Puchheim:Puchheimer Traumschiff

Lesezeit: 3 min

Zum zehnjährigen Jubiläum zeigt die Taschenoper eine in die Jetztzeit übertragene Fassung von Mozarts Oper "Così fan tutte". Das Publikum im Kulturzentrum zeigt sich begeistert

Von KLAUS MOHR, Puchheim

Wer sich auf ein Schiff begibt, der verliert den festen Boden unter den Füßen. Diese Metapher stand über der Aufführung von Wolfgang Amadeus Mozarts Oper "Così fan tutte", die in einer Bearbeitung der Puchheimer Taschenoper am Samstag im voll besetzten Saal des Puchheimer Kulturzentrums Puc Premiere hatte. Treue gilt gemeinhin als fester Boden einer Beziehung. Allein eine Wette (hier um einhundert Euro) aber reicht in dieser Oper für zwei Männer aus, die Braut des jeweils anderen zu verführen. Auch wenn es zunächst so aussieht, als ob das nicht gelingt, so ändert sich das nach die Verstärkung der Bemühungen doch recht schnell.

Die Moral von der Geschichte, nämlich dass Frauen jederzeit durch andere Männer verführbar seien, trifft nur die halbe Wahrheit, denn schließlich sind auch die Männer ohne Skrupel bereit, sich anderen Frauen liebevoll zuzuwenden. Das Happy End, man ahnt es, bleibt durch diese gegenseitigen Verfehlungen nicht aus. Nichtsdestotrotz klassifizierte Loriot in seiner kauzigen Art diese Oper als "derart unanständig, dass sie in Deutschland meist italienisch gesungen wird." Auch Ludwig van Beethoven äußerte sich ablehnend diesem Werk gegenüber, übernahm aber eine Arie in seinen "Fidelio", was als Beleg für die kompositorische Meisterschaft Mozarts gelten kann.

Mit Così fan tutte brachte die Puchheimer Taschenoper zum zehnjährigen Bestehen in diesem Jahr bereits die zweite Produktion nach der viel beachteten Uraufführung von drei Kurzopern im März auf die Bühne. Vier Liegestühle mit bunten Badetüchern standen auf der Bühne, im Hintergrund waren eine Reling und der Blick auf das bewegte offene Meer mit blauem Himmel zu sehen. Die Mitglieder der Crew, also Sänger und Instrumentalisten, trugen weiße Hemden und blaue Krawatten, zusätzlich hatten die Musiker noch blaue Schiffchen als Kopfbedeckungen. Zur Oper gab es ein Vorprogramm, das der Chor Cantus P unter der Leitung von Astrid Sachs gestaltete. Vier Schlager aus den Fünfzigerjahren, die Meer, Sonne und Italien zum Thema hatten, waren zwar stilistisch aus einer anderen Welt als die Mozart-Oper, zauberten aber das Feeling einer Kreuzfahrt in den Saal. Nicht umsonst wurde das Publikum "im Bordbistro" begrüßt.

Die Bearbeiter von Così, Silke Wenzel für das Arrangement und Kulturamtsleiter Michael Kaller für den Text, verfolgten konsequent und stimmig die Idee, das Geschehen vom Ende des 18. Jahrhunderts in unsere Zeit zu verlegen. Sie wählten die deutsche Sprache, wenngleich der Text nicht immer gut zu verstehen war. Das Instrumentalensemble unter der Leitung von Michael Sachs kam mit den Instrumenten Klavier, Violine, Flöte, Saxofon, Akkordeon, Cajón und Kontrabass aus. Daraus entstand mehr als ein Gerippe der ursprünglichen Partitur, sowohl Klangfülle als auch Transparenz waren beeindruckend und in hoher Qualität möglich.

Ein Prosit auf die Aufführung. Das Publikum genoss den Abend an kleinen Tischchen. (Foto: Reger)

Die Anfangsszene zur Musik der Ouvertüre nahm die Verlagerung von Ort und Zeit überzeugend auf, indem sich die beiden Paare Fiordiligi (Sopranistin Sarah Cossaboon) und Guglielmo (Bariton Florian Dengler) sowie Dorabella (Mezzosopran Stephanie Firnkes) und Ferrando (Tenor Markus Schmid) wechselseitig und ausgiebig mit ihren Smartphones fotografierten. Etwas gewöhnungsbedürftig war der Ersatz der Oboe als Melodieträger durch das Saxofon, aber folgerichtig, denn in der Band an Bord dürfte eher ein Saxofon vertreten sein. Ein Schwerpunkt der Oper liegt in den Ensembleszenen vom Duett bis zum Quintett und weniger in den großen Arien, was auch für diese Produktion galt. Höhepunkte im ersten Teil waren die spannungsreiche Szene der beiden Herren mit der Housekeeperin Despina (Sopranistin Silke Wenzel), aus der dann die Wette resultierte, sowie anschließend der beiden Frauen. Sängerisch bewegten sich alle Darsteller auf hohem Niveau, sie hatten ihre Partien nicht nur gründlich studiert, sondern sie auch musikalisch in Bögen gegossen.

Die Secco-Rezitative, die im Regelfall vom Cembalo gestützt werden, wurden hier vom Akkordeon (Simon Japha) punktgenau begleitet. Bei aller spürbaren Emotionalität der Protagonisten war doch stets ein Augenzwinkern zu spüren, blieb die Idee eines heiteren Spiels immer greifbar. Im Verlauf griff der Chor Cantus P mehrmals als Stimme aus dem Lautsprecher tonschön und präsent in das Geschehen ein. Am Ende verbanden sich Solistenquintett, Chor und Instrumentalensemble zu einem wunderbar klangvollen Gesamteindruck. Großen und lang anhaltenden Beifall gab es zum Schluss für das ganze Ensemble als Gegenwert für eine kraftvolle und dramaturgisch ausgezeichnet durchgearbeitete Produktion ohne jeden Spannungsabfall.

Weitere Vorstellungen von Così fan tutte finden am 10., 11., 12., 18. und 19. Oktober im Puchheimer Kulturzentrum Puc statt

© SZ vom 06.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: