

Landrat Thomas Karmasin und Sabine Stannecker bei der Veranstaltung in Puchheim. (Foto: Johannes Simon/Johannes Simon)

Der Landrat eröffnete die Veranstaltung mit Ausführungen darüber, dass die Behörden quasi machtlos seien: Die Firmen würden chillen und man müsse warten, ob sie doch etwas zu tun geruhen. Beim Neubau der Turnhallen sei „von Anfang an der Wurm drin“ gewesen und diese Serie habe sich fortgesetzt.

2016 hatte der Kreistag beschlossen, eine neue Dreifach- und eine Zweifachturnhalle für Realschule und Gymnasium sowie die Vereine bauen zu lassen. Zwei Jahre später sei bereits klar geworden, dass das Projekt teurer werde als geplant, erklärte Sabine Stannecker, Referatsleiterin kreiseigener Hoch- und Tiefbau, dem Publikum. Es folgte eine „Kette der Verzögerungen“.

Beim Abriss der alten Hallen wurden künstliche Mineralfasern und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entdeckt, weshalb sich der Spatenstich bis in den Winter 2019 verschob. Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg verursachten zusätzlich Lieferengpässe bei Baumaterialien, Dachdeckerarbeiten mussten verschoben werden. Im Mai 2022 wurden Mängel am Sichtbeton der Neubauten entdeckt. Ein Jahr später hieß es, die Hallen könnten wegen fehlender Brandschutztüren nicht nach den Pfingstferien benutzt werden.

Die Türen kamen irgendwann, wurden aber erst einmal falsch eingebaut, berichtete Stannecker. Im Oktober 2023 folgte die nächste Hiobsbotschaft, die Nachweise zum Brandschutz und zur Statik fehlten. „In Zusammenarbeit mit dem Prüfstatiker haben wir Abweichungen festgestellt, das kam uns spanisch vor“, sagte sie. Im November entdeckte die Behörde, dass Schrauben fehlten, als diese eingebaut werden sollten, habe sich im Februar nach dem Einsatz von Sonden herausgestellt, dass ganze Bauteile an mehreren Stellen fehlten. Es lagen demnach „massive Versäumnisse“ des Unternehmens und der Objektüberwachung vor. Der Anwalt Fabian Sindl, der den Landkreis berät, sprach von „Multiorganversagen“. Karmasin sagte, es hätten „alle Zahnräder gleichzeitig versagt“.

Jedenfalls habe der Landkreis der Dachdeckerfirma im März gekündigt, berichtete Stannecker, allerdings festgestellt, dass es „keine schnelle Lösung“ gibt. Zwar könnten die fehlenden Teile von unten und von oben in die Dachkonstruktion eingefügt werden. Eine neue Firma würde allerdings keine Gewährleistung übernehmen, ohne das komplette Dach abzureißen und neu zu bauen. „Sie werden keinen Betrieb finden, der das übernimmt“, sagte Johann Wörle (CSU), der Baureferent des Kreistages, der die Lage als „mehr als verfahren“ charakterisierte. Der gelernte Spenglermeister betonte, dass von den Fehlern die „Dachhaut“ und nicht das Dach als solches betroffen sei.

Das Landratsamt habe sich entschlossen, es noch einmal mit dem Unternehmen zu versuchen, das den Schaden angerichtet hat. Die Firma habe „Stein und Bein geschworen“, sich jetzt zu bemühen, berichtete der Landrat. Die Verhandlungen über die Bedingungen liefen noch, in den nächsten Tagen falle die Entscheidung.

Auf die Nachfrage von Eltern nach einem Zeitplan, sagte Karmasin, darauf könne er keine Antwort geben. Wenn ein Betrieb nach den Regeln der Kunst vorgehe, könnte die Arbeit im November vollendet sein. Würde man hingegen ein neues Unternehmen beauftragen, würde sich die Sanierung etwa zwei Jahre hinziehen, sagte Stannecker.

Karmasin und Wörle beklagten die Regularien der Ausschreibung. „Die öffentlichen Bauherren sind zunehmend rechtlos gestellt und haben wenig Handhabe. Man dreht uns eine lange Nase“, sagte der Landrat. Er verteidigte die Arbeit seiner Mitarbeiter und betonte, die Verwaltung habe „getan, was sie konnte“. Kreisrat Martin Runge (Grüne) sagte der SZ, die Arbeit des Bauamts habe sich insgesamt deutlich verbessert. Gleichwohl würde er sich wünschen, dass bei solchen Großvorhaben mehr kontrolliert und dokumentiert würde. Runge hatte im Kreistag immer wieder die Umsetzung des Hallenprojekts kritisiert.

Der Mehrwert der Informationsveranstaltung sei gewesen, dass es einen Plan A und einen Plan B im Landratsamt gibt, sagte Monika Christoph, die Rektorin des Gymnasiums, am Dienstag der SZ. Die Lehrer, Schüler und Eltern hofften, dass Plan A funktioniert, damit der Unterricht wieder regulär stattfinden kann, statt die Schüler mit Bussen zu anderen Sportstätten zu kutschieren. „Die Stimmung bleibt schlecht“, sagte die Rektorin.

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