„Man lernt, wie man mit Rassismus umgehen kann, vor allem in Bezug auf unsere Klasse“, sagt eine Achtklässlerin der Realschule Puchheim. Für sie und ihre Mitschülerinnen und Mitschüler fällt an diesem Tag der reguläre Unterricht aus. Stattdessen nehmen sie an einem besonderen Workshop teil – in dem man ebenfalls sehr viel lernt. Ermöglicht wird das ganze von „Sei eine Stimme“. In erster Linie ist dies eine Fotoausstellung zum Thema Diskriminierung, Rassismus und Rechtsextremismus. Auf mehr als 60 Aufstellern, verteilt auf zwei Stockwerke der Aula, kommen Personen aus Politik, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung zu Wort. Respekt und Menschlichkeit stehen auch im Blickpunkt einer ganzen Aktionswoche in Kooperation mit dem Ausstellungsträgerverein „Aktion Liebe Deinen Nächsten“.
Musik und Sport dienen als Plattformen
Zu Beginn der Woche stand bei einer Podiumsdiskussion unter anderem das Thema Judenfeindlichkeit im Fokus. An zwei weiteren Tagen hatten jeweils drei Klassen der achten Jahrgangsstufe die Möglichkeit, sich gemeinsam mit Martin Rietsch, Musiker und Initiator der Ausstellung, mit Rassismus und Diskriminierung auseinanderzusetzen. Rietsch ist sichtlich stolz, dass mittlerweile so viele Persönlichkeiten in der Ausstellung einen Einblick in ihre persönliche Geschichte gewähren. „Die Art und Weise, wie er es erzählt, berührt mich“, sagt ein Schüler mit Blick auf die sehr persönlichen Einsichten, die Rietsch offenbart: Mit nigerianischen Wurzeln in Deutschland geboren und aufgewachsen, hat dieser bereits in seiner Kindheit Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung gemacht und drei Suizidversuche hinter sich.
Neben Songs, die er gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern anstimmt, nutzt er auch Fußball als eine Plattform, um Werte wie gegenseitige Rücksichtnahme, Wertschätzung oder Respekt zu vermitteln. Das Thema sei sehr aktuell, findet Realschulrektorin Christine Heimann. Es gebe viele Schülerinnen und Schüler, die aufgrund der Herkunft ihrer Eltern und ihres kulturellen Hintergrunds gemobbt werden. Daher sei es wichtig, als Schule ein Zeichen zu setzen. Weiter geht es in dem Workshop um Vorurteile. Während den Deutschen oft pauschal Pünktlichkeit bescheinigt werde, wird Ausländern nicht selten Kriminalität unterstellt.
Damit die gesamte Schulfamilie von diesem Projekt profitieren kann, können sich Schülerinnen und Schüler nach dem Workshop als Multiplikatoren ausbilden lassen, um Mitschüler fachkundig durch die Ausstellung zu führen. Der vierstellige Betrag für die Aktionswoche wurde mithilfe des Elternbeirats, Fördervereins und durch eine Beteiligung aller Schülerinnen und Schüler aufgebracht. Das Programm ist passgenau auf die Schule zugeschnitten und beinhaltet neben den Workshops auch ein Fußballtraining und einen Elternabend zum Thema Förderung der Lebenskompetenzen von Kindern. Rietsch zeigt sich am Ende begeistert von Offenheit und Engagement der Schüler und kann sich vorstellen, künftig regelmäßig an die Schule zu kommen.