Puchheim:Loblied aufs bürgerliche Engagement

Ehrenamt

Öffentlich und in einem feierlichen Rahmen einfach einmal Dankeschön sagen: Im Puchheimer Rathaus geschieht genau dies. Für den musikalischen Part sorgt Aleksandra Steurer am Klavier.

(Foto: Günther Reger)

Bei einer Feierstunde im Rathaus werden die Ehrenamtspreise "Puchheim Puls" überreicht. Die Wissenschaftlerin Doris Rosenkranz würdigt das Modell als besonders innovativ und motivierend

Von Peter Bierl, Puchheim

Verdichtung und Ausweitung von Arbeit und Konsum führen dazu, dass immer weniger Menschen ein Ehrenamt übernehmen wollen. Der Staat versucht, das Ehrenamt aufzuwerten, durch öffentliche Anerkennung. Etwas ganz Besonderes hat sich eine evangelische Kirchengemeinde in Nürnberg einfallen lassen: Wer mehr als zehn Jahre im Einsatz ist, bekommt eine Grabstelle im ältesten, schönsten, denkmalgeschützten Bereich ihres Friedhofes. Diese kuriose Würdigung erwähnte Doris Rosenkranz in ihrem Festvortrag bei der Verleihung des Ehrenamtspreises "Puchheim Puls" am Freitag.

Der Preis wird in drei Kategorien überreicht und geht an Menschen oder Institutionen, die vorbildhaft handeln, helfen oder besonders innovativ sind. Eine unabhängige Jury entscheidet über die Vergabe. Ausgezeichnet wurden in der mit 1000 Euro dotierten Kategorie Ehrenamt der Vorstand der Volkshochschule Puchheim, Erich Hage, Ilona Wiebers, Gerd Bedau und Anna-Maria Szeibert. In der mit 500 Euro dotierten Kategorie Alltag wurde Günther Dietrich für seinen Einsatz für den evangelischen Posaunenchor ausgezeichnet, in der mit dem gleichen Betrag dotierten Kategorie Beruf und Betrieb Laura Stieber, Geschäftsführerin des Immobilienunternehmens "Dr. Harbeck und Stieber". Einen Sonderpreis erhielten die beiden Feuerwehren. Etwa 70 Gäste waren am Freitag zu der Feier ins Rathaus gekommen. Diese wurde musikalisch von Pianistin Aleksandra Steurer gestaltet, die Stücke von Franz Schubert und Frédéric Chopin vortrug. Im Anschluss gab es ein kleines Buffet.

Rosenkranz ist Professorin an der Technischen Hochschule in Nürnberg und forscht über bürgerschaftliches Engagement. Sie berät Kommunen etwa bei der Bildung von Nachbarschaftshilfen und Seniorengenossenschaften. Als Soziologin hatte Rosenkranz ein paar Daten parat: 46 Prozent der Bevölkerung engagieren sich ehrenamtlich, aber das liegt an der Definition. Es zählte jeder, der freiwillig, nicht gewinnorientiert, in einer Organisation tätig ist. Das sagt nichts über die Schwierigkeiten aus, Vorstandsämter zu besetzen, und lässt jene aus, die sich einfach mal etwa um ältere Menschen in ihrer Nachbarschaft kümmern. Eine Befragung in Nürnberg habe ergeben, dass die meisten die urbane Balance zwischen Nähe und Distanz schätzen, drei Viertel wünschten sich jedoch einen Anlass, um mit anderen ins Gespräch zu kommen, berichtete Rosenkranz. Was also verloren gegangen ist, sind öffentliche oder halböffentliche Treffpunkte, wie früher die gemeinsame Waschküche, vermutet die Soziologin. Sehr viele möchten sich gerne engagieren und sind auch aktiv, weil sie mitgestalten wollen, Geselligkeit schätzen oder Wahlverwandtschaften jenseits der Familie suchen, wie Rosenkranz in Anspielung an ein Goethe-Zitats bemerkte. Aber die meisten wünschen sich ein niederschwelliges, überschaubares und zeitlich begrenztes Engagement und keine langjährigen Posten.

Darum sei öffentliche Wertschätzung als Motivation so wichtig. Rosenkranz lobte den Preis der Stadt Puchheim als innovative Idee. Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) berichtete, dass alle Preisträger spontan auf die gleich Weise reagiert hätten. "Das ist doch nicht der Rede wert, sondern selbstverständlich", habe die Antwort jeweils gelautet. Damit lägen sie aber falsch, ihr Einsatz gehe über das Selbstverständliche hinaus, betonte Seidl. Dass es schwierig ist, Nachfolger zu finden, berichtete Erich Hage bei der Preisübergabe. Er ist seit sieben Jahren Vorsitzender der VHS. Zum Glück habe er schon eine Grabstelle in Puchheim erworben und sei deshalb nicht darauf angewiesen, zehn Jahre im Amt zu bleiben, sagte er.

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