Puchheim:Leibhaftige Mozartkugel

Brettl-Nacht

Mal mit, mal ohne seine Politikerpuppen: Joe Heinrich bei der Puchheimer Brettl-Nacht.

(Foto: Günther Reger)

Abwechslungsreiche zweite Brettl-Nacht

Von Edith Schmied, Puchheim

Dieses Mal sollte es abwechslungsreicher werden, mit mehr Lokalkolorit. Das ist jedenfalls bei der zweiten Puchheimer Brettlnacht gelungen. Die regionale Komponente deckt Joe Heinrich, der in Maisach wohnt, ab. Er hatte auch für seine schwungvolle Moderation ordentlich recherchiert und wusste genau, wo die Puchheimer der Schuh drückt. Quasi als Co-Moderatoren standen ihm seine beiden Puppen, die Aigner und der Söder, zur Seite. Die beiden Figuren hat der Puppenspieler und Comedian 2011 geschaffen. Seither sorgen sie jeden Donnerstagabend in der BR-Sendung Quer mit ihrem Schlagabtausch für einen starken Abgang. Ob in Puchheim letztendlich eines fernen Tages eine Söder- oder Aigner-Arena stehen wird, das blieb zwischen den beiden vermeintlichen Thronfolgern an diesem Abend ungeklärt. Jedenfalls wäre das laut Heinrich eine Puchheim-gerechte Dimension und das Steuerschlupfloch, um überschüssige Gelder zu verbraten.

Als Kulisse hatten die Veranstalter die fiktive "alteingesessene" Wirtschaft "Zum Puchheimer" aufgebaut. Am Stammtisch Künstler, die auf ihren Auftritt lauern als alte Grantler, eine Theke mit Zapfanlage und Sternenhimmel. Die Puchheimer Bahnunterführung - man kommt zwar durch, aber nicht auf den Bahnsteig hoch - ist, wenn es nach Heinrich geht, in Zukunft kein Problem mehr. Ein Konglomerat aus aktuellen und ausgedienten Bürgermeistern hat die Lösung in einem gemeinschaftlichen Pow-wow gefunden. Zwei Leute tragen in zwei Schichten rund um die Uhr die Passanten zum vorgeschriebenen Mindestlohn hoch. Die Zustimmung aller Parteien ist ihnen gewiss.

Bayerisch-herzhaft und bodenständig geht's weiter mit den "Prima Tonnen". Bettina von Haken - "Ich bin die Tonne, sie, Edeltraud Rey, ist die Prima" - ist eine Wucht, in jeder Beziehung. Mit ausgeprägtem komödiantischen Talent kokettiert sie mit ihrer beeindruckenden Körperfülle, mit dem in Rot verpackten Gold auf den Hüften. Beim Zwegerltanz schenkt sie den Zuhörern zu den harmlosen Textzeilen "Horch, was kommt von draußen rein", von Rey betont lieblich gespielt, reinen Wein ein. Der Gartenzwerg - der Terroristenfahnder, der IM, der NSA-Kooperator, das ist die nackte Wahrheit. Später, als leibhaftige Mozartkugel, erfahren die Zuhörer witzige Details aus ihrem Intimleben als bewussten Kontrast zur "Liebesnacht" von Jacques Offenbach, die die Liedermacherin Edeltraud Rey übrigens sehr einfühlsam und melodiös auf ihrer Gitarre rüberbringt.

Ebenfalls bayerisch, nur bei weitem nicht so lustig, gibt sich Cengiz Öztunc. Ein Nikolaus, der sich für japanische Fotomaniacs zum Deppen macht, Sprachbarrieren wie Faschiertes und Deka beim Einkauf im österreichischen Supermarkt - das sind Schwalben, die noch lange keinen Sommer machen. Allerdings versöhnt er die Zuhörer mit der Szene in einer Magdeburger Tankstelle. Das im Stakkato hingenuschelte Bairisch missversteht der Tankwart als Überfall. "Nehmen Sie alles, nur nicht mein Leben!". Tja, was bleibt einem da anderes übrig als der Griff in die Kasse?

René Frotscher ist mit seinem trockenen britischen Humor ein Mister Magic der Extraklasse. Das Spiel mit Illusionen beherrscht er perfekt. Aus einem, wegen des Brexit abgebrannten Portemonnaies zaubert er die wunderbare Geldvermehrung. Ein Fünf-Euro-Schein findet sich an den unglaublichsten Orten wieder, in einer recycelten Tomate, in seinem geschlossenen Mund, weshalb er eine ganze Nummer stumm nur mit Worttafeln spielen muss. Der hinreißende Charme, das deutsch-englische Kauderwelsch, die eingeplanten Pannen - das ist alles zusammen eine bezaubernde, unterhaltsame Show. Mit einer temperamentvollen spanischen Tanzeinlage der "Prima Tonnen" endet die zweite Puchheimer Brettlnacht als gelungene Zweitauflage.

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