Puchheim:Trickserei mit Wohnungen

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Das Sozialamt moniert, dass Verstöße gegen die Satzung schwer zu belegen sind und der Aufwand enorm ist. Manche Eigentümer entziehen sich den Auflagen, indem sie eine Zweitwohnung anmelden

Von Peter Bierl, Puchheim

Vor einigen Jahren, als der Tourismus boomte, lösten Plattformen wie Airbnb Empörung aus, weil teils Wohnraum zweckentfremdet wurde. Der Stadtrat von Puchheim reagierte wie einige andere Kommunen mit einer Zweckentfremdungssatzung. Etwa 45 Fälle hat das Sozialamt in den vergangenen drei Jahren bearbeitet. "Es ist ein Instrument, um gegen Ferienwohnungen und Spekulation vorzugehen, aber der Aufwand ist enorm", lautet die Bilanz von Katharina Bock, der Sachgebietsleiterin für soziale Hilfe. Denn jeder einzelne Fall muss genau geprüft und abgewogen werden. Oft treten Eigentümer die "Flucht in die Zweitwohnung" an, manche ziehen vor Gericht.

Im Herbst 2017 hat der Stadtrat die Satzung gegen Zweckentfremdung von Wohnraum erlassen. Sie trat Anfang 2018 in Kraft und gilt vorerst für fünf Jahre. Eine Zweckentfremdung liegt vor, wenn Wohnraum als Büro, Praxis, Ferienwohnung oder Herberge für Arbeitskräfte genutzt wird, drei Monate leer steht oder ersatzlos abgebrochen wird. Das ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld bis zu 50 000 Euro belegt werden kann.

Dabei können Eigentümer durchaus eine andere Nutzung bei der Stadt beantragen. Sie müssen dann für Ersatzwohnraum sorgen oder einen Ausgleich bezahlen, der in den öffentlich geförderten Wohnungsbau fließen soll. Seit Erlass der Satzung sind 17 solche Anträge eingegangen, die "unproblematisch positiv beschieden" wurden. Richtig viel Arbeit macht es hingegen, Vorwürfe zu prüfen.

Pro Jahr bearbeitet das Sozialamt im Schnitt etwa 13 Fälle, berichtet Bock. Oft wird die Zweckentfremdung von Bürgern gemeldet, die sich über leer stehende Wohnungen und Häuser ärgern. Viele Immobilien seien mehrfach angezeigt worden. Die Bürger seien dann oft enttäuscht, weil die Stadt in der Regel nicht schnell Abhilfe schaffen kann. Dabei betont Bock, dass sie niedrige Bußgelder verhängt, weil das Ziel ja sei, Wohnraum zu erhalten, möglichst im Einvernehmen mit den Eigentümern, und nicht langwierige Prozesse auszulösen. Allerdings reagierten Eigentümer und Mieter auf das Bemühen der Stadt "größtenteils nicht kooperativ und negativ", heißt es in dem Bericht, der dem Sozialausschuss vorgelegt wurde.

"Hinweise an die Eigentümer von Leerstandsgebäuden blieben durchgehend ergebnislos", diese hätte vielmehr versucht, "mit Ausreden" das Vorgehen der Verwaltung zu verzögern, heißt es in dem Bericht. In sechs Fällen prüfte die Verwaltung, ob illegal Ferienwohnungen angeboten wurden. Die Vorwürfe haben sich nicht bestätigt. In einem Fall hatte jemand lediglich ein Zimmer, in einem anderen die Wohnung für ein paar Wochen anderweitig vergeben, berichtet Bock der SZ.

Einige versuchten, die Zweckentfremdung zu verschleiern, indem sie sich selbst oder Angehörige anmelden. Insgesamt sei der Sachverhalt schwer nachweisbar. Leicht auszumanövrieren ist die Zweckentfremdungssatzung dadurch, dass Eigentümer ihre Immobilie als Zweitwohnsitz deklarieren, zumal in Puchheim keine entsprechende Steuer erhoben wird. In drei Fällen umgingen Eigentümer die Vollstreckung des Bußgeldes auf diese Weise, einer reagierte mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde, zwei gingen zum Anwalt.

Zwei Prozesse dauern noch an. In einem Fall geht es um einen Leerstand, der bekannt wurde, als die Mieter als obdachlos registriert wurden. Die Eigentümerin zog gegen die Anordnung einer Ausgleichszahlung von 3000 Euro vors Verwaltungsgericht. Im zweiten Fall hatten die Eigentümer eine Doppelhaushälfte wiederholt kurzfristig an Handwerker vermietet. Die Stadt verhängte ein Bußgeld von 5000 Euro. Die Besitzer klagten, aber das Amtsgericht verdoppelte auf 10 000 Euro - wogegen Revision eingelegt wurde.

Bei vielen heruntergekommen Häusern oder Wohnungen stellte sich heraus, dass diese sehr alten oder kranken Menschen gehören, die überfordert seien. In solchen Fällen habe man den Eigentümern vorgeschlagen, Familien oder Wohngemeinschaften zu einer günstigen Miete aufzunehmen, während diese dafür die Immobilien renovieren. Aber auch solche Appelle seien "größtenteils ins Leere" gelaufen.

© SZ vom 26.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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