Puchheim:Hürden im Alltag

Lesezeit: 2 min

Kleine Hindernisse, große Probleme: Martin Bauer (links), selbst Rollstuhlfahrer, erklärt Nicht-Rollstuhlfahrern, wie mühsam schon kleine Erhöhungen im Alltag sind. (Foto: Johannes Simon)

Menschen mit Behinderungen haben es oft unnötig schwer. Auf ihre Belange wird immer noch zu wenig Rücksicht genommen. Das zeigt eine Veranstaltung in Puchheim.

Von Patrick Tietz, Puchheim

Inklusiver Sport ist ein Thema gewesen. So stellte der 1. SC Gröbenzell seine Inklusions-Fußballmannschaft vor. Rund zwei Drittel der Mannschaft kicken laut Trainer Christian Mausbach mit Handicap. Stolz zeigten die Spieler im Kulturzentrum Puc ihren Pokal für die Teilnahme an der bayerischen Inklusions-Fußball-Meisterschaft, die im Oktober in Hersbruck im Nürnberger Land stattgefunden hat. Auch der SC Puchheim war am Tag der Menschen mit Behinderung der Einladung des Behindertenbeirats gefolgt und präsentierte diverse inklusive Angebote wie "Sport trotz(t) Demenz" und die Reha- und Osteoporosegruppen. Darüber hinaus gab es für Freunde des Pferdesports einen Infostand zu den Themen Reiten als Parasport sowie therapeutisches Reiten.

Den Sozialverband VdK vertrat Dieter Dürr. Der VdK bietet seinen Mitgliedern vor allem Sozialrechtsberatungen und verhilft diesen zu ihrem Recht, wie der erklärt. Darüber hinaus betreibt der Verband Lobbyarbeit und gibt Stellungnahmen zu sozialen Themen ab. Dürr selbst ist erblindet und demonstrierte anhand eines kleinen Parcours das Zusammenspiel mit seinem Blindenhund Henri. Blindenhunde zahle zwar im Normalfall die Krankenkasse aber nicht ohne Hürden. Es sei üblich, erst einmal eine Absage zu erhalten. Genau bei solchen Problemen helfe dann der VdK. Auf humorige Art erzählte Dürr zudem Anekdoten vom Leben mit Henri und vermittelte nebenbei die "Dos and Don'ts mit Sehbehinderten". Wichtigste Regel: nicht ohne vorherige Kontaktaufnahme anfassen - außer bei akuter Gefahr.

Für das Inklusionsforum des Landratsamts waren die Inklusionsbeauftragte Lisa Rubin und die SPD-Kreisrätin Petra Weber, Referentin für Inklusion, anwesend. Das Forum koordiniert die verschiedenen Tätigkeiten von Vereinen und Verbänden, die sich im Landkreis für die Belange von Menschen mit Behinderung einsetzen. Im Vordergrund stehen Austausch, Projektentwicklung und Beratung. Als Erfolg verbucht Weber, dass seit einiger Zeit bei Bauprojekten auf Barrierefreiheit geachtet wird. Problematisch seien aber die "Altlasten". Ähnlich sieht das Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl. Seiner Aussage nach mache die Stadt Puchheim viel im Bereich Barrierefreiheit. "Wir sind auf dem Weg, aber die Aufgabenfülle ist riesig."

Rollstuhl-Parcours

Von Barrieren im Alltag kann Martin Bauer ein Lied singen. Der stellvertretende Vorsitzende des Behindertenbeirats Puchheim sitzt im Rollstuhl. Naheliegend dass Barrierefreiheit sein Thema ist. Und weil über etwas reden das eine, es erleben, aber etwas anderes ist, hat er sich etwas Besonderes ausgedacht: Zusammen mit seiner Frau bot er einen kleinen Rollstuhl-Parcours an. Ein paar Leitkegel, eine kleine Rampe und eine Kante. Mehr braucht es nicht, um zu erfahren, mit welchen Schwierigkeiten Rollstuhlfahrer zu kämpfen haben. Wegen der Gefahr, beim Überwinden der Hindernisse umzukippen, sicherten er und seine Frau Kathrin Bauer die Probanden ab. Das schwierigste Hindernis war zweifelsohne die Kante, die wie Martin Bauer erklärt, mit fünf Zentimeter niedriger ist als so mancher abgesenkte Bordstein. Ein weiteres Ärgernis für Rollstuhlfahrer, aber auch für Menschen mit Gehwagen stellen Kopfsteinpflaster dar. Die konnte, wer wollte, dann direkt vor dem Puc erleben.

Der internationale Tag der Menschen mit Behinderungen geht auf die Vereinten Nationen zurück. Laut Bundeszentrale für politische Bildung soll so jährlich am 3. Dezember die Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderungen gestärkt werden. Laut Statistischem Bundesamt sind 9,4 Prozent der Deutschen schwerbehindert (Stand 2022). Diese Zahl umfasst aber nur diejenigen, die einen Schwerbehindertenausweis haben. Nicht erfasst sind jene, die die notwendigen Kriterien erfüllen würden, aber keinen Schwerbehindertenausweis beantragt haben.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: