Puchheim:Musiker auf Entdeckerreise

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Das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz gastiert mangels Auftrittsmöglichkeit im eigenen Haus in Puchheim. (Foto: Johannes Simon)

Spannungsvoller Jahresabschluss der Puchheimer Kammermusik

Von Klaus Mohr, Puchheim

Das Staatstheater am Gärtnerplatz wird seit Jahren saniert, die Vorstellungen finden deshalb an verschiedenen Spielorten in München statt. Auf diese Weise fehlt dem Theater eine Heimat, ständig sind die Künstler auf Herbergssuche. Seit einem Jahrzehnt haben die Musiker aus dem Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz unter Vermittlung ihres Solo-Fagottisten Johannes Overbeck eine beständige Wahlheimat für ihre Kammerkonzerte im Puchheimer Kulturzentrum Puc gefunden. Immer montags finden dort die Konzerte statt, und viele Besucher haben sich diese Abende zu festen Terminen gemacht. Das war auch am vergangenen Montag so, als der Béla-Bartók-Saal trotz der Nähe zu Weihnachten fast voll besetzt war.

Das Programm enthielt, wie meistens hier, Überraschungen in Form von unbekannten Kompositionen. Der Titel des Abends "Quintessenz" war an das Quintett in A-Dur für Klarinette, zwei Violinen, Viola und Violoncello op. 146 von Max Reger nach der Pause angelehnt und traf in doppelter Hinsicht zu: Dieses letzte Werk des Komponisten stellt in gewisser Weise die "Quintessenz" seines Schaffens dar, es war aber auch eine der letzten Gelegenheiten, sich im Jubiläumsjahr aus Anlass seines 100. Todestages mit der Musik von Reger zu beschäftigen.

Am Beginn stand das Trio in Es-Dur für Klarinette, Fagott und Klavier op. 43 von Conradin Kreutzer aus dem Jahr 1820. Weder der Komponist, noch das Werk haben sich im Bewusstsein der Musikfreunde einen gesicherten Platz erobern können. Das Trio aber überzeugte die Hörer nicht nur in seiner freundlich-heiteren Grundstimmung, sondern auch durch seine einfallsreich-geschickte kompositorische Faktur. Eine Art Trillerfigur bildete den Impuls im Kopfsatz Maestoso. Im Verlauf wirkte der Satz wie eine einheitliche Aussage mit verteilten Rollen, bei denen die Instrumente in klassischem Duktus eng verzahnt waren. Das Andante grazioso lebte von der liedhaften Anlage, die durch eine Kantilene des Fagotts, später übernommen von der Klarinette, getragen wurde. Die akkordische Begleitung des Klaviers legte eine Art wohligen Harmoniemantel darum. Als muntere Spielmusik kam das Final-Rondo beim Hörer an und entwickelte in seinem sonnigen Charakter wahre Gassenhauerqualitäten.

Den Namen des Komponisten Georg Otto Deigendesch dürften die meisten Zuhörer noch nie gehört haben. Sein Versuch, Unterricht bei Max Reger zu bekommen, schlug fehl, doch ist sein Stil demjenigen des Vorbilds hörbar verwandt. Sein Streichquartettsatz in B-Dur aus dem Jahr 1906 stand auf dem Programm. In den verschiedenen Episoden entwickelten sich stark linear geprägte Melodieverläufe, die in diffizilem Zusammenspiel komplexe harmonische Entwicklungen offenbar werden ließen. Einleuchtender wäre diese Klangstudie sicher gewesen, wenn die Intonation punktgenauer und die Balance besser austariert gewesen wäre. Musik für mehrere Kontrabässe ist dem Landkreispublikum spätestens seit den Gastspielen des Ensembles "Bassiona amorosa" geläufig. Die finnischen Tangos für vier Kontrabässe im Arrangement von Peter Grans tauchten finnische Volksweisen in sehnsuchtsvoll-schwelgerische Melodienseligkeit mit innigem Vibrato zu rhythmisch effektvoll vibrierender Grundlage.

Regers bekanntes Klarinettenquintett war nicht nur Quintessenz, sondern auch wunderbarer Höhepunkt dieses Konzerts. Hier wurde gleich zu Beginn mit Klangfarben gemalt, mischten sich die Töne der Streicher mit denen der Klarinette zu immer neuen Nuancen. Im Vivace waren fragile Bausteine in einem filigranen Geflecht kunstvoll verwoben und spannungsvoll verdichtet. Das Vorprogramm des Konzerts mit den Gärtnerplatz-Musikern bestritten drei Schüler der Klavierklasse von Cornelia Nonn-Jordache. Fabian Elbers, Charlotte Lange und Charlotte Gerle waren mit Stücken von Friedrich Kuhlau, Ludwig van Beethoven und César Franck zu hören und erhielten viel Beifall.

© SZ vom 23.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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