Süddeutsche Zeitung

Puchheim:Mehr als nur Abbildungen

Der Kunstraum Harbeck zeigt Skulpturen und Plastiken von Franz Hämmerle. Der Künstler will mit den Arbeiten nicht nur darstellen, sondern etwas Neues schaffen, das mit dem Betrachter kommuniziert

Von Florian J. Haamann, Puchheim

Für Franz Hämmerle müssen Kunstwerke mehr sein als nur eine gute Darstellung des gewählten Subjekts. Sie brauchen auch etwas, was der Künstler "Schwingungen" nennt. Eine Ebene, die abseits des Sichtbaren liegt, die mit dem Betrachter kommuniziert, in ihm widerhallt. In diesem Kunstverständnis verbindet sich, dass Hämmerle nicht nur Kunst an der Münchner Akademie studiert hat, sondern auch Diplomtheologe und Musiker ist. Wie dieses Verständnis sich auf die Arbeiten des 1949 geborenen Künstlers auswirkt, können die Besucher in der Ausstellung "Resonanzen" entdecken, die der Kunstraum Harbeck in Puchheim von diesem Sonntag an zeigt.

Für viele Puchheimer wäre es aber sicher nicht der erste Kontakt mit Hämmerle. Denn seit vielen Jahren sind mehrerer seiner Arbeiten im öffentlichen Raum der Stadt zu sehen. 1992 hat er den ersten "Nord-Süd-Durchblick" am Bahnhof geschaffen, der 2018 abgerissen werden musste. Seit 2020 steht an gleicher Stelle Hämmerles Holzskulptur "Nord-Süd-Tor". Fest verankert im Stadtbild ist außerdem seine Bronzeplastik "Begegnung" am Grünen Markt, von der ein Modell in der Ausstellung gezeigt wird. Und seit 2016 schmückt seine Steinskulptur "Heiliger Josef Selbdritt" den Eingang der katholischen Pfarrkirche Sankt Josef. Zudem waren in den vergangenen Monaten vier große Holzskulpturen zum Thema "Aufbruch" auf der Wiese neben dem Puc zu sehen.

Nun also die Ausstellung "Resonanzen". Der Kunstraum Harbeck, in dem sie auf Wunsch der Stadt gastiert, ist dafür genau der richtige Ort. Die kleinen Räume dort schaffen eine Intimität, die den gezeigten Skulpturen und Plastiken eine ganz besondere Wirkung verleiht. Die Schwingung, die sich der Künstler wünscht, ist hier quasi greifbar.

In vielen der Motiven finden sich Hämmerle der Theologe und Hämmerle der Musiker wieder. Ersteres etwa in seinen Orgelfiguren "Clara", "Miriam", "Sulamit" und "Maria Ward", die er allesamt für Kirchenorgeln geschaffen hat, die aber auch als eigenständige Skulpturen ihre Wirkung entfalten. Alle vier starke Frauenfiguren, deren Beziehung zu Gott in den Arbeiten spürbar wird. Auf der anderen Seite sind die Musikerbüsten, beispielsweise von Haydn und Schubert. Letzterer sah den Beruf des Künstlers darin, "Licht in die Tiefe des menschlichen Herzens zu senden", ein ähnliches Verständnis wie Hämmerle also. Und so ist die Büste nicht nur ein handwerklich eindrucksvoller Versuch, Schuberts Antlitz einfangen, sondern vielmehr eine Zusammenfassung und Interpretation seines Gesamtwerks. Um das zu schaffen, arbeitet Hämmerle nicht nur mit einer Vorlage, sondern betrachtet ganz verschiedene Skizzen sowie Bilder und taucht in die Musik ein.

Im Flur zwischen den Ausstellungszimmern steht die Holzskulptur eines Jungen, ein exaktes und hoch dynamisches Werk. Es zeigt den Sohn des Künstlers, wie er sich als Kind einmal im Garten Wasser aus einem Schlauch in den Mund hat laufen lassen, wie Hämmerle verrät. Es ist wohl diese persönlich oder spirituelle Nähe zu den gezeigten Motiven, die Hämmerles Arbeiten zu etwas wirklich Sehenswertem und Besonderem macht.

Ausstellung "Resonanzen" mit Skulpturen und Plastiken von Franz Hämmerle, Kunstraum Harbeck, Allinger Straße 20, Puchheim. Vernissage am Sonntag, 28. November, von 15 Uhr an, danach zu sehen bis zum 23. Januar, mittwochs von 17 bis 19 Uhr und sonntags von 14 bis 16 Uhr

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Quelle:
SZ vom 29.11.2021
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